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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1927
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- 1927-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1927
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X- 242. 15. Oktober 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. der Staat, der sich seiner Angreifer erwehrt, der ihnen gegen über -sich selbst durchsetzen, den Fortbestand der gegebenen Staats form sichern will, an sich nicht in Notwehr, sondern macht lediglich Gebrauch von der ihm zustehenden obersten Gewalt«. Aber durch Preßgesetz ist die Tätigkeit der Polizei begrenzt wor den; wird diese Grenze überschritten, so liegt Rechtswidrigkeit vor. Aber »einen solchen die Rechtswidrigkeit des staatlichen Handelns ausschli-eßenden Grund bildet die Notwehr. . . . Die Voraussetzungen der Notwehr beurteilen sich hier nach BGB. ß 227«. Diese Richtlinie ist interessant und wichtig, aber für den Einzelsall doch recht schwer anzuwenden. »Buchhändlerprozesse« und Johannes R. Becher. Die Leser des Börsenblattes erinnern sich noch des Berichts über die Prozesse gegen kommunistische Buchhändler (Bbl. Nr. 112) und der Forderung des Dichters Johannes R. Becher, strafrechtlich -verfolgt zu werden, damit er öffentlich für sein Werk einstehen könne. Nunmehr hat der Oberreichsanwalt die Anklage gegen Johannes R. Becher erhoben. Sie lautet, wie der Berliner Börs-en-Courier vom 2. September berichtet, »aus Vorbereitung zum Hochverrat, Teilnahme -an einer staatsfeind lichen Verbindung, Beschimpfung der republikanischen Staats form und Gotteslästerung. Ihre Grundlage bildet eine Reihe von Schriften, insbesondere der Roman »Levisite oder Der einzig gerechte Krieg', ferner die Gedichtsammlung ,Der Leich nam auf dem Thron' und schließlich ein Gedicht ,An Hinden- -burg'. Becher war im August 1925 bei Einleitung des Ver fahrens in Haft genommen, jedoch im Hinblick aus das Amnestie- gesetz entlassen worden. Die Angelegenheit galt damals als er ledigt, bis im Januar 1926 die Abteilung I ^ des Berliner Polizeipräsidiums ein Vorgehen wegen des Gaskriegsromans er bat, in dem von der Anklagebehörde eine literarische Vorberei tung des Bürgerkriegs und eine bewußte Auspeitschung zu revo lutionärer Erhebung erblickt wird. Das Gasbuch ist bereits in einem der Buchhändlerprozesse als eine Schrift hochverräterischen Inhaltes vom Reichsgericht angesehen worden«. Ferner sind jetzt die Reichsgerichtsurteile in den Hochver- ratsp-rozesseu gegen kommunistische Buchhändler usw. in der Juristischen Wochenschrift (Heft 36 S- 2003 f.) abgedvuckt worden, wenn auch nicht in der vollen Fassung der Urteile, so doch wörtlich in ihren wesentlichen Teilen. Es sind die Urteile vom 5. /Fe bruar, 18. Februar u. 28. Februar 1927. Ihr Kern ist in meinem Bericht im Bbl. Nr. 112 schon mitgeteilt worden und dürfte den Buchhändler, der nicht als absichtlich in der Art des Parteifunktionärs die als hochverräterisch anzusehenden Schriften vertreibt, beruhigt haben. Ähnliches gilt für Setzer und Drucker. Diese klare Unterscheidung, die das Reichsgericht zwischen neu tralem Buchhändler einerseits und J-de-envertveter der verbreite ten Schriften andrerseits macht, dürfte gutzuheißen sein, wie sie auch in einer Anmerkung von Ministerialrat vr. Kurt Häntzschel in der Juristischen Wochenschrift gutgeheißen wird, der lediglich an der Anwendung des Z 41 StGB. — Unbrauchbar machung der ganzen Auflage —- Kritik übt. Er sagt u. a.: »Der hier vom Reichsgericht Heschrittene Weg führt not wendigerweise dahin, daß jeder Verleger eines ernsten wissen schaftlichen oder künstlerischen Werkes mit der Möglichkeit der Unbrauchbarmachung der ganzen Auflage rechnen muß, nur weil irgendein Verbreiter einige, ja vielleicht nur ein einziges Exem plar unter Umständen verbreitet hat, die die Verbreitung zur strafbaren Handlung machen«. Er hat gewiß nicht unrecht mit dem Hinweis, daß ja dann auch unzüchtige Benutzung eines wissenschaftlichen medizinischen Werkes durch irgend jemand zum Gerichtsspruch über Vernich tung der ganzen Auflage des Buches führen müßte. Es wird aber die Leser interessieren, noch einige der wich tigsten Sätze aus den drei Urteilen im Wortlaut zu erfahren: 1. (Aus dem Urteil vom 5. Februar): » Die Bücher wurden in den von den Angeklagten geleiteten Buchhandlungen verbreitet, weil sie als geeignet angesehen wurden und auch ge eignet sind, der Vorbereitung