Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.05.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-05-16
- Erscheinungsdatum
- 16.05.1924
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19240516
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192405169
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19240516
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1924
- Monat1924-05
- Tag1924-05-16
- Monat1924-05
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Eine zweite Periode seines verlegerischen Schaffens begann mit der Herausgabe der beiden Monumental-Werke »Ter Nibelung« Nöt« und »Kudrun«, der »Hundertdrucke« für die geschlossene Gesellschaft von hundert Subskribenten und der »Treiangel-Drucke«, deren erlesener Schönheit und Gediegenheit er seinen Ruhm in aller Welt verdankt. Um dieselbe Zeit gründete er, als Propaganda-Organ wie als Organ seiner explosiv polemischen, wahrheitsfanatrschen Natur, den »Zwiebel fisch«, damals noch »eine kleine Zeitschrift für Bücher und andere Dinge«, neuerdings spezialisiert »für Bücher, Kunst und Lebensstil«. Ter Ziviebelfisch, der bald eine Auflage vvn 12 000 Exemplaren er reichte, hat ihm viel erbitterte, viel persönlich verletzte Gegner ge schaffen, aber ebensoviel begeisterte Anhänger. Fast für jedes Heft zog Weber mich zu Rate und ersuchte mich um Beiträge; zahlreiche Glossen und Artikelchen haben wir gemeinsam verfaßt. In allen stilistischen Fragen unterwarf er sich gern meinem Urteil, nie aber ließ er sich in seiner Gesinnung beeinflussen, nie zu Milde und Nach sicht bestimmen, ivenn es ihm darauf ankam, einen Streit bis zum Knock-out auszufechten. Ta konnte er oft tyrannisch wie ein Cäsar, gereizt wie ein Monomane, eigensinnig wie ein Kind sein; der täg liche Umgang mit ihm mar nicht immer leicht, und so viele neue Freunde ihm auch immer zuströmten, so viel alte verlor er wieder. Seine Prozesse, meist um Bagatellen, waren Legion; die Konferenzen mit seinen Rechtsanwälten raubten ihm einen nicht geringen Teil seiner Arbeitszeit. Es gab Zwiebelfisch-Hefte, deren allzu breit behandelte Polemiken oder launische Seitenisprünge die Abonnenten scharenweise verjagten. Wies ich ihn warnend darauf hin, so entgegnete er mir zornig: »Das ist mir wurscht. Ich gebe den Zwiebelfisch nicht um des Gewinns willen, sondern zu meinem Vergnügen heraus. Und mein höchstes Ver gnügen ist es, so derb wie möglich meine Meinung zu äußern«. Er schätzte die feine, witzige Form sehr hoch, aber die derbe, saftige lag ihm persönlich noch besser. In all seiner impulsiven und stark subjektiven Stellungnahme den einzelnen Menschen gegenüber war er doch in der Sache selbst der innerlich unabhängigste, gerechteste und vornehmste Geist, unfähig zu irgendeiner Heuchelei, Hinterlist oder kompromißlerischer Vorsicht. Sein Stolz war seine Rücksichtslosigkeit um der Wahrheit willen, selbst wenn er dabei einen Freund verletzen oder selber Schaden nehmen mußte. Beeinflussung der Kritik war ihm das Kapital-Ver brechen, das er im Zwiebelfisch unermüdlich an den Pranger stellte. Die Form seiner Polemiken war oft anfechtbar, in der Sache selbst hat er nie gefehlt. Die Noblesse seines Denkens und Empfindens, sein edler, wenn auch oft hochfahrender Herren-Jnstinkt hat ihn zeit lebens vor jeder Niedrigkeit und Kleinlichkeit, vor jedem Pakt