.V 155, 8. Juli 1915. Fertige Bücher. iUörs-nblat, f. d. DÜchn. v-lchi-Nd-l. 4053 Das erste Arteil über: Der deutsche Morgen Das Leben eines Mannes von Max Dreyer :: Brosch. M. 4.50, geb. M. 6.— :: „Da ist ein starkes und mannhaftes Buch erschienen, und der Ruhm, es geschrieben zu haben, gebührt Max Dreyer. Der Roman „Der deutsche Morgen" oder, wie ihn der Dichter mit dem Untertitel benennt, „Das Leben eines Mannes" (Verlag L. Staackmann in Leipzig) bedeutet eine Tat, vielleicht die vollwertigste, die aus dem Gebiete des literarischen Romans seit Ausbruch des Weltkriegs vollbracht worden ist. Denn in ihm finde ich alle jene Merkmale, die man durch den Einfluß der kriegerischen Geschehnisse an einem Kunstwerk wahrzunehmen erwartete. Da ist vor allem die Markigkeit, die von aller Weichlichkeit und Pseudosentimentalität frei ist, da ist der gerade auswärtsführende Zug. der sich streng und unbeirrt seinen Weg schafft, und da ist die gänzliche Abwesenheit alles die Sinne kitzelnden Beiwerks, das Fehlen jener Art von Erotik, wie sie unsere Jungen in die Literatur eingeführt haben. Max Drehers Werk dürfte ganz wohl als Markstein einer neuen Epoche angesehen werden, als Wende- und Ausgangspunkt frischer Bestrebungen, die unserem Schrifttum weniger Neues, als gutes und kernfestes Alkes wiedererobern könnten. „Der deutsche Morgen" ist ein historischer Roman im besten Sinne. Der Mann, dessen Leben zu schildern Max Dreyer unternommen hat, ist der Professor vr. Jens Larling, der als siegreicher Fechter aus den Befreiungskriegen nach Berlin heimkehrt, um das Laud, das er seine Leimat nennt, im Bann tiefster und demütigendster Sklaverei zu finden. Der König von Preußen zittert vor den Geheimbündlern, und die Regierung wittert in allem aufrührerischen Geist. Die Folge davon ist, daß die Polizei den ersten Platz am Ruder ein nimmt. Ein Leer von Spionen wird aufgeboten, um das Volk zu überwachen, die Zensur wird in unerhörter Weise ausgeübt, kein Bürger darf einen Atemzug tun, ohne doß er vorerst von der Behörde auf seine ..Staats gefährlichkeit" geprüft wird. In dieser Luft, die von den Miasmen der Angeberei und des Verleumder- tums zum Ersticken angefüllt ist, soll vr. Larling, der Freiheitsapostel, seine Vorträge halten. Er kennt die Gefahr, in die er sich begibt, aber er vermag manches Wort nicht zu unterdrücken, das ihm auf der Seele brennt. Das treibt ihm die freiheitlich gesinnten Studenten in die weitgeöffneten Arme, aber das erweckt zugleich den Argwohn der aufruhrwitternden Obrigkeit. Jens Larling wird verhaftet und in die Stadtvogtei gebracht. Dort sitzt er ein volles Jahr in Untersuchungshaft. Dann soll er in die Magdeburger Festung gebracht werden, weine Anhänger unternehmen während des Transports einen Befreiungsversuch. Während aber Larling in Begleitung seines Bruders flieht, trifft ihn eine Gendarmenkugel in den Rücken . . . Anker der Pflege einer geliebten Frau scheidet „der Mann" aus dem Leben. Die Landlung, die ich hier nur in der knappsten Weise angedeutet habe, entwickelt sich in einem Rahmen, der von dem Dichter mit besonderer Sorgfalt und Liebe behandelt worden ist. Dreyer hat ein prächtiges Kulturbild geschaffen, eine bis ins Kleinste wohlgetroffene Wiedergabe jener politischen Verhältnisse, wie sie nach den glorreichen Befreiungskriegen in Deutschland geherrscht haben. Die Schleiermacher, Niebuhr, Jahn, E. T. A. Loffmann erscheinen in Person, stets aber empfängt man den Eindruck des Lebendigen. Wie denn in dem ganzen Roman „Der deutsche Morgen" nichts modert und verwest, sondern alles — trotz der historischen Grundlage — Kraft, Stärke und Leben atmet." (Lev Leiter in der Breslauer Morgen-Zeitung vom Z. Juli 1915.) Beachten Sie freundlichfi mein Vorzugsangebot und legen Sie bitte das Werk, das in Ihrer Auslage nie fehlen sollte, stets mit vor. Leipzig L. Staackmann, Verlag Börsenblatt f. den Deutschen Buchhandel. 83. Jahrgang. 551