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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.12.1935
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- 1935-12-05
- Erscheinungsdatum
- 05.12.1935
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- Deutsch
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282, 5. Dezember 1935. Redaktioneller Teil Börsenblatt f. d. Ttschn Buchhandel. Kinderbücher sind keine Kleinigkeit Ein offenes Wort von Karl Kobrecker, Kurator der Reichsjugendbücherei Die von unserer Jugend gewünschte Ertüchtigung ist nicht nur im körperlichen, vielmehr auch im geistigen Sinne aufzufassen. Darum bleibt ein wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit unserer Reichsfugendführung die Beschäftigung mit dem deutschen Schrift tum. Sie wird durch das Hauptreferat Schrifttum im Amt für weltanschauliche Schulung geleistet, das in Verbindung mit der Rcichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums und mit dem NS-Lehrerbund über alle Neuerscheinungen auf dem Gebiet des Jugendschrifttums urteilt. Auch die Kinderbücher gehören dazu und die Interessen des Alters bis zu zehn oder zwölf Jahren hat die Reichssugendbücherei mit wahrzunehmen. Ihre Aufgabe ist keineswegs leicht, wie mancher annehmen könnte, der im Bilderbuch etwas Unbedeutendes sieht. Sie ver langt nicht nur eine angeborene Liebe zu diesen kleinen Dingen, sondern einen sicheren Geschmack, der über gute und schlechte Zeich nungen unbeirrbar sich zu entscheiden gelernt hat und genug Festig keit besitzt, um nachdrücklich gegen den allzu häufigen Lantenton im Kinderstubenbuch oder ähnliche Schwächen wirksam austreten zu können. Das ist unbedingt nötig, denn ein Formen des Geschmacks ist nur auf diesem Wege zu erreichen. Die ersten Eindrücke im Leben des Kindes sind von allergrößter Bedeutung. Wer mit Kitsch auf wächst, bleibt unklar in seiner Haltung und nimmt gar zu leicht die Meinungen anderer an, die ihm Scheinkunst statt echter, seichte Lektüre statt gediegener zutragen. Nur durch Unerschütterlichkeit eigener Ansichten bildet sich der Charakter. Noch vor dem Pimpfen- alter soll die Jugend soweit sein, daß sie kein T für ein U nimmt, über solch festgegründeter Einstellung kann sich die politische Er ziehung zum Staatsbürger nur um so besser aufbaucn. Wer sich in künstlerischer oder dichterischer Hinsicht etwas einreden läßt, der nimmt auch sonst anderer Leute Irrlehren an, sobald er ihren Einflüssen ausgesetzt ist. Dieser Gedankengang führte zur Schaf fung einer Stelle, an der die Kultur des Buches auch für die Kleinen und Kleinsten mit größerer Eindeutigkeit gepflegt werden konnte, als es vor dem Sieg der Bewegung geschah. Die Mei nungen waren damals sehr geteilt und an sich bedauerlich unklar. Es mußte ein Amt geben, das einheitlich dachte, in dem es nur eine Meinung gab, um auf Grund vielfacher Erfahrung mit den seichten Erzeugnissen des Ungeschmacks endgültig aufzuräumen. Die neue Warte mußte ferner erstehen, damit für Erhaltung und Echtheit unseres klassischen, unvergänglich frischen Volksguts ge sorgt werden konnte. Selbst dieses wurde von den dazu berufenen Stellen vor 1933 sträflich vernachlässigt, wohl gar absichtlich ver dorben, weil maßgebende Kreise, die darüber wachen sollten, marxistisch verseucht oder nicht sicher in ihrer künstlerischen Auf fassung waren. Manches ist nach der Einrichtung unserer heutigen amtlichen Prüfstellen besser geworden, aber nicht alles. Noch immer gibt es z. B. ganz entstellte Texte unserer besten Märchen und Erzäh lungen, ohne daß etwas anderes dagegen unternommen werden kann, als sie irgendwo anzuprangern. Gekauft oder gelesen werden diese Verfälschungen aber doch. Es gibt ferner Selbstvcrleger, die ihre eigenen Unzulänglichkeiten nicht nur drucken, sondern auch in den Handel bringen dürfen, ohne daß Einsprüche möglich sind. Da genügt nicht nur Kritik am schon vorhandenen Schlechten, es muß auch durchzuführen sein, daß eine solche Versündigung am Volksgut und an der Kinderseele ebenso verboten wird wie die Politische Zersetzung. Noch sind wir nicht soweit und bis dahin ist anzustreben, daß wenigstens nur noch Gutes entsteht. Schon bei Bilderbüchern muß neben guter Zeichnung auf sauberen, stilklarcn