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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.05.1928
- Strukturtyp
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- 1928-05-29
- Erscheinungsdatum
- 29.05.1928
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- Deutsch
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x° 122. 29. Mai 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel Gedankengang, von dem aus sich die Oberprüfstelle leiten läßt, ist eben verkehrt: Auf die Bestärkung der Weltfremdheit des Lesers darf es nicht abgestellt, werden! Auch Oberverwaltungsgerichtsrat vr. Lindenau (Ber lin) kritisiert die Entscheidung der Oberprüfstelle in Heft 7 vom 1. April der »Deutschen Juristen-Zeitung« Sp. 512 ff. in ähnlicher Weise. Auch er lehnt mit Entschiedenheit die Be stärkung der Weltfremdheit als ein Kriterium für eine Schund schrift ab: »Ist nicht Weltfremdheit in gewissem Umfange und Sinne sogar ein glückliches Vorrecht der Jugend und der heutigen vielleicht schon viel zu sehr verlorengegangen? Und wo liegt die Grenze zwischen Weltfremdheit, Phantasie und Wachträumen, den unerschöpflichen Quellen aller Dichtkunst und Poeterei? Wenn Wieland den Hippogryphen besteigt, fühlt er sich vom »holden Wahnsinn« umspielt, bei der Teilung der Erde weilte der Dichter im Himmel — weltfremd und weltfern! Und steigen wir selbst viele Stufen tiefer: Sind Jules Vernes phantastische Reiseschilderungen, sind die von Edelmut oder Schurkerei strotzen den Gestalten der seligen Marlitt und ihrer zahlreichen Nachfolger etwa nicht auf weltfremde, naive Leser berechnet? Ich weiß wohl, daß die Oberprüfstelle nicht auf diese Werke, sondern auf weit niedriger stehende Produkte zielt, aber wer will das einmal entsendete Geschoß in seinem Laufe aufhalten? . . . Wird der Gesichtspunkt der Verführung zur Weltfremdheit fest gehalten, so läuft künftig jede sozialistische oder kommunistische oder auch monarchistische Utopie Gefahr, als Schundliteratur ver urteilt zu werden, denn sie .vermittelt dem Leser ein völlig falsches Weltbild'«. Lindenau meint, daß die Entscheidung zeige, daß die Begriffsabgrenzung der Schundliteratur Aufgaben von kaum zu überwindender Schwierigkeit stelle. Ich weiß, daß die Schwierig keiten allerdings außerordentlich groß sind, glaube aber doch, daß sie überwunden werden können, und ich glaube dafür in meinem Kommentar auf S. 166—218 den Weg gewiesen zu haben. Ich hoffe auch und glaube auch, daß die Oberprüfstelle selbst erkennen wird, daß sie auf falschem Wege gewesen ist, als sie es auf die die Weltfremdheit befördernde Wirkung der Schriften abgestellt hat und daß sie in künftigen Entscheidungen diesen Irrweg wieder verlassen wird. Wieder ein Zeichen der Zeit. Von Robert Voigtländer. .... »Namentlich, je mehr die Menschen in den vergangenen zehn Jahren das Lesen ernster Bücher verlernten. Es ist ja eine allgemeine Erscheinung, daß die Literatur, die nicht bloß unterhält oder nicht ganz speziellen Interessen dient, vor allen Dingen aber solche, die sich um die tiefsten Fragen des menschlichen Daseins bemüht, .nicht mehr geht'. Es liegt das meines Erachtens nicht an den Menschen, daß sie oberflächlicher, flüchtiger geworden sind, wenigstens nicht allein, sondern vielmehr daran, daß das gedruckte Wort in unserer Zeit überhaupt den Kredit verloren hat. Es ist viel zu viel geredet und geschrieben worden, und deshalb ist man des Lesens und Hörens überdrüssig, und man hat selbst vielzuvrel gehört und gelesen, ohne daß etwas davon fruchtbar geworden wäre, und deshalb widert einem diese geistige Speise an. Dieser Tatbestand hat zur Folge, daß die Menschen sich furchtbar schwer entschließen, «in Buch zu Lausen, aus das sie verwiesen werden. Sie haben nie Geld für Bücher übrig gehabt, aber in unserer Zeit beinahe gar keins, jedenfalls nicht für ernste Bücher. Ja, sie sind sogar schwer dazu zu kriegen, sie zu lesen, wenn man sie ihnen leiht. Es ist z. B. wirklich komisch, wie sich die Gäste von Elmau aus die stenographischen Nachschriften meiner Reden und Frage beantwortungen förmlich stürzen, aber meine Bücher, die auch in der Bibliothek stehen, kaum beachten. Sie wollen nur das Neueste.