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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-03-12
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 58, 12. März ISIS. je größer der Kundenkreis ist, desto schwieriger wird es für den Ladeninhaber sein, die Geschmacksrichtungen der einzelnen richtig zu beurteilen. Das Publikum hört wohl nicht ungern einen guten Rat, aber cs will selbst entscheiden und dürfte seinem Berater schlecht Dank wissen, wenn er ihm etwas aufnötigt, was ihm nachher nicht zusagt. Jedenfalls wird der die besseren Geschäfte machen, der weniger seinem eignen als dem Geschmack der Kundschaft Rechnung trägt, und darin, daß manche anders denken und handeln, dürfte die Ursache zu suchen sein, daß sich die Geschäftsberichte, sogar aus ein und derselben kleineren Stadt, manchmal geradezu wider sprechen. Wo das der Fall ist, sollte der Geschäftsinhaber mit dem negativen Ergebnis ernstlich nach den Gründen dieser Erscheinung forschen, er dürfte da auf gute Lehren stoßen, die zu beherzigen ihm Gewinn bringt. Was bei der Suche nach neuen Vertriebsmöglich keiten für das Sortiment Beachtung verdient, erscheint durch das Vorgehen einer Stuttgarter Vcrlagsfirma angedeutet. Wie aus der kürzlich adgedruckten Polemik im Börsenblatt ersichtlich ist, hatte sich ein Sortimenter dadurch benachteiligt gefühlt, daß der böse Verleger, ohne ihn zu fragen, im Bereiche seines Aktionsradius nicht buchhändlerisch gebildete Zivilisten oder sogar uniformierte Polizeisoldaten — das ist mir nicht mehr erinnerlich — als Agenten für den Vertrieb seiner Kriegschronik angestellt hatte. Der Herr Verleger- Kollege muß durch diese Maßnahmen recht gute Resultate erzielt haben, so daß anzunehmen ist, daß sich im deutschen Volke noch viele Elemente befinden, die, ohne fachmännische Vorbildung genossen zu haben, geeignete buchhändlerische Hilfskräfte darstellen. Was nun der Verleger aus der Ferne vermag, sollte eigentlich dem Sortimenter in seinem eigenen Tätigkeitsgebiet ein leichtes sein — warum also sammelt letzterer nicht diese tüchtigen Hilfstruppen um seine Firma? Die Gewinnung von Agenten in Orten, deren Kulturniveau noch nicht diejenige Höhe erreicht hat, die Lebensbedingung für ein zünftiges Sortiment ist, deren Bewohner also ihr Dasein noch ohne die Wohltaten, die ein solches mit sich bringt, fristen müssen, ist durchaus nichts Neues und wird von manchen Buchhandlungen mit großem Erfolg betrieben, aber sie ist noch viel zu wenig verbreitet. Viel, sehr viel mehr könnte aus diese Weise auf dem Lande abgesetzt werden, namentlich von der für die breiteren Schichten des Volkes bestimmten Literatur, deren höhere Rabattierung die Abgabe von genügenden Prozenten an die Agenturen gestattet. Es wäre deshalb nur zu wünschen, daß jener Eingriff des Ver legers in die vermeintlichen Monopol-Rechte des Sortimenters für letzteren vorbildlich wirkte, dann brauchten die Verleger fernerhin nicht mehr nach solchen Absatzmitleln zu suchen. Wenn also in solcher Art der Sortimenter unmittelbar seinen Um- und Absatz erheblich zu erweitern in der Lage ist, so wird eine Möglichkeit zur mittelbaren Steigerung desselben immer noch viel zu wenig beachtet. Ich meine die Steige rung des Absatzes durch eine entsprechende Auslage in den Schaufenstern und im Anschluß daran in den Läden selbst. »Zeige mir, wie du deine Bücher ausstellst, und ich will dir sagen, wer du bist«, könnte man das alte Weisheits wort variieren. Die Auslage soll stets sauber und ordentlich, sie soll praktisch angeordnet sein, so daß alle Einzelheiten zur Geltung kommen, sie soll im allgemeinen die Zweige der Lite ratur in ihren hervorragendsten Erscheinungen verkörpern, in den Hauptschaukästen der gerade herrschenden Strömung bzw. dem, was die Menschheit in hervorragender Weise bewegt, Rech nung tragen und in größeren Städten oder da, wo besonders reges Interesse für Literatur und Kunst vorhanden ist, wie z. B. in Universitätsstädten, noch den jüngsten wichtigen Er scheinungen aller Gebiete einen vorgeschobenen Platz ein räumen. Diese Regeln sind für Spezialbuchhandlungen natür lich mit entsprechender Einschränkung zu handhaben. Diesen Grundregeln wird aber im allgemeinen recht wenig entsprochen. Das Durchschnittsschaufenster des Buchhändlers zeigt ein regelloses