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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1931
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- 1931-01-02
- Erscheinungsdatum
- 02.01.1931
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idi» 1, 2. Januar 1831. Redaktioneller Teil. Die Verhältnisse haben sich in vieler Beziehung grundlegend verändert, und zwar endgültig. Für die Weiterentwicklung sind Kräfte und Ursachen wirksam, die mindestens für die nächste Zukunft nicht ausaeschaltet werden können und infolgedessen maßgeblich sein wAdcn. Sie sind schon heute erkennbar. Ihnen vor allem ist also Beachtung zu schenken. In dieser Hinsicht sei einmal vor allem anderen auf die Tatsache des Geburtenrückgangs hingewiesen. Die Generation, die gegenwärtig die Geschicke Deutschlands leitet und maßgeb lich bestimmt, steht noch vorwiegend unter dem Eindruck einer Entwicklung, die sich im Zeichen einer ständig wachsenden Be völkerungszunahme vollzog. Man weiß aber längst, daß dieses Ansteigen der Bolkszahl heute nicht mehr aus Geburtenüberschuß, sondern nur noch auf dem Sinken der Sterblichkeitsziffer beruht. Der Rückgang der Kinderzahlen ist im Zusammenhang mit dem Weltkrieg besonders deutlich geworden. Der Schulbuch- und der Jugendschriftenverlag haben die Rückwirkung der schwachen Jahrgänge dieser Zeit schon sehr unmißverständlich zu spüren bekommen. Das ist aber nicht die Hauptsache, namentlich nicht die alleinige Bedeutung der Sache. Im ganzen genommen wird auch für die nächste Zeit die Gesamtbevölkerungszahl noch wachsen. Trotzdem aber wird die Politik der Vergangenheit nicht einfach fortgesetzt werden können. Es ist vielmehr aus allen Gebieten eine grundsätzliche Umstellung erforderlich. Denn das bestimmende Kennzeichen der Weiterentwicklung ist eine zunehmende Veralterung des Volkskörpers. Das Verhältnis zwischen Jugend und Alter verschiebt sich fortschreitend zu un- gunsten des letzteren. Es nimmt zwar an Zahl zu. Gerade deswegen aber werden seine Lasten zugleich größer. Ernst Kahn hat darüber sehr lehrreiche Berechnungen angestellt (Der inter nal. Geburtenstreik. Frkf., Societäts-Verlag, 1930), die ange legentlichstem Studium empfohlen seien. Ob er in allen Ergeb nissen und Schlüssen schon unwiderleglich recht hat, kann dahin gestellt bleiben. Es kommt ja weniger auf die Exaktheit der Zahlen im einzelnen an als auf die grundlegende Einsicht in die Zusammenhänge überhaupt. Da weist Kahn auf die zwangs läufigen Rückwirkungen aus Wohnungsbau und Spartätigkeit, auf Staatshaushalte und Wirtschaftsstruktur im allgemeinen u. a. m. hin. Seine Berechnungen bringen neue Belege für die unbedingte Notwendigkeit der Revision der Tributlasten wie für die Aufgaben der Sozial- und Kulturpolitik. Der Buchhandel wird mit Freude vernehmen, daß künftig in unserem Volk für kulturelle Zwecke mehr zur Verfügung stehen soll als bisher. Freilich wird sich auch das schwerlich von selbst schon so ge stalten. Im Augenblick sind bekanntlich gerade die Kulturetats ganz besonders rücksichtslosen Abstrichen ausgesetzt. Im Reichs etat machten 1927 die Aufwendungen für Bildungszwecke noch rund 0,4K?L aus; 1931 aber sind es nur noch rund 0,32^. Dabei liegt der Gesamtetat 1931 trotz aller Abstriche gegen 1930 immer noch um rund über der Summe von 1927. Die Mittel für Bildungszwecke aber sind auf knapp 73?S der An sätze von 1927 zusammengestrichen worden. Im Reichsetat spielt das Bildungswesen nur eine untergeordnete Rolle. Die Kultur politik ist ja in erster Linie Aufgabe der Länder und der Ge meinden. Hier ist aber zu beachten, daß der unbefriedigende Finanzausgleich die Bewegungsfreiheit von Ländern und Ge meinden aufs schwerste beeinträchtigt. Das Finanzelend des Reichs pflanzt sich so fort und fort. Auch darunter aber leiden wieder in erster Linie die Kulturetats. Mittelbar geht dieselbe Wirkung von der Kürzung der Beamtengehälter aus. Uns lie gen zahlreiche, von befreundeten Lesern zur Verfügung ge stellte Zuschriften vor, in denen Zeitschriften abbestellt, die An- fchaffungen von Werken abgelehnt werden mit der Begründung, daß die Mittel künftig fehlen. Dagegen ist es ein schwacher Trost, daß auf lange Sicht das wieder besser werden wird. Zu nächst einmal gilt nur, was jetzt Wirklichkeit ist, und das ist notgedrungen der Zusammenbruch zahlreicher, nicht der schlech testen Unternehmungen. Ein Wiederaufbau später ist immer fraglich. Es sollten daher alle Verantwortlichen und Beteilig ten rechtzeitig auf Abhilfe sinnen. Im Hinblick auf die doch notwendig werdende Umstellung sollte das nicht aussichtslos sein. Es geht aber im Zusammenhang mit dem Geburtenrückgang um noch mehr. Dabei sei auch noch auf die Schrift von Burg- dörsfer über dasselbe Thema hingewiescn (Der Geburtenrückgang und seine Bekämpfung. D i e Lebensfrage des deutschen Volkes. Bln., Schoetz 1929). Burgdörsfer geht auf die rein soziologischen und volksbiologischen Probleme noch näher ein. Er weist so auf die Gefahren der Unterwanderung durch Bolkssremde, auf das Aus sterben der Oberschicht u. ä. hin. Mit ganz besonderer Aufmerk samkeit sind dabei seine wiederkehrenden Exemplifizierungen aus Frankreich zu lesen. Dort ist ja schon zu einem guten Teil nu Wirkung, was Deutschlands wartet. Man wird diese Warnungen'- um so ernster nehmen, wenn man sich bewußt ist, wieviel sür Deutschlands Zukunft davon abhängt, daß es die Führung in Mitteleuropa behält und kulturell und wirtschaftlich auch sür Osteuropa übernehmen und behaupten kann. Daran ist nicht zuletzt der deutsche Buchhandel interessiert. Es geht hier auch um seine Zukunft im engeren Sinne. Gerade das deutsche Bil dungswesen gewinnt unter diesem Gesichtspunkt doppelte Wich tigkeit. Auf seine Kosten sparen zu wollen, hieße geradezu den Ast abjägen, auf dem das deutsche Volk unbedingt muß sitzen bleiben können. Was in dem Abschnitt vorher zu sagen war, muß hier also noch einmal doppelt und dreifach unterstrichen werden. In diesen Dingen darf das deutsche Volk nicht nur an heute denken. Das Morgen hat das größere Recht. Für die buchhändlerische Produktionspolitik und Vertriebs arbeit endlich hat im Zusammenhang mit dem Geburtenrückgang die zunehmende Veralterung des Volkskörpers noch besondere Bedeutung. In der letzten Zeit ist nicht nur in Deutschland, sondern auch anderwärts sehr viel über die besondere Proble matik der Literatur und über die Krise des Buchhandels ge schrieben worden. Überall äußert sich Unzufriedenheit mit den bestehenden Zuständen. Daß das in Frankreich, England, Amerika genau so geschieht wie in Deutschland und überwiegend auch mit derselben Fragestellung und den gleichen Angriffs punkten, beweist zur Genüge, daß es nicht spezifisch deutsche buch händlerische Eigenarten sein können, um die es sich hier handelt. Das Ganze ist vielmehr ein einheitliches Kulturproblem des Abendlandes. Im einzelnen zeigen sich aber doch Varianten. Sie ergeben sich sehr natürlich aus den Unterschieden, die in den einzelnen Völkern immerhin die Lage bestimmen. In 11.8. L. hat Duffus über »Iloolrs, Oioii xtrws in u ckemoorsox» geschrieben (Boston und New Jork 1930; englische Ausgabe in London bei Allen L Unwin). Das Buch wurde in Nr. 22ü des Börsen blatts vom 27. September 1930 bereits besprochen. Eine Prcisarbeit, die durch das Werk veranlaßt wurde, kam bezeich nenderweise aus den Vorschlag hinaus, den unbefriedigenden Buchabsatz in den Staaten dadurch zu heben, daß man die Zahl der Vertriebsstellen vermehre und ihre Leistungsfähigkeit hebe. Für Deutschland wird nur das letztere in Frage kommen können. Für Frankreich kann an Grassets Aufsatzsammlung »I-r» obose litts- ruirso (Paris 1929, Gallimard) erinnert werden. Frankreich ist vielen ja eine Art buchhändlcrischen Musterlandes. Den Kritikern des deutschen Buchhandels sei deshalb doppelt empfohlen, bei Grasset einmal nachzulesen, wie man dort genau dieselben Klagen hat. Sehr lebhaft ist seit langem die Erörterung in England. Nicht zuletzt sei hier auf das in erweiterter Gestalt vorliegende Werk von Joseph hingewicsen (Oomplets VVritinZ kor prokit. Lon don 1930, Hutchinson), insbesondere auf den Teil »Ibs eommsr- oiul Sicks ok litsr-ckure«, der im Zusammenwirken mit Stanley Un win geschrieben ist. Das Buch ist vom Standpunkt des Schrift- s stellers verfaßt. Naturgemäß bezieht sich die Stellungnahme zu den ^ einzelnen Fragen immer auf die englischen Verhältnisse. Es wird aber dabei so viel Kluges gesagt, daß von allgemein gültigem Interesse ist, daß auch der deutsche Leser voll auf seine Kosten kommt. Hier wird vor allem deswegen darauf hingewiesen, weil in vielen Bemerkungen Josephs ein feines Verständnis und ein sicherer Blick für die soziologischen Bedingtheiten von Literatur und Buchhandel erkennbar wird. Gerade darauf kommt es ja mehr denn je an, wenn man einen Ausweg aus den unbestreit baren Nöten gewinnen will. Es sind die soziologischen Wand lungen, die in erster Linie die Problematik der Gegenwart auch auf diesem Gebiet bestimme» und begründen. Worum es sich
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