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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.03.1915
- Strukturtyp
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- 1915-03-19
- Erscheinungsdatum
- 19.03.1915
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- Deutsch
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Nr. S4. // ZDeutjchen Deiche zahlen füc jedes Exemplar 30 Mark bez.des Dörjenvereins dis viergejpaltsne 1)stitzeile oder deren ^ Mark jährlich. -Nach dem Ausland erfolgt Lieferung ZL «aum 15'/«6.13.50 M^'/z S. 26 M..'/. 6-50 M.-. für Nicht-^ ^ Leipzig oder dur^ Kreuzband, an Nichtmit^lieder in Zj Mitglieder 40 Hs.. 32 M.. 60 M.. 100 M. — Deilagen worden ^ UlMiamöMör'stMerWÄMMW Leipzig, Freitag den 19. März 1915. 82. Jahrgang. Redaktioneller Teil Münchener Briefe, n. (I siehe Nr. 17.» Miesmacher. — Mutmachcr. — »Neutralität«. — Der freigebige Sor timenter. — Blei-Artikel. — Vom ungedienten Landsturm. — Die armen Reichen. — Der Fragebogen der Vereinigung der Schulbuch- oerlegcr. — Durch Not und Tod. Als die Erklärung herauskam, nach der das Seegebiet um Großbritannien und Irland als Kriegsgebiet zu betrachten sei, ging es wie ein Aufatmen durch ganz Deutschland. Doch nicht etwa nur, weil endlich die erwarteten Gegenmaßregeln gegen die englische See-Tyrannei ergriffen wurden: man ahnte vielmehr, daß unsere Werften ihre Arbeit geleistet haben, daß wir nun ganz zum Gegenschlag gerüstet seien. Wir Bayern, die wir weit von der Wasserkante entfernt sind, haben natürlich nur wenig Einblick in das Marinewesen, aber das felsensichere Vertrauen, daß die Erklärung kein leerer politischer Schachzug sei, daß unsere Flotte jetzt vielmehr auch die Kraft zum »Matt« "besitze. Nun hätte man glauben sollen, daß gerade bei den Binnenländern die Schwarz seher in der kühnen Drohung ein ergiebiges Thema für ihre dunk len Ahnungen gefunden hätten. Statt dessen war im Gegenteil überall nur freudige Erwartung zu finden. Dasselbe Vertrauen setzt man auch in die Heeresverwaltung. Wir wissen, daß zur Kriegssührung nicht nur Geld und Kraft gehören, daß auch das Glück eine besondere Rolle spielt. Aber »Glück hat für die Dauer nur der Tüchtige«. Wir trauen diesen Worten MoltkeS, und so find bei uns nur wenig Miesmacher zu finden. Kleinmütige Seelen, die in den Berichten des Generalquar tiermeisters mehr zwischenden Zeilen lesen wollen, finden sich natürlich überall. Für sie sind Berichte von der Stimmung in der Front ein Trost. Wenn sie sehen, wie Ludwig Ganghofer und alle diejenigen, die seit Monaten und Monaten den Un bilden der Witterung und den beständig wiederholten Angriffen ausgesetzt sind, voll froher Zuversicht auf unfern endgültigen Sieg hoffen, dann mutz auch bei ihnen alles Ängstliche verschwin den. Ganghofer ist ja als glänzender Erzähler bekannt; er eignet sich durch seinen glücklichen Optimismus wie keiner, Siegesfreudig keit zu verbreiten. Die Berichte über seinen Besuch an der West front, die gegenwärtig in den Münchener Neuesten Nachrichten er scheinen, werden auch in Buchform herauskommen, und zwar, wie ich eben erfahre, bei Ullstein L Co. Der Buchhandel hat dann einen ausgezeichneten Zugartikel. Für den ruhig Denkenden, der keine Stärkung seines Vertrauens braucht, hat Ganghofer seinen zielbewutzten Optimismus aller dings ein bißchen stark unterstrichen. Sven Hedin schildert seinen Besuch in »Ein Volk in Waffen« weit kühler, so richtig neutral. Und doch kommt er zu dem gleichen Ergebnis: daß ein solches Volk, mit diesem eisernen Diszipltnbewutztsein, mit solch hervor ragender Organisation nicht besiegt werden könne. Man merkt gar manchmal, daß er gern sein Herz sprechen lassen möchte, er bemüht sich aber, neutral zu bleiben. Daß er den Engländern nicht neutral