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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.01.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-01-15
- Erscheinungsdatum
- 15.01.1935
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- Deutsch
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X: 12, IS. Januar 1035. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Ttschn Buchhandel. einem neuen Einband versehen, oder in zwei Bände gehälftet, den Bücherliebhaber zuiu Kauf locken sollen. Prospekte und Kataloge bringt die Post ins Hans, die voll sind von wunderbaren Ti teln und mehr oder weniger unbekannten Versa sser- n a m c n. Alle sind, nach diesen Prospekten, vollendete Meisterwerke, von der Kritik als vollkommen empfohlen; wer sie nicht alle liest, mnß sich, so sagen es die Kataloge zwischen den Zeilen, als ein hoff nungsloser Banause,ja als cinBerrüter an der deutschen Kunst und ver deutschen Wissenschaft Vorkommen. Das leichte Erstaunen, das in dem Leser der Ankündigungen darüber aufsteigt, daß doch schließlich nicht so viele und völlig verschiedenartige Dinge das Wichtigste sein könnten, das es augenblicklich gäbe, wird durch knal lige Schlagzeilen nicdergeknüppelt, so daß man schließlich erschöpft den Katalog ans der Hand legt mit dem festen Entschluß, in diesem Jahr überhaupt kein Buch zu kaufen, sondern sich gelegentlich auf die Empfehlung eines zuverlässigen Sachkenners zu verlasse». Es ist dem deutschen Verlagsbuchhandel schon oft der Vorschlag gemacht worden, seine Erzeugnisse über das Jahr zu verteilen, anstatt sic fast ausnahmslos im W e i h n a ch t s m o n a t erscheinen zu lassen. Es ist bisher aber keine Besserung, sondern nur eine Ver schlimmerung dieses unerträglichen Zustandes eingetreten. Man hat noch immer nicht eingesehen, daß das Allzuvicle das einzelne er drückt und unkenntlich macht. In der Masse der Neuerscheinungen und Buchtitel, die ja naturgemäß nicht gleichwertig sein können, ver schwindet das gute einzelne. Der Bücherliebhaber steht vor einem ungeheuren Strom von Literatur, der breit und uferlos dahinfließt; er ist gar nicht im Stande, das Gute zu erkennen und mnß sich, wenn er überhaupt kaufen will, mit dem begnügen, was eine zufällige Welle des Gedruckten ihm vor die Füße spült. Und noch etwas kommt hinzu, was für den Verlagsbuchhandel noch wich tiger ist als die Ratlosigkeit des Käufers. Die berufsmäßige Kritik ist auch nicht mehr in der Lag e, den Strom des Ge druckten zu übersehen. In der Woche vor Weihnachten biegt sich der Arbeitstisch jedes Kritikers unter der Überzahl der Bucheingänge. Der Kritiker ist rein physisch gar nicht fähig, alles dies zu bewäl tigen. Er kann sich nicht in den neuen Roman vertiefen, kann nicht dieses politische, wirtschaftliche, kunstwissenschaftliche Werk auf seine wirkliche Bedeutnng und Echtheit hin abschätzen und beurteilen. Er muß sich, will er überhaupt noch seine Kritik vor Weihnachten ver öffentlichen, mit oberflächlichen Andeutungen und flüch tigen Hinweisen begnügen, muß im Bewußtsein der schweren Ver antwortung seines Kritikcramtes auf eine echte und wirkliche Kritik verzichten. Den Schaden hat nicht nur der Leser, der nicht ge nügend und nicht sorgfältig genug unterrichtet werden kann, sondern vor allem der Verlagsbuchhandel selbst, dessen Erzeugnissen durch seine eigene Schuld keine gründliche und ernsthafte Kritik den Weg zur Öffentlichkeit bahnen kann. Die A u f l a g e manches guten und lebens wichtigen Buches v c r st a u b t aus diesem Grunde in den Magazinen der Verlagshäuser, während marktschreierisch angepriesene, leicht fertige Ware allzu schnell den Weg in die Lescrschaft findet, um dort freilich Enttäuschung und Arger hervorzurusen und bald vergessen zu werden. Noch ein Bedenken muß geltend gemacht werden. Die Nnwirk- sammachung und Außerkraftsetzung der Kritik durch die Überschwem mung ermöglicht das wahllose Lesen. Nicht mehr das wird an die Öffentlichkeit herangebracht, was gesichtet, erprobt und gewer tet ist, sondern alles, was mit einem sogenannten interessanten Titel die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen vermag. Hat der Verfasser dann noch einen einigermaßen leidlichen oder gar einen paradoxen Stil, so erscheinen seine Plattheiten bedeutend und tief. Gerade derartige zwei felhafte Erzeugnisse, die dem unkundigen Leser als solche aus den an geführten Gründen gar nicht kenntlich sein können, befördern und ver breiten jene oberflächliche Halbbildung, welche die gefährlichste und unheimlichste Krankheit unserer Zeit ist. Sie formt in den Köpfen mancher Zeitgenossen jene dünkelhaften, phrasenreichen Meinungen und Urteile, die, obwohl von keiner Sachkenntnis getrübt und von keiner echten Überzeugung getragen, den Geist der Zeit selbst aus zusprechen sich anmaßen. Schließlich haben schlechte Bücher auch eine schlechte Sprache, und ein schlechter Stil kommt vom schlechten Denken. Jeder, dem das geistige Gut Deutschlands am Herzen liegt, muß wünschen, daß in diesem Jahr zum letzten Male der »Büchermarkt« wahllos mit den Erzeugnissen der edlen Kunst Gutenbergs überschwemmt wird. Es ist heutzutage vermessen, darauf zu hoffen, daß das Gute sich von selber Bahn bricht. Das Gute muß als solches aufgczeigt und laut bekannt werden. Die Mittel dazu hat der deutsche Verlagsbuchhandel selbst in der Hand durch eine geschickte Organisation der Veröffent lichung seiner Erzeugnisse. Franz Rodens. Der Kölnischen Zeitung vom 23. Dezember 1934 entnehmen wir aus einem Aufsatz: »Wiedererweckung der Buch- fr e u d e« folgende Sätze: Endlose Sturzwogen von Büchern entladen sich gegenwärtig - es ist immer der gleiche Vorgang vor Weihnachten Jahr für Jahr — von den Magazinen der Verleger aus über Buchhandel, Presse und Publikum. Wir haben so oft schon gewarnt, haben auf den in den Verhältnissen liegenden Widersinn hingcwiesen, alle »Neuerschei nungen« aus den »Weihnachtsmarkt« zu konzentrieren, ungezählte Tausende von Büchern plötzlich auf die erschreckten Menschen loszu lassen. Weder der Buchhändler, noch der Kritiker, noch am Ende selbstverständlich der Käufer ist in der Lage, eine leidliche Übersicht zn behalten oder zu gewinnen, sachgemäß auszuwählen, das Gute vom Schlechten zn scheiden. Gegen diese trostlose Erscheinung ist anschei nend vergeblich anzukämpfen, so sinnvoll verständig der Gedanke ist, die Herausgabe der Vcrlagswerke über das ganze Jahr zu verteilen, so daß alle Instanzen, an die das Buch herantritt, vor allem die Mittler, die es ernst meinen mit der Sichtung und Wertung, mit der Hervorhebung und der Förderung des guten Buches, sich gewissen haft unterrichten können. Die Folgen sind die: daß irgendein Zu- sallswerk zu verdienten Ehren gelangt, daß lediglich ein »Name« ge kauft wird und nicht das Werk, daß die geschickteste Werbung und der lauteste Anruf für eine vielleicht wertlose Sache im Kampf um die Seele des geschenkfreudigen Menschen den Sieg davon trägt, daß aber der stille, tiefe und im wahrsten Sinne des Wortes gekonnte und verheißungsvolle Erstling eines Unbekannten lautlos verschwindet. Das ist ein sichtbarer llbelstand, weil auch dem soft innerlich un wahren oder falsch angewandten) Schlagwort eine Bedeutung zugc- messen wird, die ihm nicht zukommt, und eine weitere Folge die ist, daß mit der Enttäuschung über das Erworbene auch die künftige Kauflust gehemmt wird. Bemerkung der Schristleitung. Wir sind uns selbstverständlich darüber klar, daß eine Reihe von gewichtigen Gründen es dem Verlag als empfehlenswert er scheinen lassen, seine Neuerscheinungen in der Hauptsache auf die letzten 3 oder 4 Monate des Jahres zusammenzudrängen. Es muß u. a. sehr stark gerechnet werden mit der besonderen Kauffreudig keit des Publikums während dieser Zeit, der andere Zeiten im Jahre gegenüberstehen, in denen die reduzierte Aufnahmefähigkeit des Büchermarktes keine günstige Voraussetzung abgibt für Neu erscheinungen, zumal für -solche Neuerscheinungen, die, um durch gesetzt werden zu können, einer akuten Aufnahmewilligkeit bei Sor timent und Publikum nicht entraten können. Dazu treten andere Schwierigkeiten, die durch die Autoren bedingt sind (verspätete Manuskriptablieferung usw.), und die keineswegs übersehen wer den dürfen. Weiterhin ist es nicht jedem Verlag der Struktur seiner- ganzen Arbeit nach möglich, zu Beginn des Jahres einen festen Plan aufzustellen und diesen gleichmäßig auf die 12 Monate ver teilt abzuwickeln. Diesen Bedenken, die der Verlag jederzeit mit gutem Recht und mit dem Anspruch auf Verständnis anmelden kann, stehen aber die nicht minder geringen Schwierigkeiten gegen über, auf die unser Mitarbeiter Reinhold Vesper als Buchhändler in seinem Aufsatz hinweist, und die sich begegnen mit den beiden, aufmerksamste Beachtung verdienenden Stimmen aus dem Publi kum, die aus den dem »Westdeutschen Beobachter« und der »Köl nischen Zeitung« entnommenen Auszügen zu uns sprechen. Ver halten daher eine Aussprache über diese Frage und über die Mög lichkeit einer gleichmäßigeren Verteilung der Neuerscheinungen über das ganze Jahr hin, die es dem Buchhändler sowohl wie dem Kri tiker und dem interessierten Kunden (auch den regelmäßig Buch besprechungen veröffentlichenden Zeitschriften und Tageszeitungen!) gestatten würden, über die wesentlichsten Dinge auf dem laufenden zu bleiben, für angezeigt und bitten um rege Beteiligung. 43
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