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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.08.1878
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.08.1878
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- Deutsch
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3138 Nichtamtlicher Theil. ^ 186, IS. August. den jungen Goethe sichren zu müssen glaubte, und der zu Anfang dieses Jahrhunderts heftiger als je entbrannte und sich in Personen verkörperte, die uns Allen wohl bekannt sind. Daher denn auch in erster Reche der wilde Haß, der sich in unserer Preßfehde kundgibt, die Wuth des Angriffes im Morgen blatt gegen die Universität Heidelberg, welche damals als die festeste Burg der Romantik galt; wo neben dem alten Voß als Vertreter der elastischen Richtung, der aber, wenn er nicht antike Versmaße scandirtc, sich in seiner ganzen geistigen Unbedeutendheit zeigte, die namhaftesten Vertreter der Romantik, ein Brentano, Creuzer, Dank, Görres u. A. unbeschränkt herrschten. Unsere Schilderung wird darthun, daß beide Parteien, An greifer und Angegriffene, in ihrer wilden Kampflust weit über die erlaubten Grenzen hinausgingen, aber sie wird auch vor unserm geistigen Auge das Bild eines Mannes wieder heraufbeschwören, der, ganz ohne Roth als Verleger des Morgenblattes mit in die Fehde hineingezogen, vermöge seiner sittlichen Größe nicht nur in- tact, sondern auch allein als Sieger aus dem Streite hervorging. Dieser Mann ist einer der Unseren: er heißt Johann Friedrich Cotta. — Im Morgenblatt von 1807 erschien ohne Angabe des Ver fassers eine Serie von Briefen unter dem Titel: „Bruchstücke aus einer Reise durch Deutschland, die nächstens im Druck erscheinen wird", die aber das große Deutschland auf die schöne Neckarstadt Heidelberg beschränkte und sich lediglich mit localen und literarischen Interessen der Universitätsstadt beschäftigte. Man darf wohl ohne Ucbertreibung behaupten, daß der Stil, die Technik der Briefe keineswegs geschmackvoll und dem sonstigen Inhalt desMorgenblatts entsprechend waren. Excentrische Ansichten in ziemlich selbstbewußter, schroffer Manier vorgetragen, ohne wirk liche Kenntniß von Personen und Dingen, mußten sie auch die lammfrommsten Gemüther empören, zumal der Verfasser später selbst erklärte, daß seine publicistischen Mittheilungen, durch keine äußerlicheVeranlassuug hervorgcrufen, lediglich Harmlosigkeiten (?) eines literarischen und ästhetischen Reisenden von Ruf wären. Doch lassen wir den Verfasser, der sich im Morgenblatt ziem lich in extenso gibt, selbst sprechen und einige seiner Ansichten über Heidelberg und seine Person darthun. So schreibt er in seinem ersten Briefe: . .. „Ich hatte mir im nördlichen Deutschland so viel Schönes von Heidelberg erzählen lassen, daß ich ein Athen in einem Tempe erwartete. Hier hoffte ich zu finden, wonach mein Herz so lange schon schmachtete, den reichsten Geistesgenuß in den Armen der rei zendsten Natur. Daß meine Phantasie nicht unthätig blieb, die Bil der der frohen Tage, welche ich hier zu verleben hoffte, mit den reizendsten Mischungen ihrer Palette auszumahlen, können Sie leicht denken. Zwar vernachlässigte meine Erfahrung auch die Schatten nicht; allein diese dienen ja nur, das Colorit noch pikanter zu machen. Chinesische Gemählde können uns unmöglich genügen. Und diese Schatten wurden nicht etwa von außen hineingetragen, sondern ent fielen den Gegenständen selbst, wie dies in einem Gemälde von eini gem Werthe durchaus der Fall sein muß. Ich wußte, daß, wo die Natur viel thut, man ihr gern auch viel überläßt; wußte, daß die begünstigtsten Kinder der gütigen Mutter nicht immer auch die thätigsten sind; wußte, daß der Uebersluß an Siunengenuß den Sinn für Geistesgenuß gemeiniglich beeinträchtigt, und, bekannt mit dem Geiste der Universitäten, wußte ich auch,daßder Weg zu Miner- vens Tempel nicht immer durch den Tempel der Grazien führt." . .. Nachdem also der Verfasser der Stadt einige nichtssagende Complimente gemacht