Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.05.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-05-24
- Erscheinungsdatum
- 24.05.1934
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19340524
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193405241
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19340524
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1934
- Monat1934-05
- Tag1934-05-24
- Monat1934-05
- Jahr1934
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
x° 118, 24. Mai 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Außerdem ist in der bisherigen Untersuchung noch gar nicht berücksichtigt, daß wir ja neben diesen »größten« Verlagen noch eine ganze Reihe mittlerer und kleiner Verlage haben, deren Inhaber aus persönlicher Neigung immer wieder — und oft mit rührendsten Opfern — sich um die Herausgabe und Verbreitung von Gedicht bänden bemühen. Da ist — um nur einige wenige zu nennen — Fritz Diettrichs eigener Verleger Wolfgang Jeß, der gewiß schon an fünfzig verschiedene, zum größeren Teil sehr schöne Gedicht bücher herausgegeben hat; da ist der Münchener Tukan-Verlag, der u. a. die jungen Lyriker Heiner Ellermann und Gerhard Schu mann herausstellte; da ist Rainer Wunderlich in Tübingen mit Isolde Kurz und Ludwig Friedrich Barthel. Diese mittlere» und kleinen Verlage sind es übrigens, die Fritz Dicttrich auch hinsichtlich ihres guten Willens und ihrer Opferbereit schaft für wertvolle Lyrikbände gelobt hat. Solchem Lobe kann man und muß man freudigen Herzens zustimmen. Ganz gewiß sind es vornehmlich diese von echten Verlegerpersönlichkeiten geleiteten kleinere» Unternehmungen, die — vielfach wirklich mit bewunderns wertem Idealismus! — bahnbrechend für neue und junge Lyriker tätig sind. Aber gibt solches Tun und solches Lob nun andererseits ohne weiteres ein Recht und einen Grund dazu, die vielbeschrieenen »großen« Verlage mit Vorwürfen zu überschütten? — Mir fällt bei diesem Vorwurf gegenüber den großen Verlagen die klassische Fabel vom Eichbaum ein, der Kürbisse tragen sollte: man kennt das Resultat! Die Aufgaben des großen Verlages und die der kleineren Unternehmungen sind — das müßte bei allen Reform vorschlägen grundlegend erkannt werden! — sehr unterschiedlich. Möglicherweise, ich jedenfalls neige sehr zu der Annahme, hat Direktor Pezolö vom Verlag Langen-Müller ganz recht, der mir neulich innerhalb eines Briefwechsels, den wir miteinander über das Problem der Lyrikproduktion führten, schrieb: »Vielleicht mögen Sie einmal darüber Nachdenken, ob meine Ansicht ganz un berechtigt ist, daß manches Lyrikbuch, das in einem ,großen' Verlag erschienen ist, vielleicht sogar gerade deshalb schlecht ging, weil es In einem großen Verlag erschienen ist. Beim großen Verlag mit gangbarer Prosaproduktion stürzt sich der Buchhändler eben, wenn der Vertreter kommt, auf seine .Umsatzobjekte'. Der Vertreter eines kleinen Verlags wird es viel leichter haben, ein Lyrikbuch an den Mann zu bringen, gerade weil er nicht so viel und zu Erdrückendes daneben her oder eigentlich als Hauptsache vorzuzeigen hat«. Dagegen wird nun vermutlich Fritz Diettrich sagen: Der große Verlag müsse eben mit seinem großen Vertriebsapparat ganz anders und intensiv für Lyrikbücher arbeiten! — Gut gesagt, aber praktisch verfehlt, denn mit dem noch so großen Vertriebsapparat kann kein Gedicht buch »erfolgreich