genug ist, ist selbstverständlich. Ganz anders Cham- bcrlain in seinen »Kriegsaufsätzen«. Zwar macht er ein bißchen viel Verbeugungen vor Deutschland, aber er reißt durch seine Impulsivität fort. Die Verbreitung dieser drei Schriften (Gang hofer wird wohl bald erscheinen) sollte sich der Sortimenter recht angelegen sein lassen; sie gehören vor allem an die Front. Sie sol len auch draußen wissen, daß wir in dem Bewußtsein unseres guten Rechts und in der Klarheit jahrzehntelang ertragenen Unrechts nicht erlahmen. Sie sollen wissen, daß bei uns der Haß wächst, der grimme Haß gegen alles, was englisch ist. Er läßt verstehen, daß I. F. Lehmann's Verlag seine Kartenmitteilung über Weyers Taschenbuch statt mit dem abgebrauchten »Hochachtungsvoll« mit »Gott strafe England« unterschrieb. Deswegen auch hinaus an die Front mit einem anderen Buch, mit Streckers England im Spie gel der Kulturmenschheit! Es ist ein seltener Edelmut, den England gegen uns übt, wenn Kipling behauptet, daß uns Großbritannien nicht hasse, daß es uns aber hassen wolle, wenn wir es in seinem »Komfort« stören würden. Der arme Tommy weiß jetzt wenigstens, wofür er kämpft: für Englands Komfort. Und wir sind, dem Himmel sei Dank!, aufs eifrigste bemüht, uns diesen Hatz zu verdienen. Ihn wollen wir. Dagegen wollen wir mit allen Neutralen in guten Beziehungen bleiben, soweit es die Neutralität bedingt. Unverständlich ist uns deswegen die direkte Abneigung, die uns Amerika bis jetzt gezeigt hat, unverständlich auch das geringe Verständnis, das einige Intellektuelle der neutralen Länder für unsere Lage zeigen. Der Krieg ist nun einmal keine ethische Be weisführung, hier gilt »Kraft im Wagen, Kraft im Schlagen«. Einem Spitteler hätte man zutrauen sollen, daß ihn die Erfahrun gen seiner 70 Jahre zu einer vornehmen Zurückhaltung bestimmt hätten, daß er sich selbst vor den »überlegenheitstönen«, vor denen er wamt, gehütet hätte. Die Beschimpfungen, die er nicht nur in seinen Vergleichen, sondern durch den ganzen Geist, den sein Vor trag atmet, über Deutschland ergossen hat, trennen ihn für immer von uns. Er gesteht selbst, daß er Deutschland sehr viel verdanke und dennoch? . . . Nein, heute ist nicht die Zeit, die rechte Wange auch noch hinzuhalten. Ein anderes Empfinden wäre ungesund. Ostini und Ludwig Thoma haben daher nur der Meinung eines recht großen Kreises Ausdruck gegeben, indem sie sich in ih- remZorn gegen Spitteler wandten, alsvr.Whneken hier einenVor- trag über »Die Kunst Karl Spittelers« hielt. Schon bei diesem Vortrag selbst wurde kräftiger Widerspruch laut, der betonte, daß gerade jetzt nach dieser verletzenden Rede Spittelers eine Dar legung über seine Kunst nicht angebracht fei. Es ist möglich, daß die Zeit zu kurz war, diesen Vortrag abzusetzen. Die militärische Zensurstelle hat ihn nur unter der Bedingung erlaubt, daß in der Einleitung »die schamlosen Angriffe des Schriftstellers Spitteler auf Deutschland ausdrücklich bedauert würden«. Wie Ostini über Spitteler urteilt, das will ich den Lesem schenken, denn es ist ja auch imBörsenblatt schon ziemlich viel darüber verhandelt worden. Sein Schlutzurteil besagt ja sowieso alles: »Die Erfahrung, daß allerlei Leute aus gebildeten Kreisen bei uns noch gar keine Ahnung vom Emst der Lage haben, ist eine der traurigsten Erfah rungen. Sie zeigt, daß sie den Gedanken: Jeder Feind Deutsch lands ist auch mein Feind I noch nicht denken gelernt haben«. Das Eine steht fest: Spitteler hat sich als Undankbarer erwiesen, und wir wären bedauernswert arm, wenn unsere Literatur diesen Verlust, der zudem noch viel bestritten wird, nicht ertragen könnte. Der Gedanke grenzt ja bald an das lächerliche Literatur-Aus fuhrverbot Englands. 369
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