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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1915
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- 1915-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1915
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- Deutsch
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V 99, 1, Mai 1915, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Automobil in Vergleich zieht. Daß schlechte Witterung zuweilen die Reise ganz unmöglich machte, kam auch vor. So hatte sich Johann Ernst Meyer aus Breslau am 14, April 1785 mit dem festen Vorsatz, die Leipziger Messe zu besuchen, mit seinen dor tigen Kollegen auf den Weg gemacht, -Bis zur ersten Station,« berichtete er später, - brachten wir mit acht Pferden zwölf Stun den zu. Wir traten die zweite Station an: aber es war unmöglich fortzukommen, weil man wegen Wasser und Schnee nicht die mindeste Spur eines Weges fand. Wir waren also gezwungen, wieder nach Hause zu reisen,« Während des Dreißigjährigen Krieges mußte der Besuch der Messen wegen der Unsicherheit für Leib und Leben oft unterbleiben, und auch später noch brachten Kriegsereignisse zuweilen große Gefahren für die Meßbesucher mit sich. Im Jahre 1760 machte der Vertreter von Friedrich Nicolai in Berlin aus der Reise zur Leipziger Michaelismesse in Wittenberg eine sehr unangenehme Bekanntschaft mit einer 12psündigen Kanonenkugel, die in seine Stube flog <aber nicht aus einem Zeppelin) und ihn beinahe im Bette erschlagen hätte. Erst nach vielen umständlichen Vorbereitungen — wenn auch nicht gerade solchen, wie sie Friedrich Nicolai, der Berliner Buch händler, für seine große Reise durch Deutschland >1781) tras, der sich einen eigenen Reisewagen bauen und einen eigens er fundenen Wegemesser Herstellen ließ, einen Schrittzähler und eine Tajchenschreibfeder, die beständig Tinte enthielt <also den heutigen Füllfederhalter) anschaffte — und nachdem die Meß- güter <Novitäten, Tauschgut und Remittenden) mit dem Last wagen abgeschickt waren, begab man sich früher aus Reisen und bezog für einige Tage Quartier in der Postkutsche oder dem besonders gemieteten Reisewagen; ältere Herren versäumten nicht, letztwillige Verfügungen zu tresfen. Sparsam Veranlagte ließen sich wohl auch das Vergnügen nicht nehmen, die Reise aus dem Leiter- oder Packwagen in langsamem Tempo mitzu machen, bei den schlechten Wegen damals eine gute Massagekur! Viele reisten nicht nur mit Sack und Pack, sondern auch mit Kind und Kegel, Jeder führte Geschäftsbücher, einen Stoß Verlang zettel und den großen Geldbeutel mit sich. Die vorsichtigen Leute nahmen wohl auch noch Nahrungsmittel sür die Dauer ihres Aufenthaltes mit, Schinken und Würste; Brotmarken, wie jetzt, waren aber nicht nötig. Unterwegs suchte man sich der Lange weile, die bei den langen Reisen trotz häufiger erheiternder Er lebnisse doch zuweilen gähnend in die Reisekutsche eindrang, so gut wie möglich zu erwehren. Die Insassen der Wiener Extra post, erzählt der Chronist aus dem Anfang des 18, Jahrhunderts, verkürzten ihre Zeit daniit, daß sie während der langen Fahrt durch Böhmen Wetten aus die Stunde der Ankunst in Kolin, Prag, Lobositz usw, in Champagner abschlossen, die dann in Leipzig ganz gewissenhaft erledigt wurden. Die vier, die dieses sinnreiche Mittel, die Zeit zu verkürzen, erfunden hatten, waren die Wiener Carl Gerold mit seinem getreuen Wittenbecher, der Kunsthändler H, F, Müller, eine lange knorrige Gestalt mit ernstem Gesicht und trockenem Witz, und der lebenslustige C, A, Hartleben, der Chef des größten Sortimentsgejchäfts in Pest, Anfangs des IS, Jahrhunderts kam für den Buchhändler eigentlich nur noch die Hauptmesse, die Ostermesse, in Be tracht, der Besuch der Neujahrs- und Michaelismessen war damals schon ganz außer Gewohnheit gekommen, Michaelis 1796 waren nur noch etwa zwölf Buchhändler zur Messe erschienen, und in den folgenden Jahren ließ der Besuch der Herbstmesse noch mehr nach. Zweimal im Jahre nach Leipzig zu sahren, dafür fehlten den meisten Buchhändlern die Zeit und das Geld, Die Fahrt hin und zurück und die Umständlichkeit der Abrech- uungsgeschäfte hielten die meisten Meßbesucher zur Ostermesse sowieso schon volle vier Wochen, ja oft bis sechs Wochen vom Hause fern. Jeder Besucher hatte seinen »Stand» in einem »Gewölbe« eines Leipziger Buchhändlers oder einem sonst gemieteten Raum, und um abzurechnen und um sein Geld los zu werden oder zu erhalten, mußte jeder von dem einen zum andern lausen. Dabei hielten die Besichtigung und Auswahl der Novitäten, das Tauschen und Einhandeln der Bücher, aus die man Bestellungen mitge bracht hatte, die Schlichtung von Differenzen und die nötige Unterhaltung über die schwere Not der Zeit jeden an dem ein zelnen Standort längere Zeit fest. Als gegen Ende des 18, Jahrhunderts auch der Besuch der Ostermesse durch die auswärtigen Handlungen merklich nachließ und die unverhältnismäßig hohen Reise- und andere Meßspesen und vor allem die große Unbequemlichkeit des ein zelnen Aussuchens der auswärtigen Geschäftsfreunde zwecks Ab rechnung als Gründe dieser Verzichtleistung auf den Besuch der Messe laut wurden, setzten die Bestrebungen zur Er richtung eines gemeinschaftlichen Abrechnungslokals ein, — der »Buchhändler-Börse«, wie man das in Aussicht genommene Buchhändler-Lokal schon damals nannte. Nach vergeblichen Ver suchen von G, I, Göschen-Leipzig und Ruprecht-Göttingen im Jahre 1781 erließ am 4, April 1792 der bedeutende Leipziger Buchhändler Paul Gotthels Kummer, einer der ersten und rührig sten Leipziger Kommissionäre, ein Zirkular, in dem er das bekannte Richtersche Kaffeehaus als gemeinsames Abrechnungslokal vor schlug, Dieses, an der westlichen Ecke der Katharinenstraße und vom Brühl gelegen, das noch heute stehende stattliche »Romanus- Haus«, war damals eins der angesehensten öffentlichen Lokale Leipzigs, wo auch Schiller während seines Leipziger Aufenthaltes gern verkehrte und wohl öfters den von ihm gerühmten »Richter- schen Meßpunsch« schlürfte. Das zweite Stockwerk, aus Bereins- zimmern bestehend, bot genügend Raum, und Kummer verein barte alles aufs genaueste mit dem Wirt und stellte die Vorzüge des Lokals für die Zwecke der Abrechnung ins rosigste Licht, Zu gleich suchte er alle etwaigen Bedenken dagegen zu zerstreuen und trat ganz ausdrücklich der Befürchtung entgegen, als wenn jemand durch die Teilnahme an der Abrechnung mit dem Kafsee- hause in Berührung käme und damit etwa genötigt würde, »täg lich etwas zu verzehren«. Der Kaffeewirt — sagte Kummer — bekomme weder Kenntnis von denjenigen, die an dieser Ein richtung teilnähmen, noch dürfte er ohne Erlaubnis der Gesell schaft ihre gemieteten Räumlichkeiten betreten. Dieses Hervor heben, daß niemand zum Genießen und Verzehren gezwungen sei, könnte fast den Eindruck erwecken, als wären die damaligen Buchhändler hausbackene, trockene, nur auf das Geschäft ver sessene Gesellen gewesen, aber aus anderen Quellen weiß man, daß man ihnen mit dieser Schlußfolgerung unrecht tun würde und daß sie so rühmlich bekannten Wirten wie dem alten Richter nicht aus dem Wege zu gehen pflegten. Das Kummersche Unternehmen hatte nur zwei Ostermesse» Bestand, mit dem zweiten Jahre <1793) schon hatte, wie es hieß, die Herrlichkeit der gemeinsamen Abrechnung wieder ein Ende, weil das Richtersche Haus an einen Privatmann verkauft wurde, womit seine Verwendung als Kaffeehaus und für Gesellschastszwecke aufhörte. Als dann Carl Christian Horvath aus Potsdam zur Ostermesse 1797 das große Luäitorium tiwologioum im Paulinum der Universität zum ersten Male sür die Abrechnung gemietet hatte — bekanntlich wuchs aus dieser Horvathschen Ab rechnungs-Einrichtung, die bis zum Jahre 1824 Privatunter nehmen blieb, der »Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig« heraus <30, April 1825) —, waren stets »zwei Aufwärter bereit, jedem, der Frühstück, Bier oder Wasser <!?> verlangte, solches zu besorgen«, Horvath hatte also schon mehr Sinn dafür, daß das anstrengende, oft auch Arger erregende Geschäft des Abrechnens eine Auffrischung von Leib und Seele nötig hatte. Und wie gern hat man sich doch später — das wird in der Er innerung noch manches älteren Buchhändlers lebendig sein - in der alten Buchhändlerbörse in der Ritterstraße am Tage der Hauptversammlung und zur Abrechnung am Montag nach Kan täte den kulinarischen Genüssen hingegeben, die der alte wür dige Kastellan Bogen, unter dessen Obhut die Börse 45 Jahre lang stand, mit feinem Verständnis für die Bedürfnisse der meß- sreudigen Buchhändler und unterstützt von seinen lieblichen Töchtern im Vorraum unverlangt, aber nicht nur zur Ansicht darbot. Wie es nun zu Zeiten der Horvathschen Abrechnung zuging, liest man in einem launigen Bericht eines Leipziger Chronisten vom Jahre 1802, in dem es heißt: »Hier sitzen nun in der Ostermesse die deutschen Buchhändler und schließen ihre Jahres rechnungen und zahlen, wenn sie können, die Saldi in beschnittenen Dukaten, Goldgülden, Karolinen (welche bereits durch die sämtlichen 683
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