und dann ihre Einwohner und speciell die Universität des Sybaritismus in so durchsichtigen als dürren Worten bezichtigt hatte, geht er der Sache näher zu Leibe, sagt der altehr würdigen Ruperto-Carolina, insbesondere aber dem altenJ. H.Voß im Beginn des dritten Briefes wieder einige Elogen, um sie sofort werthlos zu machen, da er, was er zuerst im Allgemeinen lobt, später durch giftige Kritik im Einzelnen vernichtet: „Allerdings rühmt sich Heidelberg mehrerer berühmter Namen bey seiner Universität, und unverkennbar ist das Streben, diesen Ruhm zu behaupten. Die Professoren sind fleißig in ihrem eigent lichen Berufe und auch als Gelehrte, und mit wenigen Ausnahmen hat das, was von hier ausgeht, Werth. Auch die mit der Universität verbundenen Anstalten, das philologische und pädagogische Seminar, das Forst- undLandbau-Jnstitut, das Klinikum u. s. w. sind in dem besten Zustande, sowie denn auch gegenwärtig an einer neuen Organi sation des Gymnasiums sehr thätig gearbeitet wird. — Mit den Hülfsmitteln ist es ziemlich schlecht bestellt. — Die Bibliothek ist unbedeutend, außer im Fache der Staatswirthschaft, welches durch die Bibliothek der ehemaligen Kameralschule einen bedeutenden Zu wachs erhalten hat Das philologische Fach ist noch mit am besten, nur von neuerer Literatur muß man hier durchaus nichts suchen. — Dabey ist die Bibliothek noch nicht geordnet, sondern wird in einem nicht unansehnlichen Lokal in dem Universitäts-Gebäude nur erst provisorisch ausgestellt, um dann einen Catalogus fertigen zu können. Alle Bibliotheken im Großherzogthum haben jetzt den Auftrag, ihre Doubletten gegen einander auszutauschen, und aus ihrem Ueberflusse dem gegenseitigen Mangel abzuhelfen. Für Heidelberg fehlt es an Fonds. — So ist auch der technologische Apparat unter aller Kritik; der physikalische soll vorzüglicher sehn. — Die Buchladen sind gleichfalls nur mittelmäßig versehen. — Ein lobens- würdiges Institut ist die Lesegesellschaft der Buchhänd ler Mohr und Zimmer, wo man für ein mäßiges Abonne ment nicht nur die vorzüglichsten Zeitungen, Tageblätter und Journale — deutsche und französische — vorfindet, sondern diese auch nachher heftweise ins Haus geschickt erhält. — Jedoch ist dies nur der Fall für die Jahres abonnenten; der Fremde, welcher monatlich einenGulden bezahlt, hat nur den Zutritt in die Gesellschaft selbst. — Leideristauch hier die Unart ziemlich eingerissen, die ausliegenden Journale und Schriften einzustecken und Tage, ja Wochen lang bey sich zu behalten." So erfährt denn auch der Heidelberger Buchhandel, der um jene Zeit nachweislich eine sehr geachtete Stellung einnahm, von dem Allerweltskritiker ein wegwerfendes Urtheil, das dieser aber nicht so ruhig hinnahm, sondern gegen welches er später durch einen seiner be rufensten Vertreter, durch Zimmer selber Verwahrung einlegte. Der „Reisende durch Deutschland" aber, in der Metzelung der Heidelberger Capuaner fortfahrend, sagt in seinem vierten Brief: „Ueberraschend war mir eine Erscheinung ganz anderer Art, nämlich der bekannten Erzieheriun und DichterinRudolphi und ihres Instituts. Ein weibliches Erziehungs-Institut in einer kleinen Universitätsstadt? Wahrlich, lieber Freund, das gehört doch wohl zu den Zeichen unserer Zeit, in welcher die Ansichten der Dinge so ziemlich verschroben sind. Ehemals wurden die Mädchen in Klöstern erzogen, fern vom Andrange der Welt und besonders der männ lichen; jetzt — werden fünfzehn- bis siebenzehnjährige Mädchen unter dem Getümmel von Jünglingen von einigen zwanzig Jahren — gebildet! Daß daraus manche sonderbare Collisionen entstehen müssen, können Sie sich bei einem so unnatürlichen Zustande leicht denken. — Wird vielleicht dabey beabsichtigt, die weiblichen Zöglinge zugleich praktisch in Ueberwindung der Leidenschaften zu üben, und sie zu lehren, immer gegen ihre Gefühle anzukämpfen? — Auf diesen Kampf scheint denn auch eigentlich die Bildung des Weibes berech-
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