propagiert« werden, das nicht selber als eine Art Individuum sich durchsetzt und den Weg zu Mensch und Herz findet. Mit Trommelpropaganda kann man einen Romanschlager oder auch ein aktuelles Werk zur Massenauflage steigern. Gedichte kann man mit Trommeln höchstens töten! Gerade die höchstpersönliche Note, die der kleinere Verleger seiner Werbung in jedem Falle zu geben imstande ist, wirb dem Absatz seiner Gedichtbücher zugute kommen. Und welch' ein handgreiflicher Beweis für vorhandene Opferfreudig keit auch beim großen Verlag liegt doch darin, daß neben dieser völlig richtigen Erkenntnis der leitenden Persönlichkeit des Langen- Müller-Vcrlags, daß für Lyrik eigentlich der mittlere Verlag der richtigere Platz ist, doch eben gerade dieser große Verlag von allen deutschen Verlagen während der letzten fünf Jahre die Höchstzahl von Gedichtbüchern herausgebracht hat! Nun aber: wenn trotz all dieser vielfältigen Verlagsarbeit für Lyrik noch immer Lyriker sich darüber zu beklagen haben, baß sie mit ihrer Lyrik keine verlegerische Heimstatt finden oder nicht durch dringen: — hat das nicht etwa ganz, ganz andere Gründe? Ist es nicht genau so wie bei irgendeinem redlichen Handwerk, dessen Existenz und Arbeitsmöglichkeit gehemmt, geschädigt, vernichtet wird in folge der aufgeblähten Schundkonkurrenz? Hat Börries, Frhr. von Münchhausen nicht völlig recht, der kürzlich erst in Velhagen L Klasings Monatsheften folgendes traurige Fazit zog: »Sechzig Gedichtbücher in einem Jahr, das macht also seit 18S0 zweieinhalb Tausend! Nun wissen wir aber doch, daß in diesem abgelaufenen Menschenalter nicht mehr als sechs bis acht wirkliche Liederdichter erstanden sind. Also sind wohl von 60 Ge dichtbüchern 59 überflüssig. . . Eine trübe Rechnung, aber wir alle vom Bau wissen, daß sie stimmt!« — Ja, er hat einwandfrei recht. Und wie sich das ehrsame Handwerk durch Zunft und Fachschaft gegen die Schmutzkonkurrenz schützt, so wäre es notwendige Aufgabe der fähi gen, begabten und berufenen Lyriker, gegen die Allerwelts-und Rosenrot- und Pseudo-Geöichte- verfasser sich selbst, und zwar durchgreifend zu schützen. In meinem Aufsatz »Kommando: Lyrik!« (Das Deutsche Wort, 1934, Nr. 21), der sich mit dem gleichen Thema beschäftigt, schreibe ich — und es sei hier wiederholt: »Man höre doch auf mit dem läppischen Klagelied, daß Lyrik in Deutschland nicht verlegt würde. Sie wird verlegt, sie wird zur Genüge verlegt; nur wird sie vielfach nicht gelesen. Und daß sie nicht gelesen wird, das liegt daran, daß allzuviele Dutzend- und Allerwells-Verleger (sogenannte Selbstkostenverleger zumeist noch dazu!) in verantwortungsloser Weise eben Dutzend- und Allerwelts-Lyrik drucken und auf den Redaktionstisch werfen und damit den Wertbestand der Lyrik ruinieren.« Hier könnte, möchte ich denken, Fritz Diettrich oder meinetwegen auch ein Lyrik-Ausschuß mit seiner Arbeit einsetzen! Der größte Feind der echten Lyrik ist von jeher die Pseudolyrik gewesen. Sie aufs Korn zu nehmen, das wäre wirklich des Schweißes aller Edlen wert. Ich persönlich von meinem Redaktionstisch aus kann, seit ich 1930 meine Lyrikbresche schlug, von der Aufdringlichkeit, der Be sessenheit und Unverfrorenheit der unbegabten und eingebildeten Gedichteverfasser ein besonderes Lied singen. Jede Woche könnte ich meine Nedaktionsstube, die ziemlich groß ist, neu tapezieren lassen, wenn ich etwa