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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.05.1944
- Strukturtyp
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- 1944-05-24
- Erscheinungsdatum
- 24.05.1944
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- Deutsch
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zart-grünen Frühlingskleid mit. Nur spärlich deutet die Natur des weiten russischen Landes das Herannahen des Frühlings an. Trotjdem ist uns Ostkämpfern der ewige Wechsel vom Dunkel zum Licht immer wieder der Grund, dem Sinn un seres Lehens und Kampfes nachzuspüren. Wir Buchhändler- Soldaten geben damit unserem Weg zu Palm seinen tiefen Gehalt. Der zur Furie verwandelte russische Koloß rennt un unterbrochen mit asiatischer Brutalität gegen unsere eiserne Abwehrfront an. Was würde er tun, wenn ihm ein Durch bruch gelänge? Erbarmungslos und mit roher Gewalt würde das „Väterchen Stalin“, vom „Heiligenschein“ des Moskauer Popen umgeben, seine Nagaika schwingen. Schmierige., krummnasige Hebräer würden unsere Intelligenz abschlach ten und die deutschen Arbeiter zum sklavischen Frondienst treiben. Unsere schutzlos gewordenen Frauen und Kinder wären der Gewalt der verrollten sowjetischen Soldateska atisgc- liefert. Hunger und Elend überfiele uns alle. Unsere Kunst- gegenstände fielen in die Hände der meistbietenden Ameri kaner oder Briten. Die hunnischen Steppenborden ruhten nicht eher, bis die abendländische Kultur vernichtet und an die Stelle «der europäischen Ordnung das bolschewistische Chaos getreten wäre. Der Sinn unseres Kampfes liegt darin, diesen Attentats versuch auf das Leben und die Kultur unserer Heimat und Europas zu verhindern. Im Kampf auf Leben und Tod müssen wir Sieger bleiben! Der jahrelange Verzicht auf altgewohnte Bequemlich keiten, die einfache Umgebung, das strenge und harte Leben, die gleiche Not, Gefahr und Freude haben das Band der Kameradschaft unzertrennlich gemacht und uns zu einer schicksalsverbundenen Kampfgemeinschaft verschmolzen. Auch wir Buchhändler-Soldaten haben diese Wandlung be wußt empfunden. Wir wissen, daß uns das Kriegserlebnis die letjte Reife brachte. Es hat uns den tiefen Sinn vom Leben und Sterben offenbart. Von dieser Warte aus können wir erst richtig unseren weiten Weg aus der romantischen, still beschaulichen Welt des „Bücherwurms“ bis zum politischen, kämpfenden und vom Palmschen Geist erfüllten Buchhändler der neuen Zeit überblicken. Er führt in vielen Windungen aus dor bürgerlichen Welt des 18. und 19. Jahrhunderts zu uns. An seinem Rande blühen nicht nur Rosen, sondern wuchern auch Dornen und Gestrüpp. Oft sahen die Krämer seelen mit ihrem Stehkragen-Horizont im Buchhandel mehr den Handel als das Buch. Sichtbar gewordener Ausdruck deutschen Wesens und Kampfes, schüttelte es selbst die „Händler“ ab. Denn der letzte Sinn unseres Berufes liegt nicht nur in der Sicherung unserer materiellen Existenz, son dern in unserer innigen Wechselbeziehung zum Buch selbst. Diese Gedanken sind uns Buchhändler-Soldaten hier draußen im Felde so recht klargeworden. Mit scharfem, kritischem Blick und sicherem Urteil trennen wir das Wesent liche vom Unbedeutenden und das Echte vom Kitsch. Die wenigen dienstfreien Stunden benutjen wir dazu, uns weiter zu bilden und in enger Fühlung mit unserem schönen Beruf zu bleiben. Oft schmerzen uns bei flackerndem Talglicht die Augen. Wir kämpfen mit dem Schlaf. Dann reißt uns wieder ein dienstlicher Befehl oder die Alarmglocke’ aus unserer stillen Arbeit in die rauhe Wirklichkeit. Ganz dicht zu sammen wohnt bei uns im Bunker die Welt des Geistes und des Schwertes. Wir wissen, daß sie beide gute Kameraden sind und zusammengehören. Sie sind der feste Untergrund unseres Weges zu Palm. Hoble Phrasen und sensible Ver geistigung sind ihre schlimmsten Feinde, denn damit können wir nach dem Siege unsere große Kulturaufgabe nicht lösen. Sie erfordert Männer, keine intellektuellen Schwächlinge. Wir wissen, daß es auf den Kern der Sache, auf den inneren Gehalt und nicht auf die Umschreibung oder gar die Äußer lichkeit ankommt. Goethes Faust, Nietjsehes Zarathustra, Balladen von Miegel oder Münchhausen, Novellen von Storni oder Binding usw. bleiben auch in ihrem schlichten feld grauen Kleid