Durcheinander, das den Vorübergehenden durch nichts Besonderes anzieht. Man steht ihm von weitem an, 334 daß seit Wochen nicht neu ausgestellt worden ist. Durch Ver kauf entstandene Lücken grinsen den Beschauer hohläugig an und gewähren einen Einblick in die Geheimnisse der Jnnen- konstruktion, die die oft recht ingeniösen Erfindungen des Erbauers verrät. Wo ein Ersatz für erforderlich erachtet wurde, ist das erste beste Buch, das gerade seinem Format nach patzt, verwendet worden Neuerscheinungen werden wahllos auf die anderen Broschüren gelegt, und so wächst aus der ehemals vielleicht ganz hübschen Auslage ein Trödel heraus. Tritt man in den Laden, so bietet sich natürlich dasselbe Bild. Wo bleibt da der Zweck des Ausstellens? Es gibt wirklich geschmackvolle und einladende Auslagen nach außen im Schaufenster und innen im Laden, und zwar nicht nur in bedeutenden Sortimenten, wo sie öfter zu finden sind, sondern auch in mittleren, ja in kleinen Geschäften, und letzteren kann man mit Sicherheit Voraussagen, daß sie bald den mittleren und großen beigezählt werden dürften. Ich sah speziell eine Weihnachtsausstellung in Frankfurt a. M., die mit sehr feinem Gefühl der Kriegszeit Rechnung trug und sicherlich die Geschenkstimmung der Besucher in hohem Maße an geregt hat. Ein geradezu klassisches Beispiel für die kunst- gerechte Auslage eines Sortiments bietet eine Stuttgarter Handlung: alle oben angeführten Regeln sind ohne Ausnahme darin berücksichtigt: sic könnte als mustergültig allen Kollegen zur Nachahmung empfohlen werden. Bei der stets sich drängenden Arbeit hält man es meist für einen Verlust, die nötige Zeit aus Instandhaltung von Schaufenster- und Ladenauslage zu verwenden. Das ist aber eine falsche Rechnung. Lernen wir doch von anderen Ge schäften, in denen das Aussteller! zu den wichtigsten Arbeiten gehört und Angestellte, die darin Erfahrung und Geschmack besitzen, sehr gesucht sind. Unsere Gehilfen sollten sich auch mehr mit diesem Teil ihrer Obliegenheiten befassen und sich bemühen, es zu größerer Kunstfertigkeit darin zu bringen. Wir müssen mehr auf unser Außeres halten, mit dem alten Flausrock macht man keinen Eindruck mehr, und wer dem Publikum nicht zeigen will, was er Gutes zu verkaufen hat, der bleibt auf seinem Kram sitzen. Also Krieg auch der Rückständigkeit! Krieg aber auch den Geistern, die sich an unserem deutschen Volke versündigen. Kürzlich wurde ich heftig be kannt, um zu einer Äußerung darüber veranlaßt zu werden, welche Beobachtungen ich bei den Kollegen bezüglich ihres Verhaltens gegenüber den Spitteler und Genossen und ihren Werken gemacht habe. Ich mutzte unwillkürlich das Liedlein: «Da streiten sich die Leut' herum. . .« Pfeifen, denn ich habe recht verschiedene Anschauungen gehört. Zunächst kann ich feststellen, daß die meisten sich nicht zu ereifern vermochten, da sie die Werke der Jnkulpaten weder kennen (d. h. gelesen haben), noch auf Lager führen. Von diesen bin ich überzeugt, daß sie jene Untaten längst werden vergessen haben, wenn jemand zu ihnen in den Laden treten und Maeterlincks oder Spittelers Werke verlangen sollte. Sie werden den Volckmar oder Koehler vornehmen, und: »jawohl, bitte, in 2—3 Tagen können Sie es haben« wird der Effekt sein. Es möge hierüber niemand lachen, es kommt zweifellos so, und nicht nur bei den kleinen Sortimentern, sondern auch bei vielen großen. Wohl gibt es auch manche, deren ganzes deutsches Gefühl sich aufbäumt bei dem Gedanken, es könnte ihnen zu gemutet werden, ein Werk solcher Deutschensresser zu besorgen, und die die Auseinandersetzungen im Börsenblatt mit größter Genugtuung verfolgen, aber sie werden bedeutend in der Minder zahl sein. Besonders erweckte es unseren Zorn, daß sogar deutsche Schweizer sich so vergessen konnten. Bet den Fran zosen, deren Erbfeind wir von jeher waren und ewig bleiben werden, wäre uns ein derartiges Verhallen nicht weiter aus gefallen, da ja doch stets Werke solcher, die Deutschland selbstverständlich ebenso hassen wie ihre Landsleute, hier übersetzt, gelesen und gekauft worden sind. So gut wie wir laut Goethe, obwohl wir den Franzmann nicht leiden mögen, seine Weine gern trinken, so gut können wir auch seine 'schönen Werke lesen, ohne unser Gewissen zu beschweren.
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