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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.01.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1929-01-08
- Erscheinungsdatum
- 08.01.1929
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- Deutsch
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6, 8. Januar 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtsch». Buchhandel. Baker, weil er »die Bücher beiseite gelegt« habe, um sich durch Umgang und Weltkenntnis für ein öffentliches Amt geschickt zu machen. Zur Strafe verliert Damis die ihm zur Ehe bestimmte schöne Juliane an Valer. Sein Diener Anton, der für ihn nur drei Gänge zu machen hatte — »zum Buchdrucker, zum Buch binder, in den Buchladen« — verläßt ihn am Schluß mit den Hohnworten: »Bleiben Sie zeitlebens der gelehrte Damis!« Hatte der junge Lessing so dem einseitigen Gelehrtendasein Valet gesagt, so mußte er nur zu bald erkennen, daß auch das Leben des Theaterdichters seine Schattenseiten hatte. Die Neu bersche Bühne konnte sich nicht halten, die Truppe stob in alle Winde auseinander und hinterließ Lessing ein übles Erbe: er hatte für die jungen Schauspieler gebürgt; da er nicht zahlen konnte, mußte er selbst Leipzig fluchtartig verlassen. Von Berlin aus sorgte er sich hauptsächlich um seine in Leipzig zurückgelassenen Bücher. Denn den plötzlichen Wider willen gegen sie hatte er bald überwunden. Sein literarisches Interesse war nicht verschwunden, sondern vielseitiger geworden, zur Wissenschaft war die Dichtung als unmittelbarere Abspiege lung des Lebens getreten. In Berlin kam zum Gelehrten und Dichter der Kritiker. Dem eifrigen Rezensenten der »Vossischen Zeitung« sind zahllose Bücher durch die Hände gegangen, und bei.manchen kurzen Anzeigen ist der Zweifel erlaubt, ob er die Bände wirklich von A bis Z durchgelesen. Ganz sicher wird man es nur von denen behaupten, die er übersetzt hat. Die be deutendsten unter ihnen sind die »Prüfung der Köpfe zu den Wissenschaften« von dem originellen Spanier Huarte, und »Des Herrn von Voltaire kleinere historische Schriften«, in denen der Übersetzer das Lob Sultan Saladins fand, das noch bis in seinen »Nathan« hinein wirkte. Diese Übersetzungen erschienen 1752 und 53. Schon vorher hatte der junge Schriftsteller die Genugtuung gehabt, seine ersten eigenen Werke gedruckt in den Händen zu halten. Als erstes Bändchen erschien bei Christian Friedrich Votz in Berlin 1749 »Die alte Jungfer«, nicht gerade das beste von seinen Lustspielen; der Verfasser war nur mit seinen Anfangsbuchstaben »G. E. L.« auf dem Titelblatte genannt. Im selben Jahr kam bei Joh. Benedikt Metzler in Stuttgart die ziemlich frivole Verserzählung »Der Eremit«, mit gutem Grunde anonym, heraus. Der volle Name hätte dagegen mit Recht erscheinen können auf dem näch sten seiner Bücher, der Sammlung seiner Gedichte, die wiederum Metzler in einem reizvollen Klein-Oktav-Bändchen 1751 unter den irreführenden Verlagortsnamen Frankfurt und Leipzig herausbrachte. Von der zweiten Auflage an bekannte sich der Verfasser, von der dritten an der Verleger zu dem Buche; bei Lessings Lebzeiten erreichte es fünf Auflagen, bis zum Nathan sein größter buchhändlerischer Erfolg. Die »Kleinigkeiten« machten nicht nur beim Publikum ihren Weg, auch ernste Kritiker, wie der Göttinger Professor Michaelis, lobten öffentlich die leichte Ware. Das hat offenbar den Ver fasser ermutigt, als Vierundzwanzigjähriger seine gesammelten Werke herauszugeben. Von 1753 bis 1755 erschienen in sechs gefälligen Duodezbändchen bei Voß in Berlin »G. E. Lessings Schriften«. Sie zeigen ihn der Mitwelt als Lyriker und Lust spieldichter, Gelehrten und Kritiker. Den Ruf ihres Verfassers als größten lebenden Dramatiker begründete im letzten Bändchen das Stück, das, jetzt völlig veraltet, damals mit seinen Schwächen ebenso wie mit seinen Vorzügen der neu herangekommenen Zeit bürgerlicher Dichtkunst in Deutschland den bezeichnendsten Aus druck gab: Es ist »Miß Sarah Sampson«, das erste deutsche Trauerspiel, das nicht Könige, nicht antike Heroen oder christ liche Märtyrer, sondern bürgerliche Zeitgenossen zu Helden hat. Die Heimat dieser bürgerlichen Dichtkunst war England; um sie kennen zu lernen, entschloß sich Lessing, die Stellung als Reisebegleiter eines reichen Leipziger Kaufmanns Winkler an zunehmen. Die Reise mußte aber jäh abgebrochen werden, als Winkler in Amsterdam den Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und die Besetzung Leipzigs durch die Preußen erfuhr. Von den Eindrücken dieser Reise erwies sich einer als folgenreich; von Braunschweig aus wurde ein Abstecher gemacht, um die berühmte Wolfenbüttler Bibliothek zu besichtigen; sie machte auf den großen Bücherfreund einen nachhaltigen, für seine letzte Lebensepoche 22 entscheidenden Eindruck. In Leipzig war des Bleibens nicht für den überparteilichen Lessing, der in den Debatten über den Krieg den Sachsen als Preußenfreund, den Preußen als Sachse erschien. Schließlich hat er den Krieg bekanntlich auf preußischer Seite als Sekretär des Generals v. Tauentzien, Gouverneur von Breslau, mitgemacht. Der Breslauer Aufenthalt, von 1760 bis 1765, zeigt Lessing wieder ganz als leidenschaftlichen Bücherfreund. In seiner vielen dienstfreien Zeit sieht man ihn auf Bücherauktionen, in den Buchläden, vor allem in den Breslauer Bibliotheken mit ihren alten, noch großenteils ungehobenen Schätzen. Es waren die Rhedigersche Bibliothek, die Marien-Magdalenen-Bibliothek und die Bibliothek von St. Bernhardin in der Neustadt, mit deren Verwalter, dem gelehrten Rektor Klose, er sich sehr ansreundete. Die ausgedehnte Lektüre der Kirchenväter, die er hier trieb, kam den theologischen Schriften seiner letzten Jahre zugute; die Gedichte des Andreas Scultetus, eines fast vergessenen schlesischen Dichters des 17. Jahrhunderts, die er hier fand, hat er später herausgegeben. Die — für Lessings Ansprüche — großen Ein künfte seiner Stelle erlaubten ihm, sich eine wertvolle Bibliothek von über 6000 Bänden zu erwerben. Er hat die Bücher teil weise freilich durch eigene Schuld sehr überzahlt. So beauftragte er einmal bei einer Berliner Bücherauktion zwei Freunde, auf Lieblingsbücher von ihm zu bieten; sie trieben sich gegenseitig hoch, um schließlich festzustellen, daß sie beide für Herrn Lessing in Breslau geboten hatten! In dem Breslauer Lessing, der Bücher las, sammelte, herausgab, haben wir nun endlich auch den klassischen Bücherschreiber zu bewundern. Die ersten Meister werke des Dichters und des Prosaisten, die Minna von Barn helm und der Laokoon, gehn auf die Breslauer Zeit zurück. In Berlin, wohin er sich nunmehr wieder wandte, hielt ihn eine Zeitlang die Hoffnung fest, Verwalter von Bücherschätzen, als Leiter der Königlichen Bibliothek, zu werden. Nach Fähigkeit und Neigung der geeignete Mann, ist er bekanntlich durch das ungünstige Vorurteil, das der König gegen ihn wegen einer jugendlichen Nachlässigkeit gegenüber Voltaire behalten hatte, um die Stelle betrogen worden. Wie Lessing inzwischen als freier Schriftsteller in Berlin arbeitete, davon hat uns sein Bruder Karl eine bezeichnende Schilderung aufbewahrt. Sie ist wichtig, weil sie den Unterschied deutlich macht zwischen Lessings Ver hältnis zu den Büchern und dem etwa Goethes und Schillers. Auch diese Klassiker waren ja »literarische« Dichter im Sinne unserer Eingangsworte, aus Büchern lernend, zwischen Büchern lebend. Aber in der Glut des schöpferischen Prozesses, während etwa Schiller die Szenen eines Dramas niederschrieb, sahen sie doch kein Buch an. Anders Lessing; er schrieb im ununterbroche nen Austausch mit seinen Büchern, immer wieder Anstöße von ihnen erwartend und erhaltend. Der Bruder zeigt ihn uns, wie er in der Stube, denkend, Sätze formend, auf und nieder geht. Da fällt sein Blick auf den Titel eines Buches in den Regalen; der Titel reizt ihn, er schlägt den Band auf, findet einen Gedanken, der ihn von der gegenwärtigen Arbeit ablenkt, aber so vortrefflich ist, daß er ihn wenigstens aufschreiben muß; im Aufschreiben knüpfen sich neue Jdcenverbindungen daran, — und so geht es weiter, bis ein äußerer Zwang, vielleicht der Druckerjunge, der Manuskript verlangt, zur Konzentration auf die erste Arbeit zwingt. Die hält dann so lange vor, bis die Bücher an den Wänden dem Autor »einen neuen Streich spielen«. Von Berlin ging Lessing fort, wie er bitter an seinen Vater schrieb, »nachdem mir das Einzige,- worauf ich so lange gehofft und worauf man mich so oft vertröstet — die Bibliothekarstelle — fehlgeschlagen«. Er fand in Hamburg als Dramaturg des von einigen reichen Bürgern gegründeten »Nationaltheaters« die neue Aufgabe, der wir seine »Hamburgische Dramaturgie« verdanken. Aus einem Brief Lessings an Gleim wissen wir, daß er neben dieser Stellung von vornherein ein zweites Unternehmen für Hamburg ins Auge faßte. Mit dem angesehenen Sprachlehrer, Journalisten und Übersetzer Johann Joachim Bode verband er sich zum Betrieb einer Druckerei. Sie sollte die Werke der besten lebenden Dichter in vorzüglicher Ausstattung drucken und als »Buchhandlung der Gelehrten« zugleich verlegen. Für den Vor abdruck war eine Zeitschrift »Deutsches Museum« in Aussicht ge-
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