5336 Nummer 348, 38, Oktober 19SS Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel »VF VF VFVFVFVFVFVFVF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF VF u z Am 21. Skiober lyzb begannen wir mit der Auslieferung des neuen Romans von ^Aond bei Tag 216 Setten, kartoniert RM 2.85, ln Ganzleinen RM 3.75 T Statt eines Waschzettels ein kurzes Stück aus dem Buch: „Was ist das? Mond bei Tag?" fragten die Geschwister. — „Wie ich noch klein war", erzählte die Mutter, „so etwa fünf oder sechs Jahre, habe ich zum erstenmal den Mond bei Tag gesehen. Ich war im Garten. Es muß im Frühjahr gewesen sein, denn ich erinnere mich an ltchtgrüne Bäume, und die Ribisel waren noch nicht reif . . . Die blasse Sichel des Mondes hing an einem blaffen Himmel. Ich sah den Mond an. Der Mond! rief ich unserer alten Kinderfrau zu, die im Zimmer war. Jetzt scheint kein Mond, hat die alte Nandl gesagt. Fertig. Er scheint nicht. Aber da war /a der Mond, silbern und klar. Er war nicht wichtig, die Großen (auch ich dachte damals: die Großen!) brauchten ihn nicht, sahen ihn nicht. Aber für mich war er wichtig. Er war Symbol der Unwissenheit der anderen, des eigenen Wissens. Die Jahre sind vergangen. Ich weiß, daß ich gar nicht so viel weiß, — aber immerhin wesentlich mehr als die meisten. Ich freue mich, wenn ich den Mond bet Tag sehe. Cr überrascht mich immer wieder. Ich habe keine Ahnung, wann er auftaucht. Heute noch ist er mir ein Symbol tiefer Weisheit, — ein etwas belächeltes Symbol, denn eigent lich ist Wissen ebensowenig wichtig wie der unscheinbare, schmale Mond. Man überschätzt das meiste." — „Du bist selber Mond bei Tag", sagte Lorenz nachdenklich, „stark überschätzt und trotzdem irgendwie sehr wichtig." — Im Nebenzimmer stand Matthäus. Er hatte das Gespräch mit angehort. Viele Jahre war er mit Johanna verheiratet. Er kannte sie feit ihrem achtzehnten Jahr. Es war eine gute Ehe. Und er hakte nie gewußt, daß es das für sie gab, „Mond bei Tag". Daß seit frühester Kindheit ein Bild und ein Gedanke in ihr lebte, die ihm fremd geblieben waren. Es war wohl unwichtig, aber es schmerzte ihn trotz dem. Mond bet Tag . . . L L L L L r L E L r L L L r