Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegebcn von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. 51: Dienstags, den 27. Juni 183?. Actenstücke und Briefe zur Geschichte der Deputation der Deutschen Buchhändler beim Wiener Congrcsse, im Jahre 1814. (Fortsetzung.) Denkschrift über den Büchernachdruck. (Fortsetzung.) In einem Augenblicke, wo Recht und Humanität ihren schönsten Sieg feiern, wo die Edelsten der Nation versam melt sind, um die Wunden des Vaterlandes zu heilen und aus gerechter Wage jedem Volke, jedem Stande zuzuwie gen was ihm gebührt; in diesem feierlichen Augenblicke treten die deutschen Schriftsteller und Buchhändler mit Zu versicht vor den Areopag, um ein, in ganz Deutschland gültiges, Gesetz gegen den Büchernachdruck zu erbitten, der schon so lange dem Gelehrten die Früchte seines Fleißes verkümmert; der ihm den Muth raubt, da zu säen, wo lauernde Fremdlinge erndten; der ihn oft durch Sorgen von einer Geistesarbeit abzieht, die seiner Wittwe, seinen Waisen keine Ersparniß liefern wird; der des redlichen Buchhändlers wohlerworbnes Eigenthum freventlich an tastet; der ihn von jeder wichtigen Unternehmung zurück scheucht und dadurch mittelbar die Künste und Wissenschaf ten unterdrückt. Es ist Friede! ohne Furcht vor Kaperschiffen darf nun der Kaufmann wieder seine Waaren dem Occan vertrauen; soll denn allein gegen Schriftsteller und Verleger ein ewiger Raubkrieg fortgesetzt werden dürfen? Nach dem fünften Artikel des, zwischen den hohen verbündeten Mächten und Frankreich, abgeschlossenen Frie dens, ist der segenrciche Eongreß zu Wien bestimmt, das Verkehr zwischen den Völkern zu erleichtern und sie, Eines 4r Jahrgang. dem Andern, immer weniger fremd zu machen. Diese Erleichterung, diese Annäherung, durch Befreiung der schiffbaren Ströme, wird nicht minder befördert durch Sicherstellung der Eigcnthumsrechte. Darum hoffen wir mit Zuversicht, daß der Eongreß weder unter seiner Würde, noch abweichend von seinem Aufträge es finden werde, einen Gegenstand zu berücksichtigen, der das höchste In teresse, nicht blos einer, unter allen cultivirten Nationen geachteten, Menschenrasse, sondern zugleich das dieser Nationen selbst berührt. Die Frage ist: ob ferner erlaubt seyn solle, daß ein Bürger eines deutschen Staates das, von dem Bürger eines andern deutschen Staates rechtmäßig erworbene Ei- genthum sich zueigne? Oder die Frage ist: ob irgend einer Regierung im Frieden das Recht zustehen solle, ihren Unterhalten zu »erstatten, fremden Unterthanen Schaden zuzufügen? Ehe die gewünschte Entscheidung dieser Fragen erfolgen kann, muß allerdings die Untersuchung vorausgehn: Ob das Verlagsrecht des Buchhändlers würklich ein Eigenthumsrechtzu nennen sey? und Ob ihm durch den Nachdruck Schaden zugefügt werde ? Worauf gründet sich aber das Verlagsrecht des Buch händlers? Einzig auf den, mit dem Verfasser des Buches abgeschlossenen, Vertrag, durch welchen ihm, unter ge wissen Bedingungen, die Handschrift überlassen worden. Ob der Schriftsteller dazu ein Recht habe, wird wohl Niemand bezweifeln, denn welches Eigenthum ist unbe streitbarer , als das der Gedanken, der Geisteskraft und ihrer Früchte? 85