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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.12.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1935-12-21
- Erscheinungsdatum
- 21.12.1935
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- Deutsch
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X- 296, 21. Dezember 1935. Redaktioneller Teil Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel Das Schaufenster in Vergangenheit und Gegenwart*) Von W. Barsig, Oppeln Verfolgt man die Geschichte zurück, so lesen wir von den reiz vollen Bazaren des Orients und Altertums. Diese Bazare bildeten, wie auch noch heute dort, zugleich Werkstatt, Lager und Verkauss- stätte des Geschäftsmannes. Wenn auch die leuchtenden Farben des Orients den Passanten locken, so bildet den Hauptreiz dieser Bazare das Erlebnis des Wunders der Entstehung der verschiedenartigen Waren. Dies alles spielt sich in offenen Zelten und Räumen ab, in denen Menschen und Ware Schutz vor der Sonne finden, dem feinen Staub der Straße aber sind sie preisgegeben. Das Aus stellen der Ware hinter Glas finden wir erst später, und zwar noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts in primitiver Form. Es war im Jahre 1850, als vor dem Hause des ehrsamen Münchener Schuhmachermeisters Franz Laver Hintermeier ein unge heurer Menschenauflauf entstand. Dort hing neben der Haustür ein zierlich geschnitzter, rot und weiß bemalter Glaskasten, in dem niedliche goldene und silberne Kinderschuhe ausgestellt waren. So etwas Seltsames hatte man noch nicht gesehen. Aber die Freude der neugierigen Leute dauerte nicht lange; schon nach kurzer Zeit beschwerten sich Bürgerschaft und Handwerksmeister wegen der auf fälligen Zurschaustellung, durch die Hintermeier anderen Meistern die Kunden wegfange. Bald darauf war der Kasten verschwunden, weil ein braver Handwerker es nicht notwendig habe, seine Ware auf so ungewöhnliche Art feilzubieten. Diese Münchener Auffassung stellte damals durchaus keine Aus nahme dar. Wollte ein Geschäftsmann dem Äußeren seines Unter nehmens eine neue Note geben, so hatte er immer mit großen Schwie rigkeiten zu kämpfen, denn das Gesetz schrieb für jede Art der Aus breitung gewisse Begrenzungen vor. Aus dem Münchener Stadtrecht vom Jahre 1489 ist bekannt, daß das Breitenmaß der die Ladenfenster und -eingänge überwölbenden kleinen Dächer auf höchstens einen halben Meter begrenzt war. In Paris war es auch nicht besser. Noch im Jahre 1811 durften die Schaufenster der Pariser Fleischer und Wursthändler nicht höher als zwei Meter sein, und fünfzig Jahre später gab es wieder neue Gesetze, die bestimmten, wie ein Schaufenster beschaffen sein mußte. Und wie einfach sahen erst die kleinen Läden im alten Paris aus! In finsteren, engen Räumen wurde gleichzeitig verkauft und ge arbeitet, und wer seine Ware ausstellen wollte, dem blieb nichts anderes übrig, als sie auf Tischen im schmalen Hausgang bis zur Treppe auszulegen. Die Engländer, als gute Kaufleute, waren in dieser Hinsicht wesentlich großzügiger. Was sich in den englischen Städten an alten Läden erhalten hat, zeigt ebenso ansprechende wie praktische An lagen zur Ausstellung der Waren. Vor allem war es den englischen Kauflädenbesitzern darum zu tun, daß die Waren im Laden auch von außen gesehen werden konnten. Als man größere Glasscheiben, als es die bleigefaßten Butzenscheiben waren, herzustellen verstand, begann man auch die Ladenfenster zu vergrößern. In Shrewsbury kann man noch einen solchen Laden aus dem 16. Jahrhundert sehen, der verhältnismäßig große Fenster mit hübscher, gotischer Spitzbogen wölbung besitzt, durch die man alles sehen konnte, was im Laden käuflich war. Schaufenster im eigentlichen Sinne waren es immer noch nicht, aber schon hundert Jahre später gab es zahlreiche Ge schäfte mit ziemlich großen Fenstern, hinter denen die Waren auf gestapelt waren, sodaß man sie von der Straße aus genau sehen konnte. In dem Städtchen Much - Wenlock und in Oxford haben sich mehrere dieser alten Geschäfte aus dem 17. Jahrhundert bis in die jüngste Zeit erhalten. Verkauft wurde in diesen Geschäften, namentlich in den Lebensmittelgeschäften, nicht innerhalb des Ladens, sondern durch eine der Fensteröffnungen auf der Straße. (Auch in Deutsch land war es so.) Ziemlich langsam ging die Entwicklung des Schaufensters in Deutschland vor sich. Zuerst legte man die Waren in die kleinen, vielfach geteilten Fenster, durch die Laden und Arbeitsraum spär liches Licht erhielten. In jenen Räumen herrschte zumeist ein mattes Dämmerlicht. An eine gefällige Anordnung der Waren dachte da mals kein Mensch. Hatte der Schneider einen Nock vollendet, so legte er ihn auf ein paar Tage ins Fenster, damit ihn jeder sehen konnte; das war auch alles, was an Reklame erinnerte, un5 ebenso machten *) Dieser kleine Aufsatz über das Schaufenster im allgemeinen regt vielleicht dazu an, sich einmal mit dem Schaufenster des Buch händlers in früherer Zeit und dessen Entwicklung zu befassen. D. Schriftl. es die übrigen Handwerker, sofern ihre Läden überhaupt Straßen fenster besaßen. Wandel und Fortschritt in der Fabrikation der Glasscheiben schufen jedoch auch hier mit der Zeit andere Verhältnisse. Immer größer wurden die Schaufenster, immer klarer das Glas, und damit erwachte auch das Verständnis für eine entsprechende Anordnung der Waren hinter der Spiegelscheibe. Im 18. Jahrhundert findet man den Brauch, das große Fenster ausschließlich als Waren schau zu verwenden, fast in allen deutschen Städten eingeführt, aber zwischen dem Fenster, hinter dem die Waren fein säuberlich neben einander hingelegt waren und dem neuzeitlich dekorierten Schau fenster besteht immer noch ein gewaltiger Unterschied. Erst mit der Entwicklung des Ladengeschäfts zum Warenhaus begann die große Reformation des Schaufensters. Die ersten Maga zine waren in England und Amerika schon in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden; Paris folgte im Jahre 1855 mit der Gründung seines Orrmck UaZa8in clu Louvre, und in den siebziger und achtziger Jahren wurden auch in Deutschland die ersten Kaufhäuser ins Leben gerufen. Längst gab es die prächtigen Spiegel scheiben, und nun wurde in den großen Magazinen die ganze Vorder front auf Eisenstützen gestellt, die mit den gewaltigen Spiegel scheiben durchsichtige Mauern bildeten, sodaß die Schaufenster nun mehr zu einem Raume wurden, der eine förmliche Einrichtung forderte. Die praktische Verwendbarkeit der elektrischen Bogenlampe und der spätere siegreiche Einzug der elektrischen Glühlampe ge statteten hellste Beleuchtung. In die Zeit der Entstehung der Kaufhäuser fällt die Geburt des berufsmäßigen Dekorateurs. Aber noch wirbelt alles bunt durcheinander. Aus Taschentüchern und Servietten wurden Mühlen gebaut, die Schwämme zu einer Ningkämpferfigur zusammengeballt, seidene Tücher verknüllte man zu großen und kleinen Fächern, aus fließender Seide konstruierte man mit Hilfe von Pappwänden Spring brunnen mit überlaufendem Wasser, aus Seifen und dergleichen Waren entstanden Schloßportale, kurz, aus jedem Material mußte etwas anderes entstehen, als es selbst war. Der Anfang unseres Jahrhunderts bringt hier einen Wandel. In den großen Läden der Hauptstädte tritt der Wille zum geschmack vollen Fensteraufbau auf, der in Anlehnung an die Kunstgesetze seinen Ausdruck findet. Während der Kriegsjahre macht sich begreif licherweise ein Stillstand bemerkbar, der aber in den folgenden Jahren einen um so lebhafteren Wettbewerb auslöst. Das neuzeitliche Schaufenster ist der große, oft geniale Vermittler zwischen Käufer und Waren! Es beherrscht das Gepräge der Ver kehrsstraßen und ist die letzte Station in dem vielgestaltigen Pro duktionsprozeß unseres modernen Lebens. Es schmeichelt dem künst lerischen und farbenfrohen Auge durch feinste Abtönung im Zusam menklang der Farben, und durch feenhafte Beleuchtung läßt es den Fuß des Passanten stocken und ruft ihn sogar von der anderen Straßenseite herüber. Weil dem Schaufenster vornehmlich die Aufgabe zufällt, den Käufer anzuziehen, zu überraschen, überhaupt eine suggestive Wirkung auszuüben, werden an den Dekorateur die denkbar größten Anforde rungen gestellt. Das ist ein Problem der Psychologie, denn der ge schickte Dekorateur muß ein vortrefflicher Menschenkenner sein. Sein Beruf erfordert von ihm künstlerische Einstellung. Sobald man das Zusammenstellen der Waren zur Auslage als eine Kunst auffaßt, tritt die Farbe als gleichwertiges Element neben die Form. Deshalb ist die Beherrschung der Farbenlehre von größter Wichtigkeit. Es genügt nicht allein, hierin den guten Geschmack ent scheiden zu lassen, sondern es ist für den Dekorateur notwendig, die Farbenmirkung im Verhältnis zueinander, zur Rück- und Seiten wand, zur Tages- und künstlichen Beleuchtung genau zu kennen. Ver stöße hiergegen haben die schlimmsten Folgen und können den besten Warenaufbau verderben. Das Schaufenster gleicht einer Bühne, es hat drei Wände, und die Beleuchtung ist seit der Möglichkeit des elektrischen Lichts auf Bühnengrnndsätzen begründet. Bedingung ist, die Warenauslage in hellster, gleichmäßiger Beleuchtung erscheinen zu lassen. Um eine blendungsfreie Beleuchtung zu erzielen, dürfen Lenchtkörper nicht sichtbar werden, Bürgersteig und Schaufenstcrfront müssen im Schat ten liegen. Im Laufe der Zeit und durch Vermehrung der Schaufenster haben sich verschiedene Dekorationsformen herausgebildet. Diese sind in vier Arten zu zerlegen: das Stapel-, Spezial-, gemischte und Phantasiefenster. Das Stapelfenster, durch seinen Massenausbau 1097
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