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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1908
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- 10.08.1908
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- Deutsch
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8476 Börsenblatt f. d. Ltschu. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 184, 10. August 1SOK, Nichtamtlicher Teil. Namensrecht und dichterische Freiheit. Wiederholt ist an dieser Stelle schon darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Schutz, den die französische Gesetz gebung gegen die Verwertung des Namens einer lebenden Person in einem Bahnenwerk oder einem novellistischen Werke gibt, ein viel weitergehender ist, als er in Deutsch land besteht. In einem dieser Tage entschiedenen Rechtsstreit, der sich gegen Feydeau, den bekannten Ver fasser der »Dame von Maxim< richtete, ist die bisherige Rechtsprechung erneut bestätigt worden. Das Gericht hat der Klage eines Herrn, der denselben Namen trägt wie eine der Hauptpersonen in diesem losen Stück, stattgegeben und dem Verfasser verboten, den Namen ferner in der bisherigen Weise anzuwenden, ihn auch zur Leistung von Schadenersatz an den Kläger verurteilt. In den Er wägungen des Gerichts ist der Gedanke verwertet, daß der Kläger sich durch die Persönlichkeit, der der Dichter seinen Namen in jenem Stück beigelegt habe, beleidigt fühlen müsse; das Auftreten dieser Persönlichkeit in dem Stück, die Art und Weise ihrer Lebensführung sei geeignet, den Kläger herabzu würdigen. Dieser Gedankengang ist der französischen Rechtsprechung von jeher besonders sympathisch gewesen. Kein Geringerer als Zola mußte sich aus demselben Anlaß auch eine Verurteilung gefallen lassen. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, daß die französische Recht sprechung gegen eigenmächtige Verwendung eines Namens zu einer Bühnen- oder Romanfigur nichts einzuwenden hätte, wenn der Dichter diese als eine Art von Jdealmensch, mit allen Tugenden und ohne jeden Fehler ausgestattet hätte. Das Gegenteil ist der Fall. Die französische Rechtsprechung beurteilt die Frage unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts. Das Persönlichkeitsrecht wird aber nicht nur dann verletzt, wenn der Name einer Persönlichkeit beigelegt wird, die das Gegen teil eines Mustcrmenschen ist, sondern auch dann, wenn der Träger dieses Namens nach der Darstellung der Dichtung sich eines Verhaltens befleißigt, das geeignet ist, zur Nachahmung zu reizen und allenthalben Anerkennung zu schaffen. Nur dieser Standpunkt kann in grundsätzlicher Hinsicht als der richtige erachtet werden; das Persönlichkeitsrecht steht der Aneignung eines Namens hindernd im Wege, nicht nur insoweit, als es sich um die Aneignung in der Weise handelt, daß der andere den Namen als seinen eigenen gebraucht, sondern auch dann, wenn der Gebrauch durch den andern in anderer Weise erfolgt. Es wäre auch ein Irrtum, wollte man behaupten, nur durch den Gebrauch in einer vermögensrechtlich erheblichen Weise, also zum Zwecke der Hervorbringung eines in vermögensrechtlicher Hin sicht erheblichen Erfolgs werde das Namensrecht verletzt; das Persönlichkeitsrecht hat sowohl eine vermögensrechtliche, als auch eine nichtoermögensrechtliche Seite, bezw. Aus strahlung, und es würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Einengung der Bedeutung und Tragweite dieses Rechts führen, wenn man nur die vermögensrechtliche Seite berück sichtigen wollte. Zu einer solchen Einschränkung ist gerade die französische Theorie und Praxis am allerwenigsten geneigt. In Deutschland ist der Rechtszustand nicht der gleiche wie in Frankreich. Allerdings wird in der deutschen Rechts wissenschaft die Theorie des Persönlichkeitsrechts nicht minder vertreten als in der französischen, und man kann wohl be haupten, daß die Zahl der Anhänger des Persönlichkeits rechts in weitestgehendem Sinne und Umfang seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs beträcht lich gewachsen ist. Hingegen verhält sich die Praxis teil weise ablehnend. Das Reichsgericht hat bisher ein Persön lichkeitsrecht als solches nicht anerkannt, und wenn auch nicht bestritten werden dürfte, daß die reichsgerichtliche Recht sprechung der Theorie des Persönlichkeitsrechts gewisse Zu geständnisse gemacht hat, so ist man doch von der An erkennung eines absoluten Persönlichkeitsrechts noch weit entfernt. Was speziell die Frage anlangt, ob der nach tz 12 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewährte Namenschutz durch die Verwertung eines Namens für Bühnendichtung oder novel listische Erzeugnisse verletzt wird, so hat der oberste Gerichts hof zu dieser noch keine direkte Stellung eingenommen; das Urteil vom 12. März 1906, auf das man in dieser Be ziehung öfters verwiesen hat, enthält keine unmittelbare Be antwortung der Frage. Darin führt das Reichsgericht aus: Z 12 sei nicht bloß dazu bestimmt, das Interesse des Namensträgers im Geschäftsverkehr oder auf dem Gebiete des Vermögensrechts, sondern jedes berechtigte Interesse, auch wenn es nur ein persönliches ist, gegen den unbe fugten Gebrauch seines Namens zu schützen. Die Frage, ob der Anspruch aus Z 12 stets voraussetze, daß der andere den Namen als seinen eigenen gebrauche, die Benutzung desselben daher in einem Roman oder Drama nicht ver folgt werden könne, läßt das Reichsgericht dahingestellt, weil selbst bei weitestgehender Auslegung des ß 12 nicht die Benutzung eines Namens zur Bezeichnung einer typischen Figur ohne jede Beziehung zu einem bestimmten Menschen darunter falle. Ob dieser letztere Satz ohne Einschränkung angenommen werden kann, soll dahingestellt bleiben; jedenfalls geht aus dem mitgeteilten Auszug aus den Gründen des Reichsgerichts hervor, daß der Gerichtshof sich die volle Freiheit der Ent scheidung dieser Frage noch Vorbehalten hat. Selbst unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Namensrechts würde aber grundsätzlich der Gebrauch des Namens zum Zwecke der Verwertung für eine Roman- oder Bühnenfigur als ein unberechtigter zu betrachten sein. Allerdings besteht in bezug auf die Auslegung des Z 12 des Bürgerlichen Gesetzbuchs insofern Streit, als die einen einen unbefugten Gebrauch nur in dem eignen Gebrauch erblicken, während die anderen, die Vertreter der weitergehenden Auffassung, von dem Erfordernis des eignen Gebrauchs absehen. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die letztere Ansicht die richtige ist, und deshalb würde die vom Reichsgericht noch offen gelassene Frage auch unter dem engeren Gesichts punkt des Z 12 doch zu grinsten des Schutzes zu bejahen sein. Auch hierbei kommt aber dann der Umstand, ob die Person, der der Name beigelegt worden ist, sich in der Dichtung eines Verhaltens befleißigt, das als einwand frei zu bezeichnen ist, oder ob das Gegenteil der Fall ist, in grundsätzlicher Hinsicht nicht in Betracht. Wünschenswert wäre es, wenn sich in Deutschland in Bälde die Veran lassung ergeben würde, die Frage in grundsätzlicher Hinsicht oberstgerichtlich zur Entscheidung zu bringen. Justizrat vr. Fuld, Mainz.
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