kostbare Kleinode deutscher Literatur. Nicht die „Bauchbinde“ oder der schillernde Schutjumschlag machen den Wert eines Buches aus, sondern sein künstlerischer und sittlicher Gehalt, der in zuchtvoller Sprache geformt, wahres Leben atmet. Der Kampf hat auch unser inneres Gesicht ge formt. Warum sollten wir da nicht alle die Gedanken und den Kampf des Dichters verstehen, den er als Künstler für sein Volk führt? Wir haben erkannt, daß es nicht auf die Menge, sondern auf die Güte und das richtige Lesen ankommt. So lernen wir die Spreu vom Weizen zu unterscheiden. Wir dürfen uns nicht nur betreuen lassen — die damit beauftragten Stellen der Reichsschrifttumskammer tun bestimmt ihr Bestes —, wir müssen unser Herz und Gewissen auch einmal selbst fragen: Wo stehst du, was kannst du und wie erfüllst du deine Pflicht? Damit haben wir eine wichtige Wegstrecke zurückgelegt. Jetyt erst blicken wir tief in die Herzen unserer lesehungrigen und geistig ringenden Kameraden hinein und können ihnen Berater und Helfer sein. — Nirgends können wir jüngeren Buchhändler eine verantwortungsbewußtere und schönere Buchberatung durchführen als gerade unter eigenen Frontkameraden! Es kommt dabei nicht auf die mehr oder weniger ge lingenden Redewendungen an. Die Sachkenntnis und die Liebe zum Buch sind das Entscheidende. Viele Menschen, und besonders viele im Einsat} stehende Soldaten aller Berufe und Bildungsstufen, haben im Krieg, weit entfernt vom hastigen Alltag zum ersten Male in ihrem Leben in einer stillen Stunde, nach einem großen Erlebnis oder vor dem Sturmangriff ein wirkliches inneres Verhältnis zum Buch gewonnen. Das kann unser Verantwortungsgefühl als Mittler und Hüter der deutschen Literatur nur erhöben. Diese Men schen sind nach dem Krieg nicht mehr Publikum, sondern bleiben unsere Kameraden. Wir nehmen selbst das Erlebnis Krieg als wertvollstes Kapital in unser späteres bürgerliches Leben mit. Auch dort bleiben wir Soldat. Aus dem Berufs kollegen des Friedens ist der Berufskamerad der Front ge worden. Oft zeigt uns der Krieg als gütiger und stiller Helfer den richtigen Weg. Auch im Frieden werden wir ihn ziel sicher weitergehen. An seinem Ende steht dann der kampf erprobte Verteidiger des deutschen Geistesgutes, der aus gereifte, wissende Buchhändler der neuen Zeit. Und wie sehen unsere Berufskameraden in der Heimat unseren Weg zu Palm? Sie kommen uns auf demselben Wege entgegen. Davon sind wir überzeugt. In den Meldungen des Rundfunks, in den Briefen unserer Lieben und in den Er zählungen der zurückgekehrten Urlauber spiegelt sich der gewaltige Kampf, den die Heimat führen muß. Mit verbisse ner Wut hören wir von der rücksichtslosen Zerstörung deut scher Kulturstätten durch die britischen und amerikanischen Terrorpiloten. Wir wissen, daß unter den Trümmern ausge brannter Häuserblocks, hinter den Bretterverschlägen der Betriebe und Geschäfte die Arbeit weiterläuft. Wir erleben im Geist die Wandlung des heimatlichen Antli^es mit und sehen es aus vielen Wunden bluten. Es ist genau so hart und entschlossen geworden wie das unsrige. Wir freuen uns, daß allen Schwierigkeiten zum Trotj, die Ausbildung des buch händlerischen Nachwuchses planvoll durchgeführt wird. Unzählige Kameradinnen sind an unsere Stellen getreten. Sie „stehen ihren Mann“. Gut ausgerüstet und sicher wächst die junge Buchhändler-Generation .in ihre verantwortungs volle Berufsaufgabe hinein. Die Verleger und Sortimenter überwinden in kameradschaftlicher Zusammenarbeit alle Hindernisse und lassen sich durch Rückschläge nicht ent mutigen. Unser Beruf bestellt seine Feuerprobe. So gehen wir Buchhändler der Front und der Heimat gemeinsam unseren Weg zu Palm. Wir wissen alle, daß es zuerst auf den Einsatz unserer ganzen männlichen Kraft an- kormnt. Erst dann kann sich im Schule des deutschen Schwer tes der deutsche Geist, das deutsche Buch, das deutsche Kunst werk, die deutsche Musik, die deutsche Kultur zum Nutjen aller jetjt milkämpfenden europäischen Völker entfalten. Im Herzen des neuen Europa wollen wir aber das Ver mächtnis Johann Philipp Palms hüten. Diese Aufgabe wird uns glücklich und stolz machen. Daran glauben wir. 82 Börsenbl. f. d. Dt. Buchli. Nr. 40, Mittwoch, den 24. Mai 1944
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