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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1915
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- 1915-01-02
- Erscheinungsdatum
- 02.01.1915
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Nr. 1. Leipzig, Sonnabend den 2, Januar 1915. 82. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Zum neuen Jahre. Auch wenn an den Berichterstatter nicht die strengen Forde rungen gestellt werden wie an den Geschichtsschreiber, so müßte er doch versagen, sobald er vor die Aufgabe einer geschichtlichen Darstellung des Jahres 1914 gestellt würde. Denn noch ist alles im Fluß und viel zu wenig übersichtlich, als daß die Ergebnisse der letzten Zeit richtig gewertet oder gar Bilanzen aufgestellt werden könnten. Ähnlich dürfte es dem Kaufmann bei seiner Inventur ergehen. Auch er wird in Unsicherheit darüber sein, wie Vorräte oder Außenstände zu bewerten sind, welche Abschrei bungen er zu machen hat und was als Gewinn oder Verlust des Jahres zu verbuchen ist. Da jeder feste Maßstab fehlt, so wird er mit der gesetzlichen Vorschrift, nach der die Werte mit dem Be trage einzusetzen sind, der ihnen am Tage der Bilanzziehung zu kommt, ivenig anfangen können. Und doch wird er, unbekümmert um alle Schwierigkeiten, den Versuch einer Einschätzung machen müssen, um wenigstens ein annäherndes Bild seiner Vermögens- läge zu gewinnen. Nicht anders ergeht es dem Berichterstatter, der gleichfalls auf dem schwankenden Boden einer ereignisbollen Zeit mit täglich wechselndem Gesicht eine ähnliche Wahrscheinlichkeit? rcchnung aufstellen muß, um wenigstens einen einigermaßen festen Stützpunkt zu erhalten, von dem aus eine, wenn auch oberfläch liche Orientierung und ein Blick in die Zukunft möglich sind. Wie ein Sturmwind ist der Krieg über uns gekommen und hat aus einem Ausstellungsjahr ein Kriegsjahr gemacht. Auf alle die Bllltenfülle, die einer schönen Zukunft entgegenreifte, ist über Nacht der Meltau bitterer Enttäuschung gefallen, so daß uns heute die Zeit vor dem Kriege wie ein schöner Traum er scheint, aus dem wir unsanft in eine rauhe Wirklichkeit versetzt wurden. Ein Traum auch deswegen, weil alles, was wir in den langen Friedensjahren ersehnt und erhofft haben, darauf gerich tet war, ein besseres gegenseitiges Verständnis der Völker anzu bahnen und sie einander näher zu bringen, damit eines dem an deren von seinem Reichtums Mitteilen könne. Als ein weithin sichtbares Symbol dieser Bestre bungen des Buchhandels und Buchgewerbes stand am Ein gänge des Jahres 1914 die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik, errichtet auf demselben Boden, auf dem vor hundert Jahren Europa um die Befreiung von dem französischen Joche rang. Nur wenige Mo nate nach ihrer Eröffnung mutzte die Weltkultur dem Weltkrieg Weichen. Wo ehedem internationale Friedenshymnen gesungen wurden, erklangen jetzt die Wacht am Rhein und Deutschland, Deutschland über alles. Still und leer wurde es in den Hallen der Ausstellung, während am nahen Völkerschlachtdenkmal Tau sende das Gelübde der Treue zu Kaiser und Reich erneuerten. Und wie im engen Rahmen der Ausstellung der Krieg mit einem Schlage das Bild veränderte, so ging im weiten Deutschen Reiche eine Wandlung vor sich, als Militärzüge über Militärzüge die Truppen an die Grenzen brachten und tagelang Handel und Ver kehr stockten. Wie ein Mann erhob sich das ganze deutsche Volk, durchdrungen von der Erkenntnis, daß es sich hier um nicht mehr und nicht weniger als um seine Existenz handle, und mit sel tener Einmütigkeit