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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1931
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- 1931-01-02
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- 02.01.1931
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im Zusammenhang mit der Religion bei der Bischossweihe hervor. Im 4. und 5. Jahrhundert wurde hier eine Zeremonie befolgt, nach welcher dem zu weihenden Bischof von zwei Bischöfen das Evan- gelienbnch anf Haupt und Nacken gehalten wurde, während ein dritter den Segen erteilte. Zu erwähnen ist hier auch der Gebrauch des Buches als Amulett in mißbräuchlicher Verkennung seines Zweckes. Daß Kranke durch Berührung mit Evangelienbüchern oder der Bibel die Heilung zu finden hofften und glaubten, bildet kein kleines Kapitel in der Geschichte des menschlichen Irrglaubens. Noch schärfer aber trat die kulturelle Herrschaft und geistige Übermacht des Buches anf der Grundlage der Religion und Kirche in der späteren Zeit des Mittelalters auf: hier finden wir zeit weise das Buchgewerbe fast ganz in den Händen der Kirche liegen. Es ist die Zeit des Mönchtums, das für die fortschrittliche Entwicklung und Gestaltung des Buches im technischen Sinne Hervorragendes geleistet hat. Das Kapitel des »Mönchbandes« ge hört in der Geschichte der Buchbindekunst unleugbar zu einem der schönsten und bedeutendsten. Wir alle kennen die reifen Meister werke klösterlicher Buchbindekunst, wie sie aus dem Mittelalter auf uns gekommen sind. Der Gedanke, zur »höheren Ehre Gottes«, der Religion zu arbeiten, verlieh dieser mittelalterlichen Buchbinde kunst der Klöster in der Ausstattung der Bücher etwas Unbegrenztes. Der Purpur der Kirche spiegelte seine blendenden Reflexe in dem reichen Buchschmuck wider. Eiu vom strahlenden Prunk getragener Kultus der Kirche konnte an der äußeren Form des Buches nicht achtlos und spurlos vorübergehen. Lederüberzüge und Metallbeschläge wurden von kunstgeübten Mönchen geschaffen; Kirche und Religion finden in dem Buch jetzt auch ein machtvoll dekorativ wirkendes spielt. Zu den farbenprächtigen Gewändern der Kirchendiener ge hörte ein gleiches Buch. Daß die innere Ausstattung der Bücher gegenüber dem Äußeren nicht zurückstand ist selbstverständlich. Da man auf diese Bücher in der Blüte der Mönchszeit zur Herstellung so unsagbar viel Zeit verwandte, so erhielten diese künstlerischen Buchschöpfungen ohne weiteres den Wert von Kleinodien. Es war die Zeit, wo sich das Buch fast ausschließlich in den Dienst der Religion und Kirche gestellt sah. Die anderen Kulturgebiete traten demgegenüber völlig zurlick und waren bedeutungslos. Aber die für die Buchkunst so fruchtbare Mönchskultur sollte in ihrem letzten Dasein noch jene Zeit erleben, die fiir das Buch den Anbruch einer neuen, gewaltigen Geschichtsepoche bedeutete. Die Zeit des »Buches« im volkstümlichen Sinne war im mönchischen Mittelalter denn doch noch nicht gekommen: es war noch immer ein Vorrecht eines ge wissen Wohlstandes und einer entsprechenden Bildung. Von Mainz aus sollte das Buch neue Wege und neue Bahnen gewiesen er halten. Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst brach im technischen Sinne für das Buch ein neues Zeitalter an, das eine ungeahnte Blüte des Buches einleitete. Wohl blieb noch kurze Zeit das Buch auch jetzt noch im weiten Umfange Diener der Kirche und Religion, aber fortan bemächtigten sich auch die anderen Kulturgebiete des menschlichen Geistes mehr und mehr des Buches, das so zum Mittler der gesamten Kultur wurde. Die bewegliche Drucktype, die Letter, hatte die alte ehrwürdige Mönchsfeder auf der ganzen Linie be siegt. Die Reformation bildete, wie in so vielem, zugleich einen Wendepunkt in der Geschichte des Buches. So kam es, daß der Humanismus die Klöster ihres jahrtausende alten buchgewerblichen Vorrechts beraubte, Schöpfer des Buches zu sein. Ein zweiter und mächtiger Faktor trat jetzt in die Entwicklungsgeschichte des Buches ein, das war der Fürstenhof. Eine Zeitlang schien es, als wenn zwischen Bischofssitz und Fürsteufttz sich ein friedlicher Wettstreit buchgewerblichcr Kunst entspinnen sollte. Die Reformation nicht nur als der Born einer neuen Religion sondern auch als die Quelle einer neuen Kunst wurde für das Buch im weitesten Maße fruchtbar. Die Behauptung ist zn rechtfertigen, daß ohne das Buch aus der damals technisch neuen Grundlage ber Buchdruckerkunst die Re formation vielleicht niemals diese Bedeutung und Ausdehnung er langt hätte, die sie in der Folge erreichte. Noch einmal sollte in der Reformation die Religion über das Buch einen beherrschenden Sieg feiern, der letzte, der auf dieser Grundlage erfolgte. Die deut schen Bibcldrucke jener Zeit bilden den markantesten Ausdruck hier für: sie zeigen das Buch noch einmal in der Allmacht der Religion nnd Kirche. Aber fortan vollzog sich unaufhörlich und unaufhaltsam die Loslösung des Buches von der Religion, von der Kirche. Es war gleichzeitig auch eine Reformation des Buches angebrochen. Buch und Literatur, Buch und Wissenschaft werden fortan gleichberechtigt neben Buch und Religion. Vollends im 18. und 19. Jahrhundert forderten die Fortschritte von Wissenschaft, Literatur und Kunst in immer steigendem Maße gebieterisch ihren Anteil am Buch. Vergeblich blieben die Versuche 4 der Kirchenkunst, dem Buche ein typisch kirchliches Gepräge aufzu- prägen: der freie ungebundene Geist der Aufklärung ließ sich nicht mehr zurückdrängcn. In den modernen Bibelgesellschaften sehen wir die letzten Zeugen dieser einstigen großartigen Herrschaft von Kirche und Religion über das Buch vor uns, zu einem stillen segens reichen Wirken berufen und entschlossen. Das Buch war mündig geworden und ging zielbewußt den Weg seiner eigenen Kultur. Unsere Zeit hat kaum den Stil einer eigenen religiösen Buchkunst gefunden, wenngleich es an Ansätzen hierzu nicht gefehlt hat. Bibel und Gesangbuch, das eigentliche Hauptfeld der religiösen Buchkunst, haben zwar manche hochkünstlerische Gestaltung erfahren, doch zu einem religiösen Buchstil ist es bislaug nicht gekommen. Dennoch wiry man sich stets dankbar erinnern müssen, daß an der Wiege des^ Buches die Religion stand, die unendlich viel zum kulturellen Sieges lauf des Buches beitrug. vr. P. Märtell. Bücherkrieg in Frankreich im 17. Jahrhundert. Die vereinigte Zunft der Buchhändler und Buchdrucker ge noß im 17. Jahrhundert in Frankreich großes Ansehen. Ihre Mitglieder erfreuten sich mancher Vergünstigungen, verschiedene Steuern waren ihnen erlassen, sie waren vom Militärdienst befreit u. a. m. Der Universität unterstellt, mußten die Buchhändler von Paris Geschäft und Wohnung im Universitätsviertcl haben. Hohe Forderungen wurden an die Zunft gestellt, sowohl Buchhändler als Typographen sollten in Latein geprüft sein und Griechisch wenigstens lesen können. Es war eine goldene Zeit für den Buchhandel, Klöster, Bücher sammler, vornehme Herren statteten ihre Bibliotheken mit vielbän digen, kostspieligen Werken aus, die iu unseren Tagen so schwer einen Käufer finden. Die Schäferromane spannen ein langes Garn, sic fanden immer, wie Boileau klagt, un umrebanck pour Io8 vanckro ot ck68 sots pour 168 lire. Die Nachfrage nach ihnen war noch größer als die sehr bedeutende nach Predigtsaminlungen und Gebetbüchern. Edelleute und wohlhabende Bürger verschlangen Verse und Theater stücke. Das beste Geschäft machten die Buchhändler mit Pamphleten, geistreichen und derben, man riß sich darum. Einige Buchhändler wurden reich, andere lebten von einem Tag auf den andern. Bigot, ein Bibliophile des siebzehnten Jahrhunderts, sagte, um Bücher zu kaufen habe er immer den Tag vor oder nach einem Festtag gewählt. Am Vorabend verkauften die Buchhändler billiger, um sich amüsieren zu können und am nächstfolgenden, um den leeren Beutel wieder zu füllen. Indes sollten die zünftigen Buchhändler bald vpn »fliegenden unterboten werden. Diese besuchten mit ihrem Büchcrkram den Jahr markt von Saint-Germain und die Jahrmärkte in der Umgegend von Paris, hatten ihre Stände am Quai vom Pont-Ncuf und machten glänzende Geschäfte, die besten zur Zeit der Fronde mit Pamphleten. . Die zünftigen Buchhändler bemühten sich, ihnen das Handwerl zu legen und erlangten auch fine Verordnung vom Magistrat, in der es hieß: Niemand dürfe eine tragbare Bibliothek haben oder Bücher im Freien auslegen, am wenigsten in der Nähe des Pont Neuf. Wer dagegen handle, dessen Ware würde konfisziert und versteigert, der Erlös gehöre dem, der den fliegenden Händler de nunziert habe. Guy Patin (der berühmte Arzt und Sittcnschriftsteller) findet diesen Bücherkrieg sehr lustig. In seinen hintcrlassenen Briefe» erzählt er: Fünfzig fliegende Buchhändler wären vom Pont-Neus abgeschafft worden und wollten wieder dahin. Der Kanzler, der erste Präsident, der Generalprokurator, der ganze Hof, die Königin Regentin (Maria von Medicis) stünden aus Seite der Zunft. Doch die Kammerdiener des Königs, die jährlich von diesen Buchständen eine gewisse Anzahl Pistolen (goldene Fünstalerstücke) als Benefiz einnahmen, verwendeten sich bei der Königin für sie, aber vergeh ! lich. Um das Platzrecht am Pont-Neus nicht zu verlieren, gaben die Kammerdiener die Plätze an Händler mit Seidenstrnmpfen. De» fliegenden Buchhändlern wnrdc vorgeworfen, sie verkauften zu viel »unvollkommene« Werke, in denen Seiten, sogar Bände fehlten, ge stohlene Bücher, die ihnen täglich Bediente, Mägde und Kinder brachten. Sie hatten indes am Hofe auch einen Verteidiger, den Zeremonicnmeister de Saintot, der ihnen einen Aufschub von drei Monaten erwirkte, damit sie sich nach einem Laden für ihr Geschäft umsehen konnten. In seiner Eingabe an die Königin sagte er, es siege im Interesse der ärmeren Schriftsteller, wenn die fliegenden^ Buchhändler billig verkauften, man fände bei ihnen auch unbe deutendere Bücher, die man in den Läden vergeblich suchte nnd schließlich würden bei der Zunft ebenso viel verbotene verkauft.
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