Text geachtet werden, der auch Erwachsenen etwas zu sagen hat und in dem sich die Mätzchen gewollter Eigen brötelei oder gar der Mode nicht mehr breitmachen. All das ist im Reim wie im Märchen und in der Kurzgeschichte ebenso ab- zulehncn wie im Roman, und cs sollte bei aller Selbstverständlich keit nicht immer wieder gesagt werden müssen. Am Bau der Jugendliteratur sind die Kinderbücher nicht verzierende Dach reiterchen, sondern Grundpfeiler. Gerade in der Kinderstube soll die Scheinkunst am kräftigsten unterdrückt werden, denn der Er wachsene liest sowieso zuviel und wenn ihm dummes Zeug mit unterläuft, wird er es leichter vergessen oder kritisch überwinden, als ein noch unbefangener Sinn, der am Ende in irgendwelcher gewollten Form etwas Großartiges sieht und sich gar daran schult! Es ist leicht, einen Anfänger zu umnebeln, schwerer ist es, den auf- gcsogenen blauen Dunst wieder aus allen Gehirnwindungen her auszublasen. In der Musik haben die Neutöner mit ihren Disso nanzen viel Unheil angerichtet, im Kinderbuch soll es harmonischer zugehen! Mit allem Ernst muß es einmal gesagt werden: eswird bei uns zu wenig fürs Kinderbuch getan und das wenige nicht lebhaft genug. Wenn man in der Tagespresse immer noch nichtssagenden, unzulänglichen Besprechungen begegnet, wenn große Einkaufsorganisationen des Buchhandels das Gebiet des Jugendschristtums wenig, das Kinderbuch gar nicht berücksichtigen, wenn eine Buchausstellungsleitung gleich von Anfang an erklärt, für die Kleinen sei wenig Raum in der einzurichtenden Schau, so liegt darin eine bedauerliche Geringschätzung der Bücher, die mindestens so wichtig sind wie alle anderen. Die Reichsjugendführung hat die Wesentlichkeit der Jugend literatur erkannt, weil sie einer jungen Bewegung angehört, der alles Frische, Natürliche und Echte selbstverständlich ist, weil sie das Gegenteil davon kräftigst verwirft. Darum trifft vor allem den Dilettantismus unsere schärfste Ablehnung. Wieviel schlechte Machwerke von Kinderbuchpfuschbastlern wir schon in der Ur schrift, in Bild und Wort verurteilten, wie manche Stunde kost barer Zeit damit den Verlegern gerettet wurde, das geht aus unsern positiv sichtbaren Leistungen nicht hervor. Dagegen ist manches entstanden, was unsern Absichten entspricht und wir wün schen, daß alles, was im Buchhandel von unserer Mitarbeit am Jugendschrifttum vor Augen tritt, auch freundliche Aufnahme findet. Gerade hier sind wir besonders auf die Hilfe des Buch händlers angewiesen. Er möge nicht nur das Gute empfehlen, vielmehr sich überall endgültig von den Seichtheiten des Jugendschrifttums abwenden. Es genügt nicht, daß nur einzelne Verkaufsstellen schon so denken und von allein Untauglichen ab rücken. Das muß durchweg geschehen, im kleinsten Papier- und Spielwarengeschäft wie am großen Lager. Nur durch sichere Aus wahl des Besten sind die Käufer für echte Kunst empfänglich zu machen, nur so kann jede verantwortlich denkende Stelle dazu bei tragen, den Bolksgeschmack wirksam und nachhaltig zu beein flussen. Gegenwartsnahe Persönlichkeiten aus Alt-Weimar Fritz Kink, Weimar, hat in seiner kürzlich im eigene» Ver lage erschienenen neuen Veröffentlichung fünf verschiedene Lebens läufe als »Nebenfiguren der klassischen Zeit in Weimar« (13g S. mit S Bildnissen. Lw. RM 3.85> zusammen gefaßt. Dieser Versuch hat seinen eigenen Reiz dadurch, daß er gerade durch seine Zusammenfassung früherer Forschungen — entgegen der mit gewisser Zurückhaltung gewählten Bezeichnung »Nebenfiguren« — beweist, wie die deutsche Geschichte, gleich er fahrenen Bühnenleitern, in dem großen Weimarer Schauspiel zur Wende des 18. und lg. Jahrhunderts auch die »Chargen« mit »ersten Kräften« besetzte. Im Verlaufe der verflossenen hundert Jahre allerdings verblaßten ihre Gestalten mehr oder weniger. Fritz Fink darf daher das große Verdienst für sich in Anspruch nehmen, bas Streben und Vollbringen dieser Männer wieder lebendig ge macht und dadurch das Gesamtbild jenes bedeutsamen Zeitabschnittes deutscher Kultur von neuem abgerundet zu haben. Von ihnen allen geriet wohl am meisten in Vergessenheit zweifel los der Buchhändler und Verleger Johann Wilhelm Hass- 1041
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