mit dem Pöbel bewahrt. Mancher Zug seines Charakters erinnerte an Mirabcau, den großen adeligen Freigeist, den Kämpfer gegen Dünkel und Verrot tung. Libertin bis zum Zynismus, Enthusiast bis zur Ekstase, Freund und Kamerad bis zur Gefühlsseligkeit, hing er in den letzten, trüben Jahren seiner Krankheit und Menschenscheu an dem Leben, das er einst so kühn und sicher beherrschte, noch so wie an einer Geliebten, die man, selbst nachdem sie untren geworden, in verzweifelter Sehnsucht weiter umwirbt. Kurt Martens. Hans Naumann: Die deutsche Dichtung der Gegenwart 188S 1923. (Epochen der deutschen Literatur, geschichtliche Darstellungen, herausgegeben von Prof. vr. Julius Zeitler. Band VI.) Gr. 8°. 374 S. I. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1923. Gm. 6.50. Gerade der junge Buchhändler, der sich durch Lektüre literarge- schichtlicher Werke für seine Beratcrtätigkeit gegenüber dem Publikum vorbereiten will, wird solche Arbeiten besonders begrüßen, die sich nicht in der Aufzählung und mosaikmäßigen Zusammensetzung von biographischen unb bibliographischen Einzeldaten erschöpfen, sondern, das Leben als Ganzes nehmend und den inneren Zusammenhängen nachgehenö, das Werden und Wachsen, das Sich-wandeln und Sich erfüllen der Dichtung mehr als den einzelnen Dichter auf dem breiteren Untergrund der geistigen Entwicklung des Volkes und seiner Gesamt- kultur zur Darstellung bringen. Wie eine literarische Richtung mehr ist als die Summe ihrer Anhänger, so wird auch Literaturgeschichte ihrer Aufgabe erst dann voll gerecht, wenn sie eben dieses unsichtbare Mehr, gewissermaßen das Unterbewußtsein ihrer Erscheinungen faß lich und erkennbar macht. Dabei kommt es einerseits darauf an, BSrser»Llatt f. den Deutschen Buchhaabet. 91. Iahrgao». das einer Zeit Gemeinsame und alles Bestimmende herauszuarbeiten, I andererseits aber auch darauf, in diesem überall Wicderkehrenden, so mannigfaltige formen und Gestalten es sich auch immer wieder gibt, zu- ' gleich das überzeitliche Ur- und Allgemeinmenschliche nachzuweisen oder wenigstens ahnen zu lassen. Tann vereinfacht sich auch das Bild, das zunächst, namentlich wo es sich um neueste Dichtung handelt, uns als zeitlich so nähe Stehenben in seiner Fülle und unmittelbar gegen wärtigen Lebendigkeit verwirrend irrational dünkt; es werden die zusammenhaltenden, leitenden großen Linien erkennbar. Die Meister hand des Führers leistet vorweg das, was sonst erst die alles aus gleichende Zeit zustande bringt. In dieser Retousche aber wird uns das Ganze nicht nur überhaupt erst faßlich, sondern es fällt nun auf jede Einzelheit auch überaus kennzeichnendes, belebendes Licht. In diesem Sinne zu wirken ist nicht nur die Absicht des hier angezeigtcn Werkes, sondern auch sein unbestreitbarer Erfolg. Die treffliche, überaus anregende Arbeit des Frankfurter Professors ist daher zur Lektüre warm zu empfehlen. In drei Abschnitten: Schauspiel, Roman, Lyrik gegliedert, gibt der handliche Band, der zweite übrigens bisher der Reihe, eine gute Einführung und einen gehaltvollen Überblick zur deutschen Dichtung der Gegenwart. Man würde vielleicht hier un>d da ganz gern noch einen Namen mehr berücksichtigt sehen, so etwa beim Drama Alfred Brust, Hellmut Unger u. a.; im ganzen darf aber der Stoff wohl als erschöpfend behandelt gelten. Das Ver ständnis gerade der gegenwärtigen Lage unserer Dichtung wird durch das Buch wesentlich gefördert. üismbaltists koäooi, Miete an^ntvine-ruSuztin Krankkurt a. ^1.: Zoosplr Lasr L Oo., 1924. Ow. 3.