Gefallen daran fände, den wöchentlichen Eingang an unbrauchbarer und unbegabter Lyrik an die Wand zu pappen! Eine unermeßliche Flut! Und auf welche Methoden verfallen diese sonderbaren Kauze von sich verkannt fühlenden Dichterlingen, um die böse Redaktion zu Annahme und Beachtung zu zwingen! Ich setze als ein Beispiel von Hunderten diese Postkarte im Wortlaut hierher, die mir neulich eine Dame aus München schickte: »Sehr geehrter Herr Rauch! Bitte, wollen Sie so freundlich sein und unser Abonnement für die L. W. — die es nicht für nötig hielt, die Gedichte meines Mannes zu besprechen — ab 1. Juni als gelöst zu betrachten. X. D. Z.« Wie nun, wenn der verehrte Herr Gemahl vielleicht sogar gute und öruckfähige Gedichte geschrieben hat? Wer will es mir verargen, wenn ich mich strikt hüten werde, je seinen Namen in meinem Blatte erscheinen zu lassen, damit nicht etwa die Meinung auftaucht, man könne auf dem Wege Wer Abbestellung oder Abbestellungsürohnng in den Mitarbeiterbereich meines Blattes einöringen?! — Aber man bekommt im Laufe der Zeit gegenüber solchen Scherzen eine sehr harte und abgebrühte Haut; und etwas Humor gehört zur Schriftleiterpraxis wohl auch dazu. Verlegern, die sich mit Lyrik be fassen — man frage sie! — geht es zumeist geradeso. Ich kann zum Schlüsse nur Dr. Langenbucher zustimmen, der in seinem Aufsatz von den jungen Lyrikern Härte und scho nungslose Kritik sich selbst gegenüber fordert. Ohne schroffe Selbstkritik wächst auf keinem Gebiet des Lebens eine Leistung. Das junge schreibende Volk aber — auch darauf hat Dr. Langenbucher richtig hingewiesen — verwechselt etwas auffällig Selbstzucht noch immer mit Selbstsucht. Das erste wahre Gedicht wird aber stets erst dann geschrieben, wenn Anmaßung, Geltungstrieb und heiliger Egoismus überwunden und auch im Persönlichen die Stufe der Demut und des Dienstes erklommen worden ist! * Was aber kann nun wirklich praktisch und er folgversprechend zur Förderung der Lyrik getan werden? — Dazu möchte ich in einem anschließenden Aufsatz in den nächsten Tagen einige klare und bestimmte Vorschläge machen, die — hoffentlich — die Zustimmung aller an der Pflege des echten und gekonnten Gedichtes schöpferisch, verbreitend oder ausnehmend Beteiligten finden mögen und uns alle, die Dichter, Verleger, Buch händler, Kritiker und Leser dann zu schönem gemeinsamen Werk vereinen können. Rudolf Koch-Gedachtnis-Ausstellung in der Deutschen Bücherei. Ohne sich der Gefahr auszusetzen, in Superlativen zu sprechen, darf man von der diesjährigen Kantate-Ausstellung der Deut sch e n B ü ch e r e i, die dem Gedächtnis des großen, vielleicht größten deutschen Schriftkünstlers, Rudolf Kochs, gewidmet ist, sagen, daß sie in dem Besucher die stärksten Eindrücke hinterläßt. Herr vr. Olden- bourg hat sie ein Erlebnis genannt und damit jene vielfachen, schwer in Worte zu fassenden Eindrücke umschrieben, die den Betrachter angesichts der Schöpfungen eines Mannes bestürmen, in denen künst lerische Leistung und Menschentum zu einer untrennbaren großartigen Einheit zusammengeflossen sind. Jäh hat der Tod am 9. April den 67jährigen aus dem Leben, bas ihm in seinem wunderbaren tiefen Glauben nur Durchgangs stadium zu einer verklärten Welt war, und aus intensivem Schaffen und Planen genommen. Allem äußeren Schein abhold liebte er es in 463
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder