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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1915
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- 1915-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 99, 1. Mai 191». aufführen helfen, der fest an sie glaubt; nur der wird die Wieder anknüpfung aller geistigen Fäden mit ermöglichen, der nicht müde wird, für den Geist zu kämpfen. Es gehört ein gewisser Heroismus dazu, sich in unserer Lage so zu betätigen, aber es werden von unserm Volke, an den Fronten wie im Innern, so heldische Taten vollbracht, daß ein Versagen auch in diesem Falle nicht zu befürchten ist. Trotz der Kriegsliteratur ist es ja nicht die Ausgabe des Buchhandels, Kriegslieserant zu sein, und wenn gewisse Industrien als Hauptinteresse das hätten, den Krieg zu verewigen, weil ihnen dieser Zustand die besten Geschäfte be schert, so kann ein Stand, dem das Wirken und die Herrschaft des Geistes in die Hände gelegt sind, nie und nimmermehr wün schen, daß der Kriegsgott dauernd aus der Erde rase. Es ist also seine Pflicht, noch im Kriege sein eignes Schasfensgebiet zu be denken und für die Herbeiführung solcher inneren Zustände zu wirken, die auch ihm das regelmäßige geistige Fortarbciten ge währleisten. Gewiß, es wäre eine außerordentliche Leistung, aber sie braucht nicht außerordentlicher zu sein, als das, was sonst von unserem Volk geleistet wird. Wenn der Krieg länger dauern sollte, wird man sich ohnedies darauf einzurichten haben, der Deutsche erträgt es nicht, tatlos, entwicklungslos dazusitzen. Und wenn sich die Befürchtung Friedrich Naumanns bewahr heiten sollte und es müßte ein Wall um Deutschland gezogen werden, in dessen Bereich dauernder Kriegszustand herrsche, so bleibt doch der Buchhandel von seinen Aufgaben und Pflichten im friedlichen Binnenlande nicht entbunden, die straffe Span nung, in der die Zensur jetzt den Geist hält, wird sich lösen, un gehemmt wird er wieder walten können, und daß er bis dahin nicht das Fliegen verlernt habe, das sollte vor allen Dingen Sorge eines Standes sein, dem er vor allem mit anvertraut ist. Wie es auch sei, Optimismus gehört unter allen Umständen dazu, und da gerade um unser geistiges Leben soviel Unglücksraben flattern, soviel Unglücksunken unken, so sei hier in einigen Notizen einem beherzten Optimismus Ausdruck gegeben, unter dem Ge sichtspunkt, daß bei aller kies empfundenen Schwere der Zeit in den: Wort Kantate nicht gerade eine Aufforderung zum Trübsal blasen liegt. 1. Vornehmlich interessiert da die Stellung zur Kunst. Wie haben sich doch nach Ausbruch des Krieges gleich die reaktionären Seelen gemeldet, um ihr was am Zeuge zu flicken, um die patrio tische Konjunktur für ihre Ziele zu benutzen! Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte sie überhaupt nicht mehr weiterlebcn dürfen. Man nannte sie nur die »kranke« Kunst, man schalt sie heillos dekadent, keinen guten Faden ließ man an ihr. Die Kunst strömungen vor dein Krieg hatten die Biederleute ganz verwirrt gemacht, dasür rächen sie sich nun. Man erzürnte sich, daß jene Kunstrichtungen fremdländische Namen trugen — mit den ver haßten Namen wollte man auch ihren Zielen den Garaus machen. Kunstprofessoren, Kritiker und ultrakonservative Künstler mel deten sich zum Wort, und in den Traktätchen, mit denen sie an der armen Kunst hernmdoktertcn, kehrte immer das eins wieder: Diese modernen Richtungen sind eine Pest, ein Pfuhl, ein Laster, sie müssen ausgcrottct werden. Nun, es muß doch Wohl nicht so schlimm damit bestellt gewesen sein, denn dieselben jungen Künst ler, die ja beschimpft wurden, ohne sich verteidigen zu können, schlugen sich wacker und tüchtig, und viele besiegelten den Idea lismus ihrer Kunstanschauungen mit ihrem Tode. Nein, diese Augurn mit dein Schulmeisterbakel und mit dem warnend er hobenen Zeigefinger konnten doch Wohl nicht recht haben. Viele von diesen jungen Künstlern mußten glauben, mit ihrem Ex pressionismus einsam zu stehen; jetzt erlebten sie die hohe Freude, daß ganz Deutschland expressionistisch wurde. Ans der politisch kriegerischen Straße brachte sich nur zum Ausdruck, was vorher schon in ihrer Sehnsucht im Reiche der Kunst nach Verwirk lichung strebte. Zwischen den Formen des Kriegs, die doch längst nicht mehr die von 1870/71 sind, und den Formen des neuen Stils gibt es eine ganz genaue Beziehung, wie sich alle Kultur- gebietc in einem Volk einander entsprechen; unsere Flieger, wenn sie über die Erde schweben, unsere Beobachtungsofsiziere, wenn sie durchs Scherenfernrohr sehen, haben