—. Tie Bedeutung Giambattista Bodonis für die Buchkunstgeschichte hat Herr M. Sondheim (in dem hübschen kleinen Führer durch di« zweite Ausstellung der Frankfurter Bibliophilen-Gesellschaft) so ge kennzeichnet: »Bodoni ist der Liebling Napoleons gewesen, er hat das Empire-Buch geschaffen, wie Percier /und Fontaine die Empire-Möbel entworfen und die Empire-Paläste gebaut haben. Er hat in seiner besten Periode jeden Buchschmuck verschmäht, und seine Drucke stehen da in ihrer nackten Schönheit, erhaben wie griechische Statuen. Es ist Empirekunst, und das spätere 10. Jahrhundert hat sie nicht ge würdigt. Wir sind jetzt weit genng von ihr entfernt, um das, was in ihr von ewiger Schönheit enthalten ist, zu erkennen«. Bodoni druckte aus buchgewerblichen Gründen »limitierte« Auslagen in Licbhaberaus- stattung und zu Liebhaberpreisen (wobei er freilich für die Abgrenzung einer Auflage, wie sie die Zählung der Abzüge zum Ausdruck bringt, ein etwas weites Gewissen hatte, fodaß er nicht ungern auch »ein malige« Auflagen, wenn sie Erfolg gehabt hatten, wiederholte). Mit den kostbaren und kostspieligen Neudrucken, die er veröffentlichte, ent sprach er dem Geschmack der »Neureichen« (wie wir sie heute nennen würden) der Revolutionsepoche, und so war auch der äußere Erfolg seines sehr ernsthaften künstlerischen Strebens groß. Sein Pariser Prophet wurde Antoine Augustin Nenouard, wohl auch, wie der hier besprochene Briefwechsel erweist, deshalb, weil ihm die Bodoni-Offizin einen Kredit gab, den er in diesem Umfange etwa in den Didot-Werk- stätten kaum gefunden hätte. Ter feingebildete Mussclinfabrikant Nenouard hatte aus der Not eine Reihe von Tugenden gemacht. Als sein Fabrikbetrieb durch die Nevolutionswirtschaft zum Stillstand ge bracht wurde, blieben die Mußestunden dieses Bücherfreundes nicht ungenutzt. Aus dem Leser und Liebhaber wurde ein Liebhaberver leger und aus dem rasch ein recht geschäftskundiger Verlagsbuchhändler. Und aus dem kaufenden, tauschenden und verkaufenden Sammler ein sehr umsichtiger Altbuchhändler, der die Gelegenheit nutzte, die biblio graphischen Zimelien aufzuheben, die damals, bessere Geldwerte als die Assignaten, sozusagen, auf den Pariser Straßen lagen. Die eigene 1 berühmte Büchersammlung war der Mittelpunkt seiner sich immer j weiter ausdehnenden Buchgeschäfte, aber auch der Mittelpunkt der Studien des Aldus- und Stephanus-Bibliographen und des Heraus gebers der in seinem Verlage veröffentlichten vortrefflichen Ausgaben. Wie Nenouard in dem Abstößen und in der Auslese seiner Exemplare i ein geschmackvoller Eklektiker war, so war er es auch in jener Über gangszeit in der Ausstattung seiner Verlagswerke. Er beschäftigte ^ebenso die alten Buchkupfer-Vignettisten, wie er den modernen, reinen typographischen Stil pflegte; er schuf ebenso Buchtypen für die moderne vielbändige Gesamtausgabe wie für die zierliche Taschenausgabe bis herab zum billigen stereotypierten Buch. Man übersieht das alles am besten in seinem bekannten »OataloZue la biblioWLque ck'un amateur«, der freilich nicht sein abschließendes Büchereiverzeichnis ist, 913
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder