Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. E Herausgegeben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Redakteur: De. I. A. Bergt. Commissionnair: A. Frohberger. 33. Freitag, den IS. August 1834. Buchhandel. Einige Worte über die Bemerkungen des Herrn Friedr. Perthes aus Gotha, betreffend den Buchhandel (Vorsenbl. No. 28.). Es möchte fast mehr als unbescheiden scheinen, wenn ich, als jüngerer Mann, meinem würdigen und hochge ehrten Freunde Hn. Fr. Perthes gegenüber austrete, ei nem Manne, der durch seine buchhändlerischen Erfah rungen und durch seinen Charakter gleich achtunqswerth ist, und dessen östern, immer mit Scharfe und Klarheit vorgetragene Reden gern gehört und beachtet werden. Aber gerade, weil die Meinung unsers Herrn Perthes bei uns von Gewicht und vielgeltend ist, so glaubte ich nicht zurückhaltcn, sondern meine Ansichten, mögen sie richtig oder irrig seyn, mit wenigen Worten darlegen zu mühen. Ich folge in meinen Bemerkungen ganz dem Auf sätze des Herrn Fr. Perthes. l) Es ist jetzt häufig Gebrauch, die Lehrjahre möglichst abzukürzen. Wenn auch die von Herren Perthes erwähnten Arbeiten, als Eollationniren u. s. w., in sehr kurzer Zeit zu erlernen sind, so bedarf es doch immer einiger Uebung, um sie mit Fertigkeit zu hand haben. Weit wichtiger aber als dies ist möglichst« Bü- cherkenntniß, die nicht in 2 bis 3 Jahren zu erwerben ist. Abgesehen aber von diesem gewiß wichtigen Grunde für längere Lehrzeit als 2 — 3 Jahre, dürste zu berück sichtigen seyn, daß dadurch um so schneller neue Etablis sements herbeigeführt werden. Unter 4 Jahren min destens sollte kein Lehrling entlassen werden, und auch die Gehülfen müßten gehalten seyn, eine gewisse Reihe von Jahren zu conditionniren, che sie ein eigenes Eta- Jahrgang. blissement gründeten. — Hier bin ich also ganz mit Hrn. P. einverstanden. 2) Wenn der Lehrherr den Lehrling blos im Betrei ben rein mechanischer Beschäftigungen aufwachscn laßt, so erhalt der letzte freilich keine Veranlassung, Sinn für Lite ratur und für den innern Werth der Waare zu gewinnen, und den Geist so wie die Bedürfnisse der Zeit aufzufassen und kennen zulernen. Warum soll aber der Lehrherr sich nicht über diese Gegenstände — auf seine Erfahrungen gestützt — mit dem Lehrlinge unterhalten und ihn wiederholend praktisch darauf Hinweisen? Ich glaube sogar, daß dies seine Pflicht sey. Ist eine solche Anregung da, so wird er als Ge hülst in Beachtung solcher Interessen fortschreitcn und sie weiter ausbilden. Leider aber ist oft der Lehrherr zu vornehm, der Lehrling zu untergeordnet, als daß hier von die Rede seyn könnte. Man ist allenfalls herab lassend gegen ihn, will ihn aber nicht zu sich emporhe ben. Ich verdanke darin dem Herrn Di- Eberhard (Besitzer der Renger'schen Buchhandl.) viel, und was mir damals wohlbehagte, übe ich auch jetzt als Lehr herr gegen die Untergebenen. 3) Wenn der Buchhandel Nichtgelcrnten unter sagt ist, so fallt das Treiben heimlicher Pfuscher von selbst weg, oder die Buchhändler der Gegend, wo Pfuscherei im Schwange ist, sind selbst daran schuld. 4) Gereicht es denn zur Ehre des Buchhan dels, wenn eindringende Fremdlinge untergehen, und geschieht es ohne pecuniäre Nachtheile für Buchhänd ler und Andere? Es heißt dann nicht: ,,eiü ein- dringender Fremdling ist banquerott geworden," son dern: „schon wieder hat ein Buchhändler die Leute betrogen." Und wird durch die Eindringlinge nicht in 33