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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.08.1932
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- 1932-08-11
- Erscheinungsdatum
- 11.08.1932
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Xr 186, 11. August 1932. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn Buchhandel. Karl Siegismund und die Gründung der Deutschen Bücherei*) Von vr. H c i n r i ch u h l e n ö a h l, Direktor der Deutschen Blicherei. Als am vergangenen Sonnabend die Nachricht von dein plötz lichen Hinscheiden Karl Siegismunds nach Leipzig drang, wurden bei der Deutschen Bitcherei die Flaggen ausgezogen und wehten halbmast. Das mar das äußere Zeichen der Trauer um deu Heimgang jenes Mannes, der sich um die Griindung und Entwicklung der Anstalt die höchsten Verdienste erworben, der sich allezeit als ihr treuester Freund und tatkräftigster Helfer bewährt hat. Wie jedes große Werk, so hat auch die Deutsche Bücherei eine Vorgeschichte, die weit zurückreicht. In diesem Falle bis in die Zeit des Norddeutschen Bundes, ja bis in die bewegten Tage des Frankfurter Parlaments, wo nach dem patriotischen Beispiel des Ver legers H. W. Hahn der dlonumenta Oermaniae vierzig Buch händler dem Reichstag ihren gesamten Verlag zur Verfügung stellten, »zur Gründung einer ersten Reich sbiblio- t h e k«. Aber wie das Reich, so blieb auch die Reichsbibliothek da mals ein schöner Traum. Der glücklich zusammengebrachte Grund stock von 5000 Bänden fand nach Auslösung des Parlaments Unter kunft im Germanischen Museum zu Nüruberg, wo er sich »och heute befindet. Je mehr aber seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts der nationale Gedanke unser Kulturleben durchdrang, um so mehr setzte sich auch die Erkenntnis durch, daß im Bibliotheksmeseu besoudere Maß nahmen getroffen werden müßten, um die literarischen Erzeugnisse des deutschen Geisteslebens unversehrt der Nachwelt zu überliefern. Statistische Erhebungen hatten festgestellt, daß die deutschen Staats- und Landesbibliotheken auf Grund der Pflichtexemplargcsetzgebung von der reichsdcutschen Buchhandelsproduktion alles in allem knapp zwei Drittel, von der gesamtdeutschen aber wenig mehr als die Hälfte erfaßten; und diese Hälfte verteilte sich noch dazu auf eine Reihe von Anstalten. So ergab sich die kulturpolitische Notwendig keit, neben den vorhandenen Bibliotheken, die dieser Frage in nur unzureichender Weise gerecht wurden, eine neue Stelle zu schaffen, deren wesentliche Aufgabe cs wäre, das deutschsprachige Schrifttum vollständig zu sammeln. Seit Gründung des Reiches trat der Wunsch nach einer Neichsbibliothek stärker hervor und kam nicht mehr zur Ruhe. Buchhändler und Bibliothekare, Schriftsteller und Gelehrte, Verwal tungsbeamte und Abgeordnete, darunter Männer vom Range eines Eduard Brockhaus, Heinrich von Treitschke und Friedrich Althosf, setzten sich mit dem Problem auseinander und machten zu seiner Lösung Vorschläge, die im einzelnen weit auseinandcr- gingen. Den einen kam es mehr auf wirksame Maßnahmen zur Er haltung des nationalen Schrifttums an, für andere spielte der Ge sichtspunkt einer würdigen Repräsentation des Reiches auf biblio thekarischem Gebiet eine wesentliche Nolle. Bald erwog man den Ausbau einer der schon bestehenden Anstalten, so der Neichstags- bibliochek in Berlin, der ebendort befindlichen Königlichen Biblio thek oder der Bibliothek des Germanischen Museums in Nürnberg, bald schlug man die Gründung einer neuen Anstalt vor, etwa in der alten Kaiserstadt Frankfurt a. M., im klassischen Weimar oder in dem durch seine zentrale Lage sich empfehlenden Leipzig. Zog die Mehrzahl der Vorschläge die Nationalbibliothek als ein ausgesprochenes Staats- bzw. Neichsinstitut in Erwägung, dem das Büchermaterial in Form von Pflichtexemplaren zugesührt werden sollte, so lenkte der preußische Ministerialdirektor Althoff die Erörterungen in eine neue Richtung, als er im Jahre 1906 in Kissingen dem damaligen Ersten Schriftführer des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, dem Hofbuchhändler Karl Siegismund, gegen über die zu schaffende Sammlung als eine Börsenvereinseinrichtung und mit Hilfe freiwilliger Lieferungen der Buchhändler an regte. Er meinte, daß eine solche Sammlung wohl am besten mit der größten der bestehenden Bibliotheken, der Ber liner Königlichen Bibliothek, verbunden würde, doch sei ihm jede andere Lösung, auch eine solche außerhalb Berlins oder Preußens, ebenfalls recht, sofern die Ausbringung der erforderlichen Verwaltungskosten sichergestellt werde. Man hat, vielleicht nicht ganz mit Unrecht, die Vermutung geäußert, daß Althosf eine andere als die Berliner Lösung mehr aus diplomatischen Gründen ermähnt habe, da er überzeugt gewesen sei, daß außer Preußen kein Land die ent stehenden Kosten würde übernehmen können. An die Möglichkeit eines Neichszuschusses hat er offenbar überhaupt nicht gedacht, da *) Ein abgeänderter Auszug dieser Ausführungen erschien in den Leipziger Neuesten Nachrichten vom 9. August 1932. 