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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.05.1934
- Strukturtyp
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- Band
- 1934-05-24
- Erscheinungsdatum
- 24.05.1934
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- Deutsch
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U8, 24. Mai 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn.Buchhandel. Daß die Ausländer im allgemeinen diese Schrift ablehnen, daß sie sie nicht lesen mögen, das hängt gerade mit dem zusammen, waA ihren Wert ausmacht. Es gibt aber auch kluge und wohlmeinende Freunde, die diese Schrift lieben wie sie unsere Sprache und unser Land lieben. Das wollen wir dankbar anerkennen. Es wird auch gesagt, wenn Türken und Japaner ihre Schrift zeichen aufgäben, dürften wir nicht auf den unseren bestehen. Das ist eine falsche Gegenüberstellung. Dort handelt es sich um völlig fremdartige Schriftsysteme, deren Erlernung unendliche Mühe kostet, während unser deutsches Alphabet sich vom lateinischen im Grundsatz nicht unterscheidet; nur die Gestaltung, der Charakter ist ein ab weichender. Unsere deutsche Schrift bleibt durchaus innerhalb des abendländischen Kulturkreises, und jeder, der unsere Sprache lernt, erwirbt sie spielend nebenbei. Ihr Besonderes liegt darin, daß sie nicht unmittelbar der Mittel meerkultur entstammt, sondern daß darin Nordisches, Gotisches zum Ausdruck kommt, das im hohen Mittelalter alle Äußerungen des Lebens und damit auch die Schrift erfüllte. Dieses nordisch-gotische Wesen ist nur uns Deutschen anhaften geblieben trotz allen Welt bürgertums und aller Aufklärung der letzten Jahrhunderte. In ihm sehen wir heute wieder den edelsten Ausdruck unseres Wesens. Keine Verflachung konnte dieser Schrift ihre Eigenart rauben, wäh rend die lateinische Schrift, ursprünglich sehr schönen und edlen Vor bildern entstammend, durch geistlose Verallgemeinerung einen Tief stand der Form erreicht hat, der sie eben für alle Zwecke des heuti gen, von amerikanischen Vorbildern bestimmten Geschäftsgeistes ge eignet macht. Die deutsche Schrift in Handschrift und Druck soll allen Menschen und auch uns selbst ein Beweis dafür sein, daß Gott etwas Besonderes mit uns vor hat, daß er uns nicht in dem Einerlei der sogenannten Kulturvölker untergehen lassen will, sondern daß wir unsere Auf gaben in der Welt auf eigenen Wegen zu erfüllen haben. Es ist nichts Nebensächliches, wenn wir deutsche Schrift und deutschen Druck pflegen, auch hier ist das Sichtbare ein Gleichnis des Unsichtbaren, die deutsche Hand- und Druckschrift ist ein Spiegel der edlen und guten Eigenschaften unseres Volkes. Die „Professor Krause-Fraktur". Von Gustav Ruprecht, Göttingen. Da mit dem Dritten Reich eine ganze Reihe neuer Frakturschnitte auf den Markt gebracht worden ist, deren Verwendbarkeit für den Buchverleger mehr oder weniger ausgeschlossen erscheint, bringen wir aus der Vierteljahrsschrift des Bundes für deutsche Schrift »Die deutsche Schrift«, 9. Jahrgang, Heft 3, die nachstehenden, einem Briefe an die Schriftgießerei entnommenen Ausführungen. (D. Schrift!.) ... Sehr zu begrüßen ist, daß nach längeren Jahren eine deutsche Schriftgießerei wieder gewagt hat, eine ganze Frakturschrift-Familie auf den Markt zu bringen. Das war schon längst ein Bedürfnis, und gerade die Durchführung des Unternehmens nicht nur durch alle Schriftgrade hindurch, sondern auch in Halbfetter, Fetter und schmaler Halbfetter sichert Ihrem Unternehmen wohl, daß es sich soweit wie überhaupt möglich durchsetzt. Für die großen Grade und die Aus zeichnungsschriften halte ich das für möglich, leider aber nicht für die Biotschriftgrade, zu denen ich als Buchverleger allein eingehender Stellung nehmen möchte. Hier muß ich zunächst feststellen, daß Sie sich in der Größe des Schriftbildes der Brotschriftgrade vollkommen vergriffen haben. Schwerlich wird ein Verleger ganze Bücher aus dieser Schrift im Korpus- und Petit-Grade Herstellen können, und ich möchte diejenige Zeitung kennenlernen, die den Korpusgrad wie in Ihrem Schein blatte »Deutscher Sportbericht« verwenden könnte. Unser Lese publikum ist seit vielen Jahrzehnten an ganz bestimmte Größen des Schriftbildes der Brotschriftgrade derartig gewöhnt, daß jede Ab weichung von diesen Größen eine Schrift für den Buchverleger unver wendbar machen muß. Dazu kommt aber ein formales Bedenken, das nicht nur ein persönliches Geschmacksurteil ist. So sehr ich über die im Vorwort ausgesprochene Erkenntnis des Künstlers erfreut war, daß Schrift formen nur auf geschichtlicher Grundlage weiterentwickelt werden können, wie es sehr überzeugend Prof. vr. Karl Brandt in seinem Buche »Unsere Schrift« 1912 ausgefllhrt hat, so wenig kann ich den Rückgriff auf die alte Schwabacher für den richtigen Weg halten. Die alte Schwabacher war doch ein Erzeugnis des nüchternen deut schen Humanismus und ist hinweggefegt worben wie der Schnee von der Sonne, als die Dürer-Fraktur, das Urbild unserer heutigen Fraktur, 1525 in Dürers Meßkunst das Licht der