für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. Dienstags, den 3. September 1839. Der Buchhandel. Zusammengestellt und mitgetheilt von Otto Wigand. (Fortsetzung.) Einigkeit und gemeinsames Ringen nach Einem großen Zwecke fehlt zwischen den Verlags- und Sortimentsbuch handlungen. Einer beschuldigt den Andern der Unredlich keit , und in dem Hader geht die Starke und das Haupt ziel des Buchhandels, so weit dieses nicht in der nackten Speculation auf den Geldbeutel des Volkes besteht, ver loren. In manchen Beziehungen herrscht vollständige Willkür, zum Schaden des Publikums. Ein eigenthüm- liches Handelsrecht, besondere Tribunale, die dem Unwesen Zaum und Ziegel anlegten, hat der B. nicht, wird sie auch schwerlich bekommen, so lange Deutschland eine Musterkarte von Ländern und Ländchen, von Verfassungen und Ver- faffungslosigkeit, von Rechten und Gesetzgebungen dar stellt. Nicht einmal die Aufstellung eines Eompromißge- richts ohne Rechtskraft, aber mit moralischer und wissen schaftlicher Kraft, war bisher möglich. Alles beruht auf Usancen, auf Herkömmlichkeiten, die vordem vorhielten, jetzt bei der weiten Ausdehnung des B. unzureichend erschei nen. Der Willkür steht Thür und Thor offen, und das nennt man Freiheit der Eoncurrenz, Freiheit des literari schen Verkehrs. Je weiter die Anarchie in diesem edlen Geschäftszweige um sich frißt, desto schärfer wird die Spal tung, des B. in zwei Individuen, und kann leicht damit enden, daß der B. sich isolirt und jeder Buchhändler nur mit seinem Verlage handelt, und daß der Sortimentsbuch- händler, der wahre Vermittler zwischen dem Verleger und dem Publikum, zum gemeinen Büchertrödler herabsinkt. Damit siele denn auch eine der mächtigsten Stützen der 6r Jahrgang. Deutschen Geistesthätigkcit. Der Sortimentsbuchhändler klagt den Verleger der Geschäftserschwerung an. Er tadelt die Zerstückelung der Werke in Lieferungen, weil ihm dis Vcrtheilung der kleinen Portionen mehr Umstände macht» als wenn er ein voluminöses Werk zum hohen Preise mit einem Male seinen Kunden senden kann. Er scheut die Mühe des Debits und will mit Bequemlichkeit erwerben. Er sieht nicht oder will nicht sehen, daß die Heftliteratur nicht nur das Erzeugniß, sondern weit mehr das Bedürf- niß unserer Zeit ist, daß sie, eine kaufmännische Specula tion, dem B-, als er still zu stehen und zu sinken drohte, neuen Impuls ertheilte, weil dem Publikum Werke zu gänglich wurden, deren Dickleibigkeit und hohe Preise für dasselbe früher keine Anziehungkrast besaßen. Wie die Hestliteratur eine nothwendige Folge des Broschürenwesens und der Taschenausgaben war, so ging aus ihr die Pfen nig- und Hcllerliteratur hervor, in welcher das Sortiment gleichermaßen den Ruin des Deutschen Buchhandels zu sehen glaubte und behauptete. Die Versendung der No vitäten an die Sonimentsbuchhändler und von da in die Lesekreise des Volkes ist ein großer Vorzug des Deutschen B.; aber auch dieses Geschäft wird nicht allenthalben auf das Gewissenhafteste verwaltet. Hier dient die Novität als Tapete des Buchladcns, bis sie remitticl und durch neue Zusendungen erseht wird; dort bleibt die Novität, wird sie ja versandt, ein halbes, auch wohl ein Jahr lang bei einem Kunden liegen, und alle übrigen, vielleicht kauflusti gen Bücherfreunde erfahren nicht eine Silbe von dem Da sein des Werkes. Das jährliche Abrechnungsgeschäft bringt noch andere Beschwerden zur Sprache. Ein Theil der Verleger hat dagegen den Sortimentsbuchhändlern gegrün deten Anlaß zu Klagen gegeben. Die Manie des Spcculi- 139