606 die Pflege der Kulturangelegenheiten nach der alten Verfassung aus schließlich Angelegenheit der Länder war. Althoffs Berliner Plan, den Siegismund im Börsenvcrein ver trat, scheiterte von vornherein aus dem ganz einfachen Grunde, weil die süddeutschen Verleger wegen der bestehenden Gegensätze zwischen Nord und Süd, die damals vielleicht noch stärker waren, als sie sich heute gelegentlich äußern, nicht zu bewegen waren, ihre Neuerschei nungen freiwillig nach Berlin zu liefern; und für die Schaffung eines Reichspslichtexemplars war noch weniger Stimmung vorhanden. Die Idee der Sammlung als solcher aber hatte bei Siegismund Wurzeln geschlagen. Seine Kissinger Begegnung mit dem genialen Organisator des preußischen Wissenschaftswesens, der kurz darauf starb, hat bei ihm einen liefen Eindruck hinterlassen und gestaltete sich zu einer Erinnerung, von der er in späteren Tagen oft und gern sprach. Wenige Jahre darauf griff Siegismunds Berufskollege und Vorstandsmitglied, der Dresdener Verleger Erich E h l e r m a n n, die Althoffsche Anregung auf und gestaltete sie zu einem neuen Plan um. Er ging von der richtigen Erwägung aus, daß für eine Bibliothek, die von freiwilligen Exemplaren des Buchhandels leben sollte, die mit Berlin verbundenen Schwierigkeiten voraussichtlich fortfallen würden, wenn man sie in der Zentrale des Buchhandels, also in Leipzig, errichten würde. Für diesen Plan, den er mit großer Sorg falt ausarbeitete, wußte er sowohl die Sächsische Negieruug wie die Stadtverwaltung Leipzig zu gewinnen und legte ihn im Jahre 1911 in einer Denkschrift unter dem Titel »Eine Neichsbibliothek in Leipzig« nieder. Dieses historische Dokument ist im Jahre 1927 zu Ehlermanns 70. Geburtstag von der Gesellschaft der Freunde der Deutschen Bücherei als bibliophile Veröffentlichung ge druckt worden. In seiner Denkschrift trat Ehlermann mit Nachdruck für die Selbständigkeit der neuen Anstalt ein, die wegen ihrer umfassen den und wichtigen Aufgaben nicht einer der bestehenden Bibliotheken angegliedert werden könne; denn das hieße, »einem Baum ein Reis aufpfropfen wollen, das s e l b st ein Baum ist «. Sein Plan ist, wenn nicht in allen Einzelheiten, so doch in seinen wesentlichen Zügen nachher zur Ausführung gekommen. Im gleichen Jahre 1911 nahm dann Albert Brockhaus in scharfsinnigen Ansführungen einer neuen Denkschrift, die den Titel »Deutsche Bibliothek« führte, zu dem Ehlermannscheu Projekt Stellung, dasselbe im großen und ganzen billigend, hier und da einzelnes erweiternd oder bestimmter fassend. Bezüglich der Organi sation des Verwaltungskörpers wies er auf die verwandten Institute des Deutschen Museums und des Germanischen Museums hin und schlug als zeitlichen Ausgangspunkt der Sammlung den 1. Januar 1913 vor. Beide Anregungen wurden später befolgt. Ebenso drang im wesentlichen die von Brockhaus gewählte, im Titel seiner Denk schrift wicdergegebene schlichte Bezeichnung für die Anstalt durch, nur wurde im Sinne der deutschen Sprachbewegung das Wort »Bibliothek« durch »Bücherei« ersetzt, sodaß sich als endgültige Be zeichnung der heutige Name »Deutsche Bücherei« ergab. Seitdem ist das Wort »Bücherei« im Bibliothekswesen immer mehr in Anwendung gekommen und wird heute im allgemeinen als gleichbedeutend mit »Bibliothek« verwendet. Ehlermann wie Brockhaus hatten bei der neuen Bibliothek zu nächst an ein Ausleihinstitut großen Stils gedacht — ein anderes Bibliothekssystem war ja bis dahin in Deutschland so gut wie un bekannt. Bei dem ausgesprochenen Hauptzweck der Deutschen Bücherei, ein Archiv des deutschen Schrifttums zu sein, hielt man später, nach eingehender Prüfung der Verhältnisse es doch für ratsamer, wegen der sonst nicht zu vermeidenden Bllcherverluste von einem Aus leihen grundsätzlich abzusehen und der Anstalt den Charakter einer Präsenzbibliothek zu geben. Auch in einer zweiten, noch wichtigeren Frage, der der Beschaffung der Bücher, ging man schließlich einen anderen Weg. Ehlermann und Brockhaus hegten Zweifel, daß die Verleger, die bereits durch die Pflichtexemplare belastet seien, ihre Erzeugnisse freiwillig zur Verfügung stellen würden und schlugen deshalb eine andere Lösung vor. Siegismund, der seit Kantate 1910 das Amt des Ersten Vorstehers des Börscnvereins bekleidete und sich entsprechend seiner früheren Einstellung dem Ehlermannschen Plan mit besonderem Eifer zugewandt hatte, teilte diese Bedenken nicht. Er hatte die feste Zuversicht, daß es trotz der bestehenden Pflichtexemplare möglich sein werde, den deutschen Buchhandel zur Abgabe eines weiteren Exemplars für die neue Bibliothek zu bewegen. Als die Gründungsverhandlungen eine Erklärung nach dieser Rich tung forderten, gab er als der verantwortliche Vertreter des Bör senvereins kühn und entschlossen eine solche ab. Die Entwicklung der Dinge hat ihm recht gegeben. Schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit lagen von allen größeren Verlegern und von den meisten nichtbuchhändlerischen Stellen, die Schriften
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