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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.09.1929
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- 1929-09-12
- Erscheinungsdatum
- 12.09.1929
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X- 212,12. September ISA. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. sehr bestätigt. Es ist hier nicht der Ort, di« politischen Zusam menhänge zu beleuchten, die diesen Ausgang verursacht haben. Hier interessieren nur die Rückwirkungen der Entscheidung aus die Wirtschaftslage. Symptomatisch dafür ist in erster Linie wohl die Börse, insbesondere die Tatsache, daß die vorher viel fach angenommene »Haag-Hausse« vollkommen ausgeblieben ist. Einige Zuckungen schienen zwar, so wie ein Versuch, eine Be lebung zu erzwingen; das war aber nur kümmerlichstes Stroh feuer, das schon im Aufflackern verpuffte. Diese »Lustlosigkeit« ist doch wohl bezeichnend. Wie sich die Regierung oder wenigstens die herrschende Partei trotzdem den Fortgang denkt, dürfte der »Vorwärts» klar umrissen haben, als er am 30. August in der Morgenausgabe unter der Überschrift »Der Erfolg vom Haag» u. a. schrieb: Der Noung-Plan wird in Kraft treten. Dadurch werden lästige, mit der Souveränität Deutschlands schwer zu verein barende Kontrollen beseitigt — ein Ergebnis, das gerade von »nationalen« Kreisen eigentlich auss freudigste begrüßt werden müßte. Die deutschen Zahlen werden um 5llü bis 7VV Millionen jährlich herabgesetzt. Der zu zahlende Jahrcsbetrag — im Durch schnitt der nächsten 37 Jahre an 2 Milliarden jährlich, in den folgenden 22 Jahren um einige hundert Millionen weniger — ist zweifellos eine schwere Belastung. Sie ist eine Folge des Krieges gegen die ganze Welt, in den uns das Kaiserreich geführt hatte. Nachdem aber eine Regelung erfolgt ist, die nach menschlicher Voraussicht sobald nicht abgcändert werden kann, hat alles Ge schrei über die schwere Last und alles übertreiben ihrer Bedeutung seinen Sinn verloren. Die Behauptung, daß Deutschland unter dieser Last zusammenbrechen müsse, ist unwahr. Wer sie aufstellt, schädigt den Kredit des Reiches und der deutschen Wirtschaft und nützt gar nichts. Denn eine Möglichkeit, durch Klagen und Ban kerottankündigungen die Verhandlungen zu beeinflussen und den zu zahlenden Betrag herabzudrücken, existiert nicht mehr. Banke- rottankllndigungen sind nichts als wirtschaftlicher Landesverrat zu dcutschnationalcn Parteizwecken. Steigerung der Leistungen und damit Erträglichmachung der Lasten durch eine gesunde Wirtschaftspolitik ist wahrhaft nationale Tat. Steigerung der Leistungen bedeutet auch die Möglichkeit, die Lage der Arbeiterklasse weiter zu heben. Die Behauptung gewisser Unternehmcrkrcise, der Noung-Plan sei nur durch Herabdrücken der Löhne erfüllbar, ist eine Zwecklüge zugunsten des Klassen- kampses von oben. Die Finanzlage des Reiches wird durch das Inkrafttreten des Noung-Plancs erleichtert — aber nicht leicht. Weitschwcisende Steuerscnkungspläne der besitzenden Kreise werden unerfüllbar bleiben. Die Erfüllung der sozialen Pflichten des Reiches geht vor. Hier ergeben sich engste Zusammenhänge mit dem gegen wärtigen Kamps um die Arbeitslosenversicherung. Damit ist schon in flüchtigen Strichen angedeutct, wie die Sozialdemokratische Partei den jetzt beginnenden Kamps um die Auswirkungen des Noung-PIanes nach innen zu führen haben wird. Es wird nicht zu vermeiden sein, daß dabei die Gegensätze innerhalb der bestehenden Regierungskoalitivn scharf ausein- anderplatzen. Als letzte Auskunft bleibt der Appell an die Wähler. Um mit dem Letzten zu beginnen: es ist Interessant, daß also auch die Sozialdemokratie nötigenfalls die Entscheidung auf einen Appell an die Wähler abstellcn will. Das ist im Grunde dasselbe, was Hilgenberg mit dem Volksbegehren im Auge hat. Kann aber die Wählerschaft in ihrer Gesamtheit die überaus schwierigen Probleme des Aoung-Planes überhaupt überschauen und von sich aus sagen, welche bestimmte Lösung sie will? Sie kann doch nur dem Führer folgen, der die Verantwortung trägt. Letzten Endes handelt es sich also nur um den Kampf um die Macht im Staate. Daß eine solche Volksabstimmung nötig er scheint, ist, wie immer sie ausgehen mag, für die Aussichten der Wirtschaft auf keinen Fall erfreulich. Sie muß sich auf ernste Erschütterungen dabei gefaßt machen. Erträglich ist dieser Ein satz für sie schließlich doch nur, wenn aufs Ganze gesehen für sie ein Gewinn zu hoffen bleibt. In den oben wiedergegebenen Ausführungen des Vorwärts ist unter diesem Gesichtspunkt in folgedessen besonders