« So zu lesen im neuesten Heft (Band 3Ü, Heft 1) der von Jo hannes Müller herausgegebenen Elmauer Grünen Blätter. Wenn eine so bedeutend« Persönlichkeit, ein so lebens- und welt erfahrener, erfolgreicher Schriftsteller und Menschenkenner, über eine von ernsten, nachdenklichen Menschen — von den besonderen Folgen jener geistigen Wandlung für den Buchhandel nicht zu reden — tief empfundene Tatsache solches sagt, so verdient es an sich jede Be achtung. Daß die meisten Menschen von heute des gedruckten Wortes überflüssig geworden sind, daß sie Micher weder kaufen noch leihen, noch lesen mögen, da sie höchstens auf »das Neueste« aus sind, rührt an die Grundfesten der Art von Zivilisation und Kultur, aus die wir stolz zu sein uns gewöhnt haben. Noch bemerkenswerter ist eine praktische Folgerung, die Müller in eigener Sache daraus gezogen hat. Es bedrückt ihn die Tatsache, daß jeder neue Band seiner Zeit schrift die alten immer mehr verschütten hilft, obgleich diese an ihrem inneren Wert durch die Zeit nichts «ingebüßt haben. »Aus unzähligen Geschichten weiß ich, von welch umwälzender Bedeutung es für viele Menschen geworden ist, daß sie zufällig einmal ein Heft der Grünen Blätter öder ein Buch von mir in die Hand be kamen, etwa im Wartezimmer eines Arztes oder in der Bahn öder sonstwie, und treffe andere, die außer sich darüber sind, daß sie nicht schon vor Jahrzehnten davon gehört haben. Deshalb beschäftigt mich schon immer die Frage: Wie erreicht man die Menschen, für die das, was ich gerade ihnen bringen kann, das ist, wonach st« sich unbewußt sehnen, ohne es sonst zu finden?« Müller ist daher im Begriff, einstweilen, als Versuch, in acht Flugschriften (zum Preise von 30 Pf. bis Mk. 1.50) eine Reihe solch älterer Aufsätze erscheinen zu lassen, aber, und das ist für «die Lage des Buchhandels besonders wichtig, sie nicht einem Ver leger anz u v e r t r au e n, weil dies den Preis zu sehr erhöhen würde, sondern im E i g c n v e r la g e, d. h. im Verlage der Grünen Blätter in Elmau, herauszugeben. Auf die Hilfe des Sortimentsbuchhandels dagegen hosft er sehr (s. die Anzeige im Börsenblatt Nr. 103). Wenn ein Mann «wie Müller, der jedem ernsten Menschen etwas zu sagen «hat, nicht nur, wie viele sehr irrig meinen, einer »Johannes Müller-Gemeinde«, einen solchen «Schritt tut, nicht des Gelderwerbes wögen, sondern um mit dem, was er zu geben vermag, an Suchende hcranzukommen, und wenn er ihn tut, weil er meint, daß der Buchhandel dieser Absicht nicht zu genügen, also seine Auf gabe nicht mehr zu erfüllen vermag, so geht das, als Zeichen der Lage, uns Buchhändler «doch recht nahe an. Zwar vermag ich der Meinung nicht zuzustimmen, «daß der Preis von überwiegender Absatzwichtig«keit sei. Ein Buch, das dem Kaufliebhaber Freude oder Nutzen verspricht, darf ihm etwas kosten; empfindet er gleichwohl den Preis als niedrig, so wird er um so sicherer kaufen. Aber für ein ihm gleichgültiges Werk wirb ihm auch ein ausfallend niedriger Preis zu hoch sein; vielleicht will er es nicht einmal geschenkt, weil er es keinesfalls lesen mag. Die Hemmungen des Buchabsatzes liegen mehr in der geistigen Ein stellung der Lesetschast. Ein Zeichen der Zeit bleibt aber doch der bloße Glaube, daß »das deutsche Buch« zu teuer fei; die Folgen liegen ja in den vielen Vereins- und Werkunternehmungen und in den Buchgemeinschasten zutage. Die Frage spitzt sich also nicht so sehr auf den Preis als daraus zu, ob der Buchhandel von sich aus wirklich nicht etwas dazu beitragen kann, die Leserwelt von dem Neuigkeiten- Fimmel ab und der gediegenen älteren Literatur und nicht nur der nachdruckfreien wieder zuzuwenden. Liegen über Versuche, die gewiß schon oft gemacht worden sind, Erfahrungen vor? Um selbst einen Gedanken auszusprechen: Wie mär« es mit der alljährlichen Herausgabe eines nicht umfangreichen, aber sehr gewählten Verzeichnisses »lebender Bücher«,-die minde stens vor fünf, längstens vor etwa dreißig Jahren erschienen sind? Natürlich nur schöne Literatur und Bildungsschristen allgemeiner Art, nicht nur Wissenschaftliches, Technisches oder aus äußeren Nutzen Eingestelltes. — Vor fünfzig Jahren, als die Aufnahme eines Buches ins Barsortiment noch als Auszeichnung galt, war das von Volckmar jedem ausgelieferten Buch «beigesügte kleine Verzeichnis empfehlens werter Bücher ein sehr wirksames Vertriebsmittel. Ein Teil der Leserwelt der Gegenwart scheint gar nicht zu ahnen, an welchen geistigen Werten sie achtlos vorbeigeht, bloß weil sie »nicht neu« sind. Da wenigstens etwas Wandel zu schaffen, wäre für den Buchhandel eine unmittelbar lohnende Ausgabe. Allgemeine Rezepte, wie das Geistesleben «des deutschen Volkes — andere Völker, denen es auch nicht «besser geht, bleiben hier außer Betracht —, und damit der ihm dienende Buchhandel wieder gesund werden «soll, würden müßiges Gerede sein. Über die Wurzel aller übel hat Johannes Müller in vielen seiner Schriften, auch in dem jüngsten Heft der Grünen Blätter, Treffendes gesagt. Ickannbsim, 8.: Leesseecstt. Berlin: ckulius Lprillgsr 1927. VIII, 112 8. gr. 8° dlü. 6.60. sLurzAIopäcki« clsr keobts- uuck Aaaisvisseusolmkt. ^dt. koobtsrvlLsvusobakt. Lck. 22 a.) In seiner Sammlung »«Enzyklopädie der Rechts- und Staats wissenschaft« läßt der Verlag den Band über Prcßrecht aus der Feder «des Berliner Landgertchtsrats und Privatdozenten Mannheim folgen. Es stellt ein ebenbürtiges Gegenstück zu Häntzschols Kom mentar zum Preßgesetz dar, insofern es die systematische Darstellung 583
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