des Hochverrats durch -gewaltsame Änderung der bestehenden Reichsversassung ... zu dienen. Die Angeklagten behaupten, den Inhalt der beanstandeten Bücher, die von ihnen vertrieben sind, nicht gekannt zu haben. Es ist einleuchtend . . ., daß man einem -Buchhändler unter gewöhn lichen Umständen nicht -die Pflicht auferlegen kann, die ihm zum -Verkauf gegebenen Bücher, von denen er nicht weiß, daß sie beschlagnahmt sind, vor dem Weiterverkauf -einer Prüfung daraufhin zu unterziehen, ob sie etwa im Ganzen oder an ein zelnen Stellen -gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Eine solche Pflicht wäre für einen auch nur einigermaßen beschäftigten Buchhändler völlig unerfüllbar, und was von dem Buchhändler gilt, gilt noch mehr von den Angestellten in der Buchhandlung, die die Verantwortung dafür, daß die Bücher keinen strafbaren Inhalt haben, in aller Regel dem Inhaber überlassen dürfen. Bei den von den Angeklagten geleiteten Verl-agsgeschäften und Buchhandlungen handelt -es sich aber nicht um bloße buchhändle- ri-sche Erwerbsgeschäfte, sondern um politischen Zwecken dienende Unternehmungen, die in Abhängigkeit von der KPD. gegründet sind und fortbetrieben werden, um durch Verbreitung von Schriften der Vorbereitung des Hochverrates zu dienen « » Haben hiernach die von den Angeklagten verbreiteten Bücher entweder unmittelbar hochverräterischen Inhalt, oder sind sie wenigstens geeignet,,der Vorbereitung des Hochverrats zu dienen, und haben ferner die Angeklagten sie mindestens mit dem bedingten Vorsatz, durch die Verbreitung der Bücher den Hochverrat vorzubereiten, und zwar wegen ihrer leitenden Stel lung mit dem Täter-, nicht bloß dem Gehilsenwillen verbreitet, so haben sie -sich eines Verbrechens zwar nicht gegen K 85, wohl aber gegen Z 86 StGB, -schuldig gemacht, sofern es sich bei dem hochverräterischen Unternehmen um ein bestimmtes Unternehmen handelt « » Der ß 86 stellt ,jede -andere, ein hochver räterisches Unternehmen vorbereitende Handlung' unter Strafe. Es ist schlechterdings nicht einzusehen, weshalb, wenn »jede andere ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitende Handlung' unter Strafe gestellt ist, die Handlung nicht auch durch eine geistige Einwirkung auf andere und insbesondere durch Ver treiben von Schriften begangen werden könnte, durch die zwar nicht, wie im Falle des Z 85 StGB, der Anlaß zur unmittel baren Ausführung des Hochverrats gegeben werden soll, Wohl aber der Menschenkreis, an den die Schrift sich wendet, -innerlich für die Vornahme solcher Handlungen vorbereitet, zu ihr geneigt gemacht, das natürliche Widerstreben der einzelnen Gewalttätig keiten, Bürgerkrieg und dergleichen überwunden werden -soll....« 2. (Aus dem Urteil vom 18. Februar): »Vom September 19.23 an bis zum Oktober 1925 hat die KPD. die Schriftenfolge ,Vom Bürgerkrieg' in monatlichen Abständen erscheinen und durch ihre militärischen Funktionäre verbreiten lassen « »Regelmäßig wird man Setzer und Drucker nicht für den Inhalt ihrer Arbeit verantwortlich machen können. Anders liegt aber die Sache, falls -sie ausnahmsweise an der Arbeit ein besonderes Interesse nehmen, falls sie durch besondere Umstände auf den Inhalt der Arbeit hingewiesen werden oder aus weiteren An haltspunkten sich ihre Kenntnis von dem Inhalt ergibt. Sämtliche dieser Voraussetzungen liegen aber hier vor « » Dies ergibt sich klar aus den oben geschilderten geheim nisvollen Umständen, unter denen der Auftrag entgegeng-enom- men, die Ausführung des Druckes besorgt und die Weiterschaffung an die Adressaten ausgeführt ist. Bei dieser Sachlage ist es weiterhin nicht zweifelhaft, daß die Angeklagten auch die hochverräterischen Zwecke der Bürgerkriegshest-e klar erkannt haben « 3. (Aus dem Urteil vom 28. Februar): » Das Ver brechen der Vorbereitung des Hochverrats kann -auch -begangen werden durch den Verlag und die Verbreitung von Druckschriften, deren Verfasser wissenschaftliche-oder künstlerische Zwecke -aus schließlich oder vorwiegend verfolgten, selbst dann, wenn das Werk wissenschaftlichen oder literarischen Wert hat. Voraus setzung dafür ist nur, daß der Inhalt der Druckschrift, mochte sie nun einen literarischen, wissenschaftlichen oder historischen Wert haben oder nicht, geeignet war, der Vorbereitung der ge waltsamen Änderung der Verfassung zu dienen, und daß sie von dem Täter zu diesem Zwecke verlegt und verbreitet worden 1231
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