stimmten seine Vertreter im Reichstage allen Maßnahmen der Regierung zum Schütze des Reiches zu. Nie ist sich das deutsche Volk so sehr seines inneren Zusammenhangs und der Erkenntnis, daß einer für alle, alle für einen stehen müs sen, bewußt geworden wie in den denkwürdigen Augusttagen 1914, und nie hat Wohl auch das Vertrauen zur Regierung einen so deutlichen und beredten Ausdruck gefunden wie seit dem Kriegsausbruch. Mit Bewunderung und Staunen sah man, wie leicht und sicher dieses scheinbar oft schwerfällige Räderwerk unse rer Verwaltung?- und Heeresorganisation ineinandergrtff, wie ein Geist und Wille es beherrschten, hinter die alles andere zurück treten mutzte. Dank den Maßnahmen der Regierung auf wirt schaftlichem und gesetzgeberischem Gebiete sind alle schweren Er schütterungen, wie sie jeden jähen Wechsel zu begleiten Pflegen, von Deutschland abgewendet worden, so daß bald Beruhigung und Vertrauen wieder einkehrten. An lange Friedenszeiten gewöhnt und jäh aus ihrer Arbeit herausgerissen, war unsere Geschäftswelt nicht in dem gleichen Maße kriegsbereit, zumal ihr durch die Mobilisierung ein großer Teil ihrer bisherigen Mitarbeiter entzogen wurde. Nach an fänglichem Schwanken hat sie sich jedoch verhältnismäßig rasch in die veränderte Lage hineingefunden, und auch der Buchhandel, schwerer als andere Berufe vom Kriege getroffen, hat nach Über windung einer kurzen Krisis sich den veränderten Zeit verhältnissen angepatzt und seine Arbeit auf sie eingestellt. Was vielleicht in den ersten Wochen im Verlag und Sortiment durch übereilte Maßnahmen gesündigt wurde, ist längst wieder gutgemacht durch die Betätigung des festen Willens, einander durchzuhelfen, soweit es der einzelne vermag. Freilich läßt sich heute noch nicht absehen, inwieweit die Sünden vor dem Kriege, die schon in Friedenszeiten die Sorge des Börsenvereins bilde ten: der Mangel an genügenden Reserven, die unzulängliche Kre- ditwirtschast, meist hervorgerufen durch ungeordnete Buchführung, unzulängliches Rechnung?- und Zahlungswesen, sich noch rächen werden. Darüber wird sich erst zur Ostermesse ein einiger maßen richtiges Bild geben lassen. Nach den bisherigen Ersah- rungen glauben wir, daß, sofern ein jeder bis an die Grenze des ihm Möglichen geht und Vertrauen mit Vertrauen erwidert, kei nerlei Grund zu Befürchtungen vorliegt. Hat uns doch ein gnä diges Geschick den Krieg im eigenen Lande erspart, so daß im großen und ganzen von seinen unmittelbaren Einwirkun gen nur die westlichen und östlichen Grenzorte betroffen worden sind. Da der Krieg grundsätzlich nichts an eingegangenen Ver pflichtungen ändert, so wird von dem einzelnen Verleger von Fall zu Fall und unter Berücksichtigung der besonderen Um stände zu entscheiden sein, ob und inwieweit er einzelnen vom Kriege besonders betroffenen Firmen entgegenkommen will und kann. Zu den Unterlassungssünden, deren Folgen mit besonderer Deutlichkeit während der ersten Kriegsmonate hervorgetreten sind, wird man auch den Mangel an Solidaritätsgefühl und Or ganisation rechnen müssen. Hier ist noch ein weites Feld der Be tätigung durch die Vereine gegeben, das allerdings so lange auf Bestellung warten wird, als sich nicht der klar erkannte Wille Bahn bricht, daß eine zweckmäßige Organisation die erste Vor bedingung für das Gedeihen eines Berufsstandes ist. Wenn die Einmütigkeit, in der sich das gesamte deutsche Volk zusammen gefunden hat, von dem Buchhandel zur Richtschnur genommen würde, so wäre dieser Erfolg um so freudiger zu begrüßen, 1
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