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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1936
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1936-10-07
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1936
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19361007
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Der Vater schenkt's dem Sohn, der Sohn dem Vater, der Vater der Mutter und die Mutter dem Vater. Denn von allen Büchern, die je über das Familienleben geschrieben wurden, ist keines so herzlich, echt und fröhlich wie: Vater möchte Mutter Sinn für Zahlen beibringen §) Üh ^ Jeden Monat gab cs Krach, wenn die Rechnungen cinlicfcn. Mutter verschwendete ja nicht gerade, aber sie hatte eine Vorliebe für hübsche Sachen, unter anderem eine wahre Leidenschaft für Porzellan. Sie sah Hunderte von hübschen Taffen und Schälchen, an denen sie nur schwer Vorbeigehen konnte, wußte ganz gut, daß sie sie weder kaufen konnte noch durfte, tat es oft aber doch. Jedes Ding einzeln für sich war gar nicht so teuer, aber es summte sich auf, und Vater behauptete, sie gebe mehr für Porzellan aus als das Windsor-Hotel. Vater hatte auch kein Verständnis dafür, warum das Anschreibenlassen für Mutter eine so große Versuchung war, für ihn war es das nicht. Er wußte, am Ersten würden die Rechnungen ja doch kommen und er würde sic bezahlen müssen. Er sagte, er habe erwartet, daß Mutter seine Gefühle in diesem Punkt teilen würde. Zuweilen kam es aber auch vor, daß Vater allen Mut dabei verlor. Das sprach er dann auch aus, und das betrübte nun Mutter wiederum so, daß sie sich wirk lich Mühe gab, alles anzuschrcibcn, auf die Rückseite von Briefumschlägen, auf abgerissene halbe Bogen aller Arten von Papier notierte sie sich jede erdenkliche kleine Ausgabe. Das gab sie dann Vater, vielfach durchstrichen und radiert, mit ineführenden Auslassungen. Er brütete darüber, rief sie dazu, um sich Erklärungen geben zu lassen, wollte wissen, was dies und jenes bedeuten sollte, kurz, machte ganz vergebliche Versuche, Ordnung in dies weibliche Chaos zu bringen. Manchmal, wenn auch nicht immer, konnte man Mutter durch Lob Herumkriegen. Kritik dagegen machte sie nur aufsässig, und nach der kleinsten Dosis davon schrieb sie eine Zeitlang überhaupt nichts mehr an. Sie müsse ja flicken, einkaufcn, die Kinder erziehen, erklärte sie Vater, sie habe keine Zeit zum Buchführen. Was habe cs auch für einen Sinn, hinter etwas dreinzulausen, das ja doch aus und vorbei sei - so etwas liege ihr nun einmal nicht. „Nun", sagte Vater mit Lammsgeduld, „laß uns dieser Sache gleich auf den Grund gehen und irgendwie zu einer Lösung kommen. Zeige mir mal deine Art, zeige mir, wie du cs machst." Mutter erwiderte fest, ihre Art sei, mit aller Mühe die Ausgaben niedrig zu halten. All ihre Freunde bewunderten sie aufrichtig deswegen, und Wards gäben bestimmt doppelt so viel aus wie wir. Vater sprach: „Zum Henker mit den Wards, sie verdienen ihr Geld auch leichter als ich. Ich will gar nicht wissen, wieviel sie ausgeben und wie sie ihr Geld aus dem Fenster schmeißen." Mutter antwortete: „O Clarence, wie unrecht von Dir! Das tun sie gar nicht. Sic richten sich alles aber gerne nett und behaglich ein, und ich dachte immer, du hättest Kusine Mary so gerne. Du weißt doch, wie gut sie aussicht, und sie hat Baby auch einen Becher geschenkt!" Vater erklärte, er könne Kusine Mary gerne haben, ohne gerade gerne solch Geschwätz über sie anzuhörcn. Er sagte, jeden Augenblick würde von ihr gesprochen. „Als ob du nicht auch immerzu von deiner Familie sprächest!" antwortete Mutter. Das fand Vater ungerecht. Wenn er nämlich von seiner Familie sprach, tat er das meistens, um etwas an ihr auszusetzen - und weiß Gott scharf genug. Vorläufig aber hielt er so viel wie möglich an sich, damit Mutter bei der Stange blieb. Er erklärte, er wolle ja gar nichts anderes sagen, als daß Kusine Marys Art nicht seine Art sei, es also zu gar nichts führe, über ihre Art mit ihm zu streiten. Mutter sagte: „Gott weiß, daß ich überhaupt nicht streiten will. Du fängst immer damit an, und wenn ich nicht einmal mehr von Kusine Mary sprechen darf..." „Das kannst du meinetwegen bis zur Erschlaffung tun", wehrte Vater sich heftig. „Aber ich dulde nicht, daß Kusine Mary oder sonst irgend jemand mir verschreibt, wie ich meinen Haushalt einrichten soll!" - „Ich habe kein Wort davon gesagt, Clarence, daß sie dir Vorschriften machen will. So ist Marn auch gar nicht!" - „Ich weiß schon gar nicht mehr, was du gesagt hast", antwortete wieder Vater. „Du bleibst ja nie bei der Sache. Aber allerdings hast du irgendwie angedeutet, daß Kusine Mary ..." - „Oh, Clarence, bitte, das habe ich nicht getan! Und ich kann cs nicht ertragen, daß du so unfreundlich von ihr redest, noch dazu wo sie dich immer so bewundert!" - Ähnlich verlief jedes Gcldgespräch zwischen den beiden. Vater gab sich alle erdenkliche Mühe, die Diskussion nicht abirren zu lassen, aber wenn er auch noch so ruhig anfing, schließlich geriet er doch in Verzweiflung, und die Wut ging dann gerade in der Richtung mit ihm durch, die Mutters Gcdankengang eben cinschlug. Und mitten darin pflegte Mutter abgerusen zu werden, um nach dem schreienden Baby zu sehen oder sich davon zu überzeugen, was sonst los war. Etwa, daß sie Frau Tobin, der Wasch frau, sagen mußte, Vaters Hemden müßten anders gefaltet werden. Wenn Vater sich dann beklagte, erinnerte ihn Mutter vorwurfsvoll daran, daß der Haushalt eben auch versorgt werden müßte. Vor dieser Taktik strich Vater die Segel. Aber kaum war er dann wieder im Kellerzimmer und zog seine ordentlichen Linien in die großen Bücher, faßte er von neuem den felsenfesten Entschluß, nicht nachzugcbcn. Hm Aster Deutsch von Hans Fallada Ausstattung: Prof. Emil Preetorius Kart. RM z.8o - Leinen RM 4.50 Unser Herr Vater, zärtlich gesehen von seinem Sohn, das ist Stoff und Thema für die dreißig Geschichten dieses unbeschwert humorigen Buches. Dieser Vater mußte ein solches Denkmal erhalten: er ist der Vater einer ganzen Epoche, der Familienvater, das Oberhaupt, Tyrann und Diplomat des häuslichen Kreises, gefürchtet und geliebt, hier geschildert, um auch vor uns zu lächelnder Erinnerung wieder zu erstehen in einem Buch der ganzen Familie Erscheint Mitte Oktober lZ) Vorzugsangebot auf dem Zettel Ernst Mmhll Aerlag - Derlln ZV §O
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