interessant die kategorische Erklärung: »Die Behauptung, daß Deutschland unter dieser Last zusammenbrechen müsse, ist unwahr.» Man ist versucht zu zitieren: »Die Bot schaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.» Richtig ist, 890 daß prophezeien auch in diesem Falle eine mißliche Sache ist. Man kann sich schließlich nur auf das alte »gut vivra verra» zurückziehen. Der Ausgang hängt ja auch von zahlreichen Wenn und Aber ab. Der Vorwärts deutet selbst auf die Zu sammenhänge mit der künftigen Wirtschaftspolitik hin und hat unbedingt recht, wenn er schreibt: »Steigerung der Leistungen und damit Erträglichmachung der Lasten durch eine gesunde Wirtschaftspolitik ist wahrhaft nationale Tat.» Wie denkt er sich aber die »Steigerung der Leistungen»? »Weitschwcisende Steuer senkungspläne der besitzenden Klassen» lehnt er ab. In dem Sinne kommt also nach seiner Ansicht eine «Erträglichmachung der Lasten» nicht itt Frage. Ebenso wenig erklärt er irgend welche Lohnsenkungen als denkbar oder auch nur diskutierbar. Steigerung der Leistungen scheint nach ihm nur aus dem Gebiet der sozialen Pflichten des Reiches möglich und nötig. In der Tat mag es »sozial« sein, daß alle, die noch Arbeit und Ber- dienstmöglichkeiten haben, die Zähne zusammenbeißen und sich vom Ertrag ihres Schweißes so viel abziehen lassen, um die arbeitslos Werdenden über Wasser zu halten. Geht das aber ins Unendliche weiter? Wieviel Arbeitslose kann schließlich ein Arbeitender mit beherbergen, ernähren, kleiden und amüsieren (s. Sport, Kino, Tanz, Tabak- und Alkoholkonsum usw.)? Das hat doch seine Grenzen. Wird nicht endlich einmal die Frage auftauchen, woher denn eigentlich die Arbeitslosigkeit stammt und weshalb das Heer der Arbeitslosen immer weiter zunimml, mehr noch die Frage, ob das so sein müsse? Auf jeden Fall sind doch Mchtarbeiten und Leistungssteigerung ein unvereinbarer Gegensatz. Um die Anerkenntnis dessen wind keine »gesunde Wirt schaftspolitik« herumkommen. Wenn nichts anderes, so wird die Not dazu zwingen. Der Vorwärts muß selbst zugeben, daß die Erleichterung 'der Finanzlage des Reiches durch das Inkraft treten des Doung-Planes infolge der Verschiebungen durch die Haager Entscheidungen verringert worden ist. Es kommt hinzu, daß nach französischen Andeutungen die Ratifizierung der Haa ger Beschlüsse frühestens im November zu erwarten ist. Bis Ende des Jahres werden also -Erleichterungen» schwerlich spür bar. Der Fehlbetrag des Finanzjahres 1929/30 wird aber schon jetzt auf 700 Millionen Mark geschätzt, d. h. auf über 200 Mil lionen mehr, als die »Erleichterungen» bestenfalls betragen könnten. Außerdem besteht noch ein offener Fehlbetrag aus dem vorigen Finanzjahr, da die Hilferdinganleihe ja zu dessen Kon solidierung nicht ausgereicht hat, und das, obwohl sie von dem sozialistischen Wnanzminister mit bis dahin unerhörten Vor teilen für »das Kapital- ausgestattet worden war, das freilich eben in Deutschland im Versiegen ist. Unter diesen Uniständen darf man zweifelsohne auf die »gesünde Wirtschaftspolitik» neu gierig sein, die trotz allem eine Erträglichmachung der Lasten durch Steigerung der Leistungen bringen will, um in erster Linie die weitere Hebung 'der Lage der Arbeiterklasse zu ermög lichen und so die Behauptung, daß Deutschland unter der Last seiner Tribute zusammenbrechen müsse, als unwahr zu erweisen. Der Wirtschaft wird man es hoffentlich nicht verdenken, wenn sie diesem Experiment mit bangen Zweifeln gcgcnübersteht. Wie es in der deutschen Wirtschaft aussieht, darüber kann doch wohl niemand mehr im Zweifel sein. Selbst das Preußische Ministerium für Handel und Gewerbe entwirft aus Grund der Handelskammerberichte diesmal in lakonischer Kürze nur noch folgendes grau in grau bleibende Bild: Die Wirtschaft stand im August unter dem Eindruck der Haager Konferenz. Die Börse war infolgedessen zurückhaltend und wurde außerdem »och durch den Zusammenbruch des Konzerns der Krank- surter Allgemeinen Bersichcrungs-A.-G. gehemmt. Der Geld- und Kapitalmarkt, der immer noch sehr verknappt ist, erfuhr keine entscheidende Besserung. Die Ausfuhr stieg zwar gegenüber Juni um 21 Millionen Mark, doch hat sich das Tempo der Steigerung immer mehr verlangsamt und bleibt hinter dem Frankreichs, Eng lands und der Bereinigten Staaten erheblich zurück. Aus dem Arbeitsmarkt zeigt die Gesamtzisser des Beschäftigungsgrades bereits einen geringen Rückgang. Dies gilt nicht für die Produk tionsmittelindustrien, die im allgemeinen eine befriedigende Ge schäftslage aufweisen.
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