auch nicht mehr den Blick eines holländischen Feinmalers oder eines Kupfer stechers des 16. Jahrhunderts. Wir sollten unsere Künstler nicht schmähen und schmähen lassen. All diese Rezepte, in denen ihnen alte und veraltete Meister vorgehalten wurden, sind von frag würdigem Wert. Man eiferte gegen den Impressionismus — und dabei besetzt er die Museen und beherrscht die Akademien. Dürer und Holbein als Muster zu nennen, das ist billig. Und wenn Grünewald genannt wurde — an den suchen doch gerade unsere Besten anzuknüpfen. Schlimm aber ist's, wenn die Nazarener wieder Vorbilder sein sollen. Die Entwicklung eines Jahrhunderts will man ausstrcichen. Es geht auch nicht an, uns Richter und Schwind, die so liebenswerten, vorzuhalten. Es ist nun einmal so, daß unsere Zeit ganz anders sieht. Sollte man denn im Ernste wünschen, daß unsere Kriegszeichner genau solche Blättchen malten wie die Zeichner von 1870/71? So wird denn die Ent wicklung über alle diese Traktätchen hinweggehen. Auch ohne das Unken und Schwarzsehen gereicht diese Zeit unsern Künstlern zu einer Vertiefung, die kelto-romanischen Einflüsse sind zurück gedrängt, das Germanische ist aufs stärkste betont, die neue Kunst gewinnt in der Weiterentwicklung von Bestrebungen, die sie schon vor dem Krieg hatte, einen neuen Idealismus, ein immer klareres und geistigeres Gesicht. Und die Zeit wird den suchenden Richtungen die Einheit geben, mit der sie sich zum Rang einer Kultur erheben. Mari kann nicht in einem Atem politische Frei heit wünschen und eine reaktionäre Kunst. Eine gefesselte Kunst wäre ein Zeichen, daß es mit jener nicht richtig bestellt wäre. Wer ein freiheitlich gesinntes Volk wünscht, der kann nicht damit beginnen, die Kunst knebeln zu wollen. Vieles mag daran selbst verständlich klingen, aber die moderne Kunst hat jetzt nicht viele Freunde. Der Bnchhandcl aber wird sich, bei allem Abwägen von Partei- und Generationenstandpunkten, nicht zum Voll strecker rückwärts gewendeter Willensrichtnngen machen wollen, er wird nicht dem Geschrei der Kunstbenörgler und -bemäkler sein Ohr leihen, nicht altweiberhast über «Auswüchse« jammern, sondern, wie es in seinem Berus liegt, in Anerkennung des echten dem fortschreitenden Geist seine Unterstützung geben. Bekanntlich ist die Kriegsliteratur gewaltig ins Kraut ge schossen. Die Zeiten aber, da die Broschüren zu hohen Auflagen emporkletterten, sind vorbei. Manche fragen sich schon, ob das Verlegen von Kriegsliteratur noch lohne. Ein neues Interesse scheint im Werden, nicht an den Kriegsbroschüren, sondern an Werken der allgemeinen Kultur, am Weiterbetrieb der Wissen schaften. Man könnte die Produktion der gedruckten Kriegs- fansaren aber auch noch durch eine andere Überlegung einschränken. Wirklich ist nur der ganz äußerliche Umfang, das rein Quanti tative daran überraschend, spürt man tiefer, so findet man, daß alle diese Broschüren, Kriegschroniken, Gedichtsammlungen nsw. außerordentlich viel Übereinstimmendes bringen. In allen steht säst dasselbe. In der ersten Kriegscpoche waren diese Berichte und Aufsätze und Poesien geistig belebend und belehrend, weite Volkskreise empfingen daraus willkommene Unterrichtung. Aber heute? Heute ist es so sehr dasselbe, daß es auch in der Form kaum noch abweicht. Es ist ja auch kein Wunder. Die Kriegs chronisten nehmen die großen Tageszeitungen zur Grundlage, sie arbeiten alle aus den gleichen Quellen. Und dasselbe Quellen- material bringt es mit sich, daß die Aufsätze in den Zeitschriften einander ähneln <wie es auch die photographischen Bilder tun, desgl. die graphischen Atelier-Korrespondenten —- nicht die künst lerischen Kriegszeichner). Schlägt man eine Gedichtsammlnng ans, so stößt man immer wieder auf dieselben Gedichte, lauter alte Be kannte. Und wenn es nur die guten wären, die da zum hundertsten Male neu gesammelt sind, aber die schlechten sind ganz genau so da. Und wie es einem hier mit den Poeten ergeht, so ergeht cs einem in den Zeitschriften mit den Autoren. Durch die Bank wieder holen sie sich hier, jeder bebaut von der einen zur andern sein Spezialgebiet, der Spezialist über Rußland känt durch alle Blätter seine enge Weisheit wider, kaum gibt er sich noch Mühe, sein Thema abzuwandeln, und durch alle Journale hin durch wettert der England-Spezialist über englische Kräiuer- gesinnung. Das ist in den Broschüren kaum anders. Man kann es z. B. in der Broschürenslut gerade über England und Belgien beobachten. Alle operieren mit demselben Quellenmaterial, alle
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