Welt erblickte. Binnen sechzig Jahren war die Schwabacher fast spurlos verschwun den. Deutsches Formgefühl hat sich nicht auf die Dauer mit ihr zu frieden geben können. Das ist gerade das Große des Dürerschen Kreises, daß er die überquellende Formflllle der Gotik nur soweit gebändigt hat, wie es der Psychologie des Lesevorgangs entsprach und die sicherste Lesbarkeit der Schrift gewährleistete. Das Verdienst der Schwabacher ist die Festlegung guter Proportionen und stilistischer Übereinstimmung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben, und diese Vor züge haben die Nürnberger um Dürer unverlierbar mit ihrer echten Fraktur verbunden. Wie kann man von »Verzierung« bei echter Fraktur reden, um einen Rückgriff auf die Schwabacher damit zu decken. Das ist ein großes Unrecht an aller echten Fraktur. Aber das kommt davon, wenn man jedermann gerecht werden will und so auch dem modernen Schlagwort von der neuen Sachlichkeit. Wie sachlich gerade die maßvolle Formbändigung Dürers und seine Über windung der Nüchternheit der Schwabacher gewesen ist, beweist mir ein Versuch, den auf meine Veranlassung Marx Lobsien gemacht hat mit einem Text in zweierlei Form, einmal in der gewöhnlichen Rechtschreibung und sodann mit großen Anfangsbuchstaben sämtlicher Wörter. Seine Leseversuche mit Schlllergruppen ergaben, was ich von vornherein erwartet hatte, daß die Großbuchstaben, weit entfernt ein Hindernis zu sein, die Leseergebnisse verbesserten, und sogar die der Fraktur in noch erheblich höherem Grade als die »klaren« der Antiqua! Sie »schmücken« eben nicht nur die Wortbilder, sondern sie gestalten sie charakteristischer, ausdrucksvoller fürs Gedächtnis. Die »neue Sachlichkeit« freilich verbaut nur das Verständnis dafür. Schon in meinem »Kleid der deutschen Sprache« 1912 hatte ich unter diesem Gesichtspunkt die Großbuchstaben und unsere Großschreibung ver teidigt und darauf hingewiesen, baß wir Wortbilder und nicht Einzel buchstaben lesen und nicht das das Entscheidende sei, daß wir die einzelnen Buchstaben leicht nachzeichnen können, sondern daß sie charakteristisch seien, wie ja auch das gefurchte Antlitz des Alters mit seinen tausend Linien einprägsamer ist als das einfache, »klare» Kindergesicht. Darum ist auch die im Vorwort ausgesprochene Ab sicht, »schlichte und leicht lesbare Formen mit klarem Bild zu schaffen«, ein Widerspruch in sich selbst und die Vermeidung jeglicher Verzierung kein Vorteil, sondern ein Nachteil. Auf Einzelheiten möchte ich unter diesen Umständen nicht ein- geheu, nur noch erwähnen, daß ich die Kopplung sch vermisse, die ich schon 1912 gefordert habe, und die seitdem in den meisten neuen Frakturschriften geschaffen worden ist, und noch hinzufügen, daß die Breitkopf-Fraktur lediglich dadurch, daß sie in ihren Großbuchstaben Dürers Vorbild kopiert hat, heute noch Lebenskraft besitzt, während ihre Kleinbuchstaben ebenso wie die der gleichzeitigen Ungcr-Fraktur, Jean-Paul-Schrift und ähnliche Entartungen darstellen und als solche bei ihrem Erscheinen Ende des 18. Jahrhunderts von dem damals noch gesunden Frakturgefühl derartig abgelehnt worden sind, daß sie schnell wieder von der Bildfläche verschwanden und erst heute wieder ausgegraben worden sind. Auch hier, damals schon, ist unsachliche »Sachlichkeit« die Wurzel aller Irrungen gewesen, wie es der alte Brcitkopf in seiner Ankündigung aussprach: »Ich wollte die Fraktur der Antiqua annähern«. Es tut mir leid, Ihnen in aller Offenheit meine Bedenken nicht verschweigen zu können, weil ich Ihren Wagemut begrüßen muß. Aber ich habe die Hoffnung, daß ich mit meiner Aussprache gesundem Fort schritt diene, und es würde mich freuen,, wenn auch Sie und Herr Prof. Krause weiterhin dazu beitragen würden. Ist doch unser Ziel das gleiche, die immer neue Erfassung unserer echten Fraktur in ihrer noch heute strotzenden Lebenskraft, die sie alle Armseligkeit der »neuen Sachlichkeit« überwinden lassen wird. Es wird hoffent lich nicht allzulange mehr dauern, bis der deutsche Mensch der neuen Sachlichkeit überdrüssig wird. Dann wird man auch aufhören, wider spruchsvoll von Klarheit der Fraktur zu reden und erkennen, daß unsere echte Fraktur die genialste künstlerische Schöpfung und ge wissermaßen die Rückkehr zur idealen Bilderschrift ist, denn bei ihr heitzt's: der Einzelbuchstabe ist gar nichts, der hat gar keinen Stand, er friert und krümmt sich, das Wortbild aber ist alles. Da lebt er, und im Zusammenschluß ist er stark, das einzig angemessene Kleid unserer wunderbaren Muttersprache . . . »es Geschehen schreibt sich ein in die Tafeln der Erde; die Jahres ringe in den Baum, Welle und wind in der Dünengesialrung, das Leben früherer Erdzeitalter in die Versteinerungen. Die tiefsten Spuren aber gräbt das Leben mit den unsichtbaren Geschicken seiner Seele in die sich durch Jahrhunderte rvandelnde Sprache: Spuren im flüchtigsten Stoff, dem Laut. Doch sie bleiben, dauernder geworden als Erz, im immer sich erneuernden Buch. Wilhelm von Scholz 465
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