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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1931
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- 1931-01-02
- Erscheinungsdatum
- 02.01.1931
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hier unter anderem handelt, hat der Leipziger Professor Leviu L. Schilling in großen Zügen unter einem besonderen Gesichts punkt einmal dargestellt (Die Soziologie der literarischen Ge schmacksbildung. Leipzig, Teubner, 1931). Er hat dabei nachge wiesen, wie die Veränderung der die literarische Entwicklung tra genden Volksschichten und ihre Ablösung in dieser Aufgabe zwangsläufig auch den Charakter des literarischen Geschmacks und damit der Literatur selbst wandelt. Man findet da sehr tryffende Aufschlüsse über die Bedingungen des literarischen Er- fylges. Allen buchhändlerischen Kreisen, die sich über Werbungs probleme unterhalten und darin fortbilden wollen, kann das /eingehende Studium dieser Zusammenhänge nur angelegentlichst empfohlen werden. Aber auch alle Kritiker, die über den Nie dergang der Literatur und das angebliche Versagen des Buch handels dabei zu klagen belieben, mögen sich in die hier ange schnittenen Fragen einmal recht ernsthaft versenken. Sie werden für viele Rätsel die Erklärung finden und ihr Urteil danach hoffentlich wandeln. Zum Teil kommen sie bereits auf den rich tigen Weg. Bernard von Brentano z. B. (Kapitalismus und Schöne Literatur. Rowohlt) hat eben erst sehr richtig darauf hingewiesen, daß vieles, das an den heutigen literarischen Ver hältnissen nicht befriedigt, darauf zurückzuführen ist, daß der Schriftsteller nicht mehr wie früher Sprachrohr einer bestimmten Schicht ist, die weiß, was sie will. Wenn Brentano dabei der psychologischen Schriftstellerei das Todesurteil spricht, so er innert übrigens gerade das an die Debatte, die vor einiger Zeit in England genau so über die psychologische Novelle geführt worden ist. Alles aber, was Brentano fordert und ablehnt, führt ebenfalls auf soziologische Hintergründe. Und gerade im Hinblick darauf muß nun auch noch einmal an das Geburten problem erinnert werden. Man braucht sich nur vor Augen zu halten, daß ein großer Teil unserer literarischen Produktion seinen hauptsächlichsten Markt in der Großstadt findet und dafür geschrieben ist, daß aber die Großstadt nicht aus sich selbst, son dern nur noch durch Zuwanderung wächst, um dann sicherlich sofort fragend zu stutzen, ob denn die Literatur darauf eingestellt war. Erklären sich nicht manche Notstände der Literatur und ihrer .Verbreitung sehr einfach aus diesen Zusammenhängen? Hier/darf auch noch einmal an die schon 1925 erschienene, viel zu wenig beachtete Schrift »Buch und Bildung« (München: C. H. Beck) des derzeitigen Ersten Vorstehers des Börsenvereins vr. F. Dldenbourg erinnert werden. An Hand der Arbeiten des Eng länders Galton ist dort mathematisch nachgewiesen, daß natur notwendig die Schicht der mittelmäßig Begabten in jedem Volk die größte ist. Man darf sich also gar nicht wundern, daß auch ^ die Literatur für sie besonders umfangreich ist. Nun zeigen aber eben die Nachweisungen Burgdörffers z. B. zugleich, daß diese Schicht bei uns wie im ganzen Abendlande gerade heute nicht konstant ist, sondern soziologisch in einem ständigen Ilmwand lungsprozeß begriffen ist. Das erklärt die Unstetigkeit auch unserer literarischen Entwicklung. Das erklärt ebenso die Fest stellungen Brentanos wie viele andere Klagen. Die Einsicht in diese Ursachen hat aber doch nur Wert, wenn man sie für die Weiterentwicklung fruchtbar zu machen vermag. Die soziologischen Strukturwandlunqen werden weiter gehen. In welcher Richtung voraussichtlich, ist in den genannten Unter suchungen angedeutet. Dem muß die literarische Produktion rechtzeitig angepaßt werden. Sie erfolat ja nicht nur für den Tag. sondern auch für die Zukunft. Jeder Verlag hofft auch weiterhin wenigstens zu einem Teil von alten Vorräten mit leben zu können. In diesem Sinne haben von je gerade die besten Vertreter des deutschen Bcrlegerstandes weitvoraus schauende Verlagspolitik betrieben. Mag die Not der Gegen wart noch so groß, mögen die Ergebnisse der Tagesarbcit noch so unbefriedigend sein, gerade an einer Jahreswende muß man sich daran erinnern, daß ihr noch viele folgen werden, und daß sich die Lage wirklich wenden wird. Wohl kann niemand die Zu kunft voraussehcn und -sagen, wohin die Fahrt gehen will ver mag man aber doch weniastens in einigem Umfang zu erkennen. Darauf gilt es sich rechtzeitig einzustellen. Hoffnung und Wunsch aber gehen denn dahin, daß der Erfolg auch nicht ausbleiben Möge! Buchkunst und Religion. Die Berührungspunkte von Religion und Buchkunst sind überaus mannigfaltige. Cs scheint, das; die Geschichte des Buches mit der Religion beginnt, sich ans ihr gründet und zweifellos lange Jahrhunderte in ihrem Banne nnd Dienste stand. Die Reden Buddhas und die Sprüche des großen chinesischen NeligionsstiftcrS Konfuzius wurden frühzeitig in Schrift- und Buchform gebracht, und so liegt kulturgeschichtlich die Vermutung nahe, das; die Entstehung des Buches die Religion zur Ursache hat. Hier erscheint auch der Hinweis ge kennt. Wir stehen hier Büchern gegenüber, die ihrem Inhalt nach direkte Schöpfungen Gottes sind, die, göttlicher Offenbarung nnd Eingebung entsprossen, daher im höchsten Sinuc »heilig« sind. Der artige Gottesbücher erheben sich bis zur Höhe religiöser Gesetzbücher: zwei der bekanntesten Buchrcligiouen sind die des Judentums und des Islams. Wird das Buch nun, wie in den genannten Beispielen, die formale Grundlage der gesamten Religion, so wird es uns nicht iveiter überraschen, wenn die Völker des Altertums in voller Würdi gung der Bedeutung des Buches das Außere desselben entsprechend zu gestalten suchten. Viele dieser Buchrcligiouen ließen allerdings anfangs eine buchgewerbliche Auffassung nicht zu. Wenn die heiligen Schriften der Perser aus 12(10 Fellen gottgewcihter Opfertiere stau den, wenn die religiösen Mythen der Babylonier auf Tausenden von Tontafeln uiedergeschrieben waren oder das Gesetz der Juden ein gemeißelt auf steinernen Tafeln jahrhundertelang in der Bundes lade ruhte, so war hier die Zeit des eigentlichen Bnches noch nicht gekommen. Anders schon zu Jesus Zeiten, als das Buch schon auf einem wohlausgebildeten Schriftwesen beruhte. Allerdings können wir anch hier nur bedingt von einem Buch im technischen Sinne sprechen, denn die Schriftgelehrten Judas und die zahlreichen Schrei berschulen des damaligen Palästinas, sie alle schrieben die »Gesetz bücher« fast ausnahmslos auf Rollen von Papyrus. Auch das Christentum trägt bis zu einem gewissen Grade den Charakter der »Buchreligion«. In dem »Buch der Bücher« finden wir viele Anklänge, welche uns zu dieser Auffassung berechtigten, bedeutet doch Bibel griechisch schlechtweg Buch. Mit dem Anbruch der christlichen Kultur tritt gleichzeitig das Buch als Machtfaktor geistigen Fortschritts und sittlicher Hebung der Menschheit auf. Die innige Verbindung zwischen Buch und Kirche wird zu etwas Un trennbarem: die Kirche findet in dem Buch eine gewaltige Waffe, die in immer größerer Ausdehnung und unbegrenzter Macht geführt werden sollte. Das alte römische Reich auf seiner heidnisch religiösen Grundlage sah in den letzten Jahrhunderten seines Bestehens in dem »Buch« einen seiner schlimmsten Feinde. Besonders galt das von den evangelischen und apostolischen Handschriften, die in der berühmten Christeuverfolguugszeit von 250 bis 313 n. Ehr. fast alle zerstört und vernichtet wurden. Erst als sich die innere Kraft des Christentums stärker als alle äußere Macht des vor dem Zusammen bruch stehenden römischen Weltreiches erwies, konnte das Buch rcli giösen Charakters wieder seine gewerbliche Arbeit verrichten. Mit dem Kaiser Konstantin, der gemeinsam mit seinen Söhnen das Christentum zur offiziellen Staatsreligiou des römischen Weltreiches erklärte, trat das Buch nunmehr als unbeschränkte Waffe von Kirche und Religion auf. Gleich der erste Christenkaiser gab den Anstoß hierzu. Kaiser Konstantin gab Bischof Eusebius den Auftrag, für die Kirchen seiner neuen Stadt Konstantinopel 50 Evangelienhand schriften auf bestem Pergament Herstellen zu lassen. Hierbei sollte eine möglichst handliche Form der Bücher gewählt werden. In dieser Hinsicht traf der Bischof Eusebius die Anordnung, daß auf jede Seite drei bis vier Kolumnen und in jede Lage drei bis vier Doppel blätter kamen. So erwarb im Laufe der Zeit jede Kirche im großen römischen Reich einen gewissen Schatz religiöser Bücher. Bald sollte dem Buch, wie schon in anderen Religionen, auch im Christentum, wenigstens soweit der engere Kirchendienst in Frage kam, eine sym bolische, magische Bedeutung beigelegt werden, die noch heute aus dem Christentum nicht ganz verschwunden ist. Das Evangelieubuch als solches wird als etwas göttlich Geweihtes erklärt. So war es auf den Konzilien üblich, ein meist herrlich geschmücktes Evangelien buch in feierlicher Weise mitten auf einem Ehrenthron auszu legen. Erst bei dem letzten Konzil von Trient (1515—62) wurde diesem altchristlichen Brauche nicht mehr entsprochen. Ein weiterer bedeutsamer Vorgang in der Kulturgeschichte des Buches ist, das; im 1. Jahrhundert die Sitte auftritt, bei den heiligen Büchern den Schwur zu leisten. Kaiser Justiuiau verlieh diesem Brauche einen besonders charakteristischen Ausdruck, indem in den Gerichtssälen dem Evangelienbuch ein Ehrenplatz eingeräumt werden mußte. Wir sehen hier, daß bei einem so bedeutungs vollen Vorgang, wie der Eidesleistung, das Buch die äußere Grund lage abgibt. Nicht weniger scharf tritt die Bedeutung des Buches
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