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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.07.1930
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- 1930-07-29
- Erscheinungsdatum
- 29.07.1930
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- Deutsch
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x° 173. 29. Juli 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. „Frank Allan", die meistgelesene Schrift Deutschlands. Das ist allerdings nicht durch Volksbegehren oder Umfrage »an Alle« festgestellt worden. Aus den Antworten von über 25 000 Schülern in Volks-, höheren und Fortbildungsschulen Deutschlands hat der bekannte Berliner Stadtrat Rektor W. Gen sch — dem Wunsche des Wohlfahrtsministeriums folgend — Aufschluß gewonnen über den Lesestoff der jungen Menschen an diesen Schulen. Wer nach dem ersten Satz erleichtert aufatmet, weil ihm die Behaup tung der Überschrift unglaublich, ungeheuer und unerträglich scheint, den geht aber an, was über das Ergebnis dieser Untersuchung von Antworten aus der Masse in Nr. 7 der »Jugendschriftenwarte« (Verlag Wilhelm Senger in Hamburg, Curiohaus) berichtet wird. Gensch bietet uns eine niederschmetternde Revue. Er wandte sich an alle deutschen Jugendschriften-Prüfungsausfchüsse mit der Bitte, in den Klassen der erwähnten Schulen folgende Ansprache zu halten: »Liebe Schüler, in Berlin soll ein Mann darüber sprechen, was ihr eigentlich lest. Nun schreibt das mal alles auf einen Zettel und vermerkt hinter jedem Buch, ob es eine Liebes-, Räuber-, Indianer-, Detektiv-, Industrie-, Natur-, Tier- und Revolutions geschichte ist oder wie ihr es bezeichnen wollt. Schulbücher scheiden aus. Zeitungslektüre angeben. Ihr braucht dann bloß noch dar unterzusetzen: 1. euer Alter (z. B. . . . Jahre) 2. K. oder M. (Knabe oder Mädchen) 3. die Art der Schule: V., H. oder F. (Volks-, Höhere, Fortb.). Wer keine Bücher liest, macht nur die Angaben von Alter, Schule usw. und gibt im übrigen das Blatt leer ab. Ich gebe euch die Versicherung, daß ich selbst die Arbeit nicht ansehen werde«. Bei der Bearbeitung der eingegangenen Zettel halfen 30 Jugendschriftler des Landesverbandes Berlin-Brandenburg der Ver einigten Deutschen Prüfungsausschüsse für Jugendschriften. »Sie fühlten sich zuerst sehr niedergeschlagen, fanden sich dann aber auf dem Boden der Tatsachen, daß Lesen mit Leben gleichzusetzen sei«. Der Berichterstatter deckt die Fehlerquellen auf, die auch in diesem Falle ein statistisch-wissenschaftlich genaues Bild nicht gewinnen lassen, doch bleibt nicht minder wichtig und von zwingender Bedeutung, was als Tatsache, als Wirklichkeit hier festgestellt wird. Sei es der Lese stoff einer Mädchenklasse aus dem proletarischen Großstadtviertel, der in seiner sinnlosen Menge und Buntheit die Thesen vom Nichtlesen widerlegt, oder die Feststellung, daß Bücher »ein zähes Leben führen«, weil Dinge, die im Handel gar nicht mehr zu haben sind, von Danzig bis Freiburg immer noch als Lesestoff gemeldet werden: alle Einzelheiten aus Genschens in knapper Sprache gehaltenen Dar stellung gehen den Buchhändler an. Es muß alle Beteiligten zum Nachdenken und Handeln bewegen, wenn wir lesen: »Auf Böden und in Kellern scheinen sich unerschöpfliche Men gen zu bergen. Also kann die Versicherung eines Verlegers, irgendeine seiner Schriften sei nicht mehr vorhanden, wohl nur für seinen Lagervorrat gelten. Diese Vielleserei ist so groß, daß sie einen Heimatcharakter nicht zuläht, denn daß die betreffenden Ortszeitungen gelesen werden, kann man wohl kaum so deuten. Manchmal hat man an der Wasserkante einige Zettel, die sich besonders auf See-Erleben beziehen, aber vielleicht entspricht das dem besonderen Angebot in den dortigen Läden. Die Einseitigkeit der Leseangaben läßt es gut zu, daß Zettelpakete aus Stadt und Land, aus dem Norden und Süden, aus Ost und West ruhig vertauscht werden können«, und weiter: »Das Charakteristische bei den Mädchen ist die Hingabe an das Mädchenbuch. Nesthäkchen wird vom 7. bis 22. Jahre gelesen. Die Bücher werden prozentual etwa so angegeben, wie sie die obige Klasse zeigt, doch steigern sich diese Angaben manchmal bis auf 65 Prozent des ganzen Lesestoffes. Es erübrigt sich, an dieser Stelle über das innerlich Haltlose, Weichlich-Kitschige der artiger Mädchenbücher zu sprechen, aber die Fülle der Erscheinung in der Umfrage kann mutlos machen. Daran sind aber die Er zieher selbst schuld. Die Eltern kaufen eben Mädchenbücher in ungeheuren Mengen«. Nicht nur im kritischen Betrachten verweilt der Berichterstatter, er weist auch hin auf das, was gelernt werden kann: »Wenn von 14jährigen Volksschülerinnen, und das ist nicht selten, Casanova, die Zeitschrift »Die Ehe« in Stadt und Land bei Gleich altrigen gern gelesen wird, wenn »Jahrgang 1902« ebenfalls der Aufmerksamkeit der Kinder nicht entgeht und Hodann »Bub und Mädel« vom 12. Lebensjahre bei Mädchen, vom 13. bei Knaben vorkommt, ebenso Lindsey und Remarque überall gelesen werden, 716 dann erscheint es beinahe komisch, daß man sich stundenlang darüber auseinandersetzt, ob Kellers »Dietegen« eine sexuelle Verwirrung in den Kinderköpfen und Kinderherzen anrichten könnte! Gerade umgekehrt muß verfahren werden: Dichtungen, deren Schwung den Menschen mächtig mitreißen, die Allzumenschliches in edler Form bringen, gerade die muß man, unbeachtet der Darstellung wirklicher Verhältnisse, den Heranwachsenden in die Hand geben. Gewiß ist in der öffentlichen Kritik üblich, irgendein kleines Stück einer Arbeit, also hier z. B. eines Verzeichnisses, herauszugreifen, über solche Stellen wie bei »Dietegen« große Entrüstung zu zeigen und das Ganze als jugendverderbend hinzustellen«. »Uber den Vertrieb des Schundes«, sagt Gensch am Schluß seines Aufsatzes, »konnte durch Angabe teils der Zettel selbst, teils durch Nachfrage einiger Aufschluß gewonnen werden. Leihbüchereien in den Städten geben ein Zwanzigpfennighest gegen Erlegung des vollen Preises ab und erstatten bei Rückgabe am folgenden Tage 15 Pf. Neuerdings machen auch fliegende Händler davon Gebrauch. Friseur geschäfte werden als Quellen angegeben. Ein dörflicher Friseurlehr ling teilt mit, daß er Schundhefte besitze und ausleihe. Außerdem verleiht und tauscht die Jugend unter sich, zumal einzelne Leser ihren Besitz auf 200 bis 300 Hefte beziffern. In Wirklichkeit ist also keine Lebens- oder Schulgemeinschaft ohne beträchtliche Schundmcngen. Die Angaben unserer Rundfrage entsprechen nicht den Tatsachen, sie sind überall zu gering. Das ergibt sich aus Vergleichen mit anderen Schulen, wo eine größere Offenheit und darum ein stärkerer Bekennermut herrscht; die Nachfrage hat das bestätigt. In einer großstädtischen Knabenvolksschule, die gar keinen Frank Allan ange geben hat, wurden die Jungen persönlich befragt und bewiesen eine umfassende Kenntnis des gesamten Schundmaterials. Dasselbe zeigte sich bei einer literarisch sehr gut ausgestatteten und betreuten Schule. Nun könnte der Einwand gemacht werden, daß literarische Erziehung dem Schundrauschbedürfnis gegenüber ohnmächtig sei. Aber die Schule erzieht ja nur zu einem Teil. Die Lebensverhält nisse, vor allen Dingen die tägliche Umgebung, Familie, Geschäft, Verein greifen viel tiefer in die Wesensbildung des Jugendlichen ein. Immerhin wäre der Gesamtstand besser und unsere Arbeit erfolgversprechender, wenn die große Mehrzahl aller Volks-, höheren und Berufsschulen sich unserer Arbeit widmen würde. Es muß eben die Aufgabe der Prüfungsausschüsse sein, unermüdlich in dieser Richtung weiterzustreben«. W. M. Sch. Weniger Porto! Ein Vorschlag für Verleger und Sortimenter. Von Johannes B a n z h a f-Gütersloh. Jeder Geschäftsmann sinnt heute auf alle möglichen Mittel und Wege, seinen Betrieb zu vereinfachen und rentabel zu gestalten. Er sieht seinen ganzen Betrieb an und fragt bei jeder Arbeit: ist sie nötig?, ist es nicht doppelte Arbeit?, läßt sie sich nicht vereinfachen? Und dann sieht er sich sein Unkostenkonto an und fragt dann noch einmal: ist das nötig?, wo kann ich hier sparen? Und des Rätsels Lösung heißt: sparen! Beim Buchhändler ist immer die Portokasse das Sorgenkind, weil sie unheimliche Summen verschlingt. Eigentlich sollte es Selbstver ständlichkeit sein, daß die Leute, ob es nun Lehrlinge oder Gehilfen sind, die die Portokasse verwalten und die tägliche Post frankieren, die postalischen Bestimmungen durch und durch kennen. Daß das aber nicht so ist, zeigen die vielen zu hoch frankierten Bücherzettel. Ich habe einmal eine Stichprobe gemacht: jeder zwölfte Zettel war zu hoch frankiert! Und da waren sogar große Firmen dabei mit Selbstfrankiermaschinen. Hier aber über die Bücherzettel zu reden, fehlt der Platz. Uber dieses Thema hat Oberpostsekretär Schlichter eine Broschüre zusammengestellt, die im Verlag des Börsenvereins erschienen ist und recht wertvolle Anleitungen enthält. Jede Firma sollte ihren Lehrlingen diese Broschüre schenken. Ich möchte einige praktische und erprobte Vorschläge machen, die für Verleger und Sortimenter von großer Bedeutung sein können, wenn sie beachtet werden. Ein Beispiel: Herr Professor Schöller in Jena schickt seinem Buchhändler in Magdeburg eine Bestellung auf bas Buch »Neno, Römische Grabstätten«, mit dem Bemerken, daß er es in spätestens drei Tagen haben muß. Nun schickt der Sorti menter, dem das Buch auf Lager fehlt, eine Bestellkarte an den Ver leger mit dem Vermerk: direkt zu senden an Herrn Prof. Schöller, Jena, Jahnplatz 3. Diese Karte kostet 8 Pf. Die Rechnung des Ver legers an den Sortimenter und die des Sortimenters an seinen Kun den kosten je 15 Pf. Porto, das Buch selbst noch 40 Pf. Das gibt zu sammen für eine einzige Bestellung 78 Pf. Spesen. In den aller-
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