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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.06.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-06-17
- Erscheinungsdatum
- 17.06.1930
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- Deutsch
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X- 137, 17, Juni 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Ttschn Buchhandel. Gericht, daß es nur wenige Hauptgesichtspunkte sind, die bei der Prüfung, ob ein irreführendes Angebot vorliegt, den Ausschlag geben können. Für die besondere Art der Reklame, die den Erfolg der Unternehmungen des Verlages bedingt und die Christensen selbst als ein eigentümliches »System« bezeichnet, das schon in den skandina vischen Unternehmungen vor ihm und dann wieder in seinen eigenen Unternehmungen genau ausprobiert und vervollkommnet ist, sind drei Umstände wesentlich: 1. daß die Werke immer wieder unter be sonderer Betonung als »gratis«, als »unentgeltlich« zu liefern ange priesen werden. Daß die Lieferung nicht ohne alle Unkosten für den Besteller erfolgt, wird dabet keineswegs verschwiegen und kann auch dem unachtsamen Leser nicht entgehen. Aber einerseits wird durch bas immer wieder hcrvorgehobcne Wort »gratis« der Eindruck er weckt, daß der Wert der Aufwendungen, die der Besteller zu machen hat, in keinem Verhältnis zu dem Werte der Bücher stehe und nur einen kleinen Beitrag zu den Unkosten des Verlages liefern solle, der eben im wesentlichen »unentgeltlich« liefere. Andererseits läßt sich zwar der von dem Bezieher zu leistende Gegenwert bei genügender Aufmerksamkeit annähernd errechnen. Aber wenige selbst der auf merksamen Leser werden diese genaue Rechnung anstellen, die ergibt, daß bei einem Werke, bestehend aus 24 »Bänden« für jeden »Band« 20 Pfg. (oder ein ähnlicher Betrag) erhoben werden, insgesamt also trotz der Zusicherung der »Gratislieferung« 4.80 Mk. zu zahlen sind. Hierzu kommt noch, was erst in der »Gratiskarte« erwähnt wird, für jede Sendung von 4 »Bänden« ein Portobetrag von 30 Pfg., also weitere 1.80 Mk., sodaß insgesamt für das »Geschenk« 6.60 NM. einzuzahlen sind, ein Betrag, der für einen großen Teil des in Frage kommenden Publikums zweifellos ins Gewicht fällt. Dabei ist zu be rücksichtigen, daß beim Kauf beim hiesigen Buchhändler derartige Ver- packungs-, Porto- und gar Jnsertionsspesen dem Kunden nicht be rechnet werden. Überdies ist die Zahl der »Bände«, mit der sich die vom Besteller zu zahlenden Beträge erhöhen, übermäßig hoch ge griffen. Die einzelnen »Bände« würde man unter anderen Umstän den als »Hefte« bezeichnen; in Wirklichkeit stellen erst zwei solcher, in einen Band zusammengefaßte Hefte ihrem Umfang nach einen wirklichen »Band« dar. Alle diese Umstände, die auch dem aufmerk samen Leser entgehen können, die er zum Teil, wie das nachträglich noch verlangte Porto und den Umfang der »Bände«, nicht einmal aus der Annonce herauslesen kann, sind aber nicht geeignet, den Eindruck auszuheben, daß es sich eben im wesentlichen um ein »Geschenk« des Verlages handelt, das dieser seinen Lesern, wenn auch nicht aus selbst losen Motiven, so doch zum Zwecke der Einführung und des Bekannt- werdcns seiner Klassikerausgaben macht, bei dem er also zu eben diesem Zwecke erheblich zusetzt. — 2. Der an zweiter Stelle hervor zuhebende Gesichtspunkt ist der, daß es sich um die Herausgabe von Standardwerken der Literatur handelt, um Werke von Schriftstellern, deren Name wenigstens selbst in den weitesten Volkskreisen bekannt ist und deren Werke selbst Personen zu besitzen wünschen, die sonst zu literarischen Erzeugnissen in keiner engeren Beziehung stehen. Es handelt sich also um weiteste Kreise, die erst als Bezieher die Massen- ausgabc möglich machen und die zu großen Teilen nicht als besonders urteilsfähig und im Bezüge von Büchern erfahren anzusehen sind. — 3. ist hervorzubcben, daß in den A n z e i g e n immer nur von einer einzigen Ausgabe die Rede ist, von der eine größere Anzahl von Exemplaren unentgeltlich abgegeben werden solle. Die erste An zeige vermeidet sorgfältig und offenbar mit voller Berechnung anzu- deuten, daß es sich in Wirklichkeit um zwei im Werte sehr verschiedene »Ausgaben« handelt, von denen nur die eine, geringere, »unentgeltlich« zur Verfügung gestellt wird. Mit dieser Mitteilung überrascht erst die »Gratiskarte« den Besteller, die noch auf ihrer Vorderseite dem Besteller die »Gratislieferung« zusagt, aber zugleich und zum ersten Male auf die zwei Ausgaben und auf die Angaben der Rückseite hin weist, aus der dann endlich das Angebot, wie es wirklich gemeint i st, deutlich ausgesprochen wird. Der Leser der ersten Anzeige, der nur von einer Ausgabe hört, muß annehmen, auch bei sorgfältiger Prüfung des Angebots, daß der Verlag hier eine vom Verlage selbst als wertvoll eingeschätztc. Ausgabe in den Handel bringt, die er zu Geschäftszweckcn vertreibt, die den regelmäßigen und be rechtigten Erwartungen entspricht, die man an derartiae Klassiker- ausaaben stellt und die er natürlich nicht ihrem ganzen Umfange nach verschenken, sondern nur in einem beschränkten Umfange zu Neklame- zwecken unentgeltlich abgeben will. Er wird regelmäßig nicht auf den Gedanken kommen, daß es sich, dem Inhalte der Annonce zuwider, um zwei Ausgaben handelt, deren eine, die sogenannte »Prachtaus gabe«. die aber nur eine gute, ordnungsmäßig ausgestattete, und dem geringen Preise entsprechende bescheidene Ausgabe ist, die wirklich zu Haudelszwecken herausgebrachte Ausgabe ist. während die zweite, un gebundene und auf geringwertigem Papier gedruckte Ausgabe offen bar nur bergestellt ist, um Besteller, die aus einer »Gratisausgabe« bestehen, abzufinben. 562 Der Schlüssel des »Systems« liegt nun eben darin, daß man zu nächst in der Annonce in den breitesten Bevölkeruugsschichten die irrige Meinung erregt, es handle sich um eine buchhändlerisch voll wertige Ausgabe, die im übrigen zu angemessen hohem Preise ver kauft werden solle, von der aber eine gewisse Anzahl von Exemplaren zu Neklamczwecken mehr oder weniger unentgeltlich abgegeben werden solle. Hat man durch dieses »Gratisangebot« zahlreiche Interessenten angelockt, so wird diesen erst jetzt die Aufklärung dahin erteilt, daß die wirklich gemeinte, buchhändlerisch zu vertreibende und die hohen Juser- tionskosten tragende Ausgabe zu einem zwar billigen Preise, aber doch keineswegs unentgeltlich ausgegeben werde, der Verlag aber eine ge ringere ungebundene und auf geringwertigem Papier gedruckte Neben ausgabe vorrätig halte, die der Kunde zu dem keineswegs ganz uner heblichen Preise erhalten könne. Dem Kunden war dann in den meisten Fällen mit dem letzteren gegenüber den Angaben der ersten Annonce veränderten Angebot nicht gedient. Für die ungebundene, auf schlechtem Papier hergestellte Ausgabe gerade der Klassikerwerke, die man nicht nur einmal durchlieft, sondern zu häufigerem Gebrauch aufbewahren will, war er nicht bereit, einen für ihn nicht unbeträcht lichen Preis zu zahlen. Er entschloß sich daher in den meisten Fällen, wenn er nicht enttäuscht die Sach« ganz ausgab, die eigentliche Ausgabe (^) zu bestellen. Dies aber war die Absicht des Verlages, und diese Bestellungen brachten ihm den sehr erheblichen Verdienst. Es war festzustellen, daß Christensen durch eine fortgesetzte Hand lung in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit und die Preisbe messung von Waren, wissentlich unwahre und zur Irreführung geeig nete Angaben gemacht hat, indem er in den Annoncen versprach, an die Einsender der Coupons eine größere Anzahl von Exemplaren der ein heitlichen, für den Buchhandel in üblicher Weise ausgestatteten Aus gabe verschiedener Klassiker unentgeltlich abzugeben, während er in Wirklichkeit nur bereit war, ihnen Exemplare einer minderwertigen, ungebundenen, für die meisten Einsender ungeeigneten Nebenausgabe gegen eine Vergütung abzugeben, die so hoch bemessen war, daß sie die Unkosten des Verlages im wesentlichen deckte, sodaß also auch die Ab gabe dieser Ausgabe keineswegs unentgeltlich, sondern höchstens ohne Nutzen siir den Verlag oder mit einem geringen Schaden desselben er folgte, Vergehen strafbar aus 8 4 des Wettbewerbsgesetzes. Daß der Angeklagte Christensen sich über diesen Sachverhalt klar war, aber dennoch die beanstandete Reklame durchführte, weil er eben nur auf diesem Wege die zahlreichen Besteller anzulocken vermochte, die seinem Betriebe den hohen Nutzen sicherten, erscheint nicht zweifel haft trotz mehrfacher, die Reklame als erlaubt bezeichnender Gerichts entscheidungen. Gegen dieses, wie gesagt, sehr klare Urteil war lediglich vom Angeklagten Revision eingelegt worden. Soweit sich diese auf Verfahrensbeschwerden stützt, interessiert das Urteil nicht, wohl aber ist von Bedeutung, was der Strafsenat des Reichs gerichts hinsichtlich der sonstigen Revisionsbegründungen aus führt. Er «bemerkt dazu: »1. Die Zusicherung der ,Gratis'-Abgabe sollte nach 'der Beweisannahme des Landgerichts bei 'dem Publikum, für welches das Angebot bestimmt war, «den Eindruck erwecken und hat ihn erweckt, daß !der Verlag zum Zwecke «der Kundenwerbung bei dem Vertriebe ,erheblich zusetze', daß 'der Verlag also ein Opfer auf sich nehme, das dem Abnehmer zugute kommen sollte. Freilich ist nicht zu bezweifeln, daß eine ,Schenkung' auch ohne solches Opfer rechtlich denkbar ist. Damit nicht unverein bar ist aber die tatsächliche Annahme des Landgerichts, daß gerade im gegebenen Falle die Zusage eines solchen Opfers in dem Angebot in die Erscheinung trat. Der von der Revision gerügte Widerspruch ist nicht zu erkennen. Die Angabe war unwahr, weil -sich bei der ,Ausgabe 6' die Unkosten des Verlags ,annähernd mit der verlangten Vergütung deckten'. Dies aber konnte nach der Beweisannahme des Landgerichts auch 'der aufmerksame Leser nicht ohne weiteres erkennen; die Angabe war demnach zur Irreführung geeignet. 2. Auf tatsächlichem Gebiete 'liegt auch die vom Landgerichte dem Angebote gegebene Auslegung, daß mit ihm nur der Ver trieb einer einheitlichen, buchhäudlerisch vollwertigen Ausgabe angekündigt worden sei, während in Wahrheit für 'den soge nannten ,unentgeltlichen' Vertrieb nur eine geringere, unge bundene und auf geringwertigem Papier gedruckte Nebenausgabe vorrätig gehalten wurde.
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