Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.09.1923
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- 1923-09-03
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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>v° LOS, 3. September 1923. Redaktioneller Teil. über. Vielfach rückt leider auch der Verlag allmählich in die Stel lung des Arbeitgebers gegenüber dem Sortimenter als Arbeit nehmer l statt daß beide Parteien sich als gleichberechtigte, selb- ständige Unternehmer gegenüberstehen. Di« zahlreichen Ausnah. men zu obigen drei Gegensätzen beweisen nur die Regel. Vor allem aber wird der Buchhandel niemals vollständig dem 'Kapitalismus verfallen, weil das Buch niemals in dem Grade reinen Warencharakter annehmen kann wie fast alle anderen Ge brauchsgegenstände. So kommt cs, daß im Buchhandel die Preisbildung im allge meinen noch weit gesünder ist als sonst. Immerhin machen sich auch hier ungesunde Vorgänge bemerklich; sei es, daß der Verlag unter Ausbeulung einer Monopolstellung den Rabatt ungebührlich beschneidet, den Ladenpreis unzweckmäßig niedrig soder auch hoch) ansetzt; sei es, daß das Sortiment durch seine Zuschlagspolitik den Rabatt übermäßig hinauftreibt und dadurch das Buch unzweck mäßig verteuert. Ich mutz es dem Leser, der sich für diese Fragen interessiert, überlassen, sich di« Folgen durchzudenken, di« notwendig in den vier Fällen eintreten, daß entweder der Verkaufspreis oder der Rabatt Las eben von mir aufgezeigte Optimum entweder überschreitet oder nicht erreicht. Die unmittelbaren Folgen sind verschieden! letzten Endes aber tritt stets eine schwere Schädigung beider, Verleger wie Sortimenter, «in und eine Verminderung der Kapazität des Bücher marktes. Der Verkehrsstrom versandet gleichsam. Selbstverständ lich unter der Voraussetzung, daß die Abweichungen vom Optimum nicht vereinzelt bleiben, sondern von Einfluß auf die Gesamtwirt schaft sind. Wenn wir also — von den schweren Krankheitseischeinungen der Gegenwart abgesehen — im Buchhandel noch verhältnismäßig gut daran sind, so sollte man meinen, daß wir alle Kraft daran setzen müßten und setzen würden, um die kapitalistische Entwicklung — wenn sie schon nicht unterbunden werden kann — doch wenigstens nach Möglichkeit zu hemmen. Und was haben wir getrieben? Ich glaube schon einwandfrei nachgewiesen zu haben, daß die gesamte Tätigkeit der Gilde seit ihrer Gründung nichts gewesen ist als Wasser auf die Mühlen des Kapitalismus — und ztvar für Verlag und Sortiment. Das Sortiment wirst sich dem Kapitalismus vor die Füße, reißt den Verlag mit und damit beide in den Untergang. Ich weiß sehr gut, daß diese Folgerungen bei sehr vielen mei ner Berufsgenossen auf starken Widerspruch stoßen werden. Es ist nicht leicht, das, was unzweifelhaft Nutzen gestiftet hat; das, wor auf man vielleicht sehr stolz ist, von einem anderen und höheren Ge sichtspunkt aus als einen Abweg zu erkennen, den man nicht weiter verfolgen darf. Auch mir selbst ist das nicht leicht geworden. Aber die Dinge liegen sonnenklar, und wir müssen den Mut haben, sie zu sehen, wie sie sind. Jagen wir die elenden Schlagworte, mit denen wir uns die Jahre her herumgeschlagen haben, endlich zum Teufel) werden wir uns klar, welche Ziele überhaupt erreichbar und errcichenswert sind! Beschränken wir uns auf diese Ziel« und be währen uns eben durch diese Beschränkung als Meister. Das Sor timent darf sich nicht anmaßen, den Ladenpreis — und damit sei nen Rabatt — gegen den Willen des Verlags festzusetzen. Es glaubt heute vielfach, erlittenen Schaden, z. B. relativen Rückgang des Umsatzes, relative Steigerung der Spesen (Steuern) einfach dadurch ausgleichen zu können, daß es einen höheren Rabatt er zwingt. Aus dem Gesichtspunkt der Gesamtwirtschaft gesehen ist das natürlich ein Unsinn, und das Sortiment wird über kurz oder lang gezwungen sein, mit dieser Anschauung gründlich zu brechen. Das ist eine sehr hart« Wahrheit, aber deshalb um nichts weniger Wahrheit. Das Sortiment, nicht weniger wie der Verlag, wird sich eben auf die Dauer damit abfinden müssen, daß die Rentabilität eines Betriebes meist im umgekehrten Verhältnis zu seinem kultu rellen Wert steht. Die Animierkneipe ist stets rentabler als ehr liche Arbeit. Das ist auch so eine duftende Blüte dieser besten aller Wirtschaftsformen — aber so lang« diese herrscht, ist daran nichts zu ändern. Ebensowenig aber darf der Verlag sich anmaßen, den Rabatt diktieren zu wollen. Es geht auch nicht an, di« Verquickung von Teuerungszuschlag und Rabatt abzulehnen. Ist doch beides ein und dasselbe Problem, nur von zwei verschiedenen Seiten ge sehen. Hätten wir normale Verhältnisse, so würde der Rabatt auf dem natürlichen Wege von Angebot und Nachfrage geregelt: der Verleger findet beim Sortiment erst dann hinreichend« Verwendung, wenn der Rabatt — unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände — hinreichend hoch ist. Mittelbar ist dadurch innerhalb ziemlich enger Grenzen der Ladenpreis bestimmt, und beide Teile sind ver hindert, ihre Forderungen zu üderspannen. Diese natürlichen, rein wirtschaftlichen Waffen versagen unter einer pseudofreien Wirtschaft, wie wir sie z. Zt. haben. Hier be- dars es einer Waffe, di« als unwirtschaftlich und gemeinschädlich in der gesunden Wirtschaft abzulehnen wäre: der Boykott. Ta, wo kapitalistische Übermacht den Rabatt über Gebühr beschneidet, bleibt dem Sortiment kein« andere Wahl, als zu dieser Masse zu greifen. Mit der Rückwirkung allerdings, daß auch die ander« Partei zu derselben Waffe greift. Aber der Ausgang des Kampfes wird immerhin eine gewisse Gesundung sein: entweder, indem ein höherer Rabatt durchgesetzt wird, oder, indem die Zahl der vertreibenden Sortimente beschränkt wird. Dadurch steigt deren Umsatz, und der selbe Rabatt, der — auf viele verteilt — ungenügend war, wird — auf wenige verteilt -- zu einem ausreichenden. Nach welcher Seite die Entscheidung fällt, hängt davon ab, ob Verleger oder Sor timenter die volkswirtschaftlich berechtigten Forderungen vertreten haben. Aber auch hier kommt der kapitalistische Pferdefuß zum Vor schein: die Entscheidung schreitet kalt lächelnd über zertretene Existenzen hin, vielleicht nicht immer nur auf Seiten des Sor timents. Wenn bisher kein« der beiden Parteien von der Waffe des Boykotts Gebrauch gemacht hat; wenn es bei vereinzelter An- drohrmg geblieben ist, so hat das wohl hauptsächlich daran gelegen, daß das Sortiment geglaubt hat, eine sehr viel schärfere Waffe zur Hand zu haben: die Ausnutzung feiner Machtstellung im Börfen- verein. Wer sich über die hierin liegende Vergewaltigung der Min derheit entrüsten wollte, der übersieht, daß in der heutigen Wirt schaftsform überhaupt Gewalt vor Recht geht, wenn auch »in der Form Rechtens-. Es ist aber eine Waffe, die in der Hand dessen, der sie führt, notwendig - zerbricht und ihn dem Gegner gegen über wehrlos macht. Daraus komme ich im zweiten Hauptteil meiner Ausführungen, beim Börsenverein, zurück. Vor allem also müssen wir es endlich verlernen, unsere Kräfte an unerreichbare Ziele zu vergeuden. Wer mir bis hierher gefolgt ist, wird, auf die Kämpfe der letzten Jahr« zurllckblickend, mit Beschämung und Trauer erkennen, welches Unmaß von Kräften wir Buchhändler — und ich nehme mich selbst davon durch aus nicht aus — auf die Leerlanfarbeit unserer Wirtschaftsmaschine verschwendet haben; Kräfte, die für positive Arbeit wahrhaftig dringend genug nötig gewesen wären! Denn was bisher in dieser Richtung von unserer Berufsvertretung geleistet worden ist, das ist blutwenig. Wir stehen vor einer ungeheuren Wirtschaflskatastrophc — vielleicht der größten, die die Weltgeschichte bisher gesehen hat. Ist bisher die leiseste Vorsorge getroffen worden, um ihre verheerenden Rückwirkungen auf den Buchhandel auch nur einigermaßen zu mil dern? Die kurze, schon so weit hinter uns liegende Stabilität der Mark hat doch wohl deutlich genug gezeigt, was uns erwartet. Wir lassen die Zahl der Betriebe zweck- und sinnlos ins Ungemessene wachsen; wir sehen untätig zu, wie durch den Kanal des Grosso- Buchhandels dem Sortiment systematisch das Wasser abgegraben wird. Wir jammern über das Anschwellen der Spesen, aber sie wieder herabzudrücken, tun wir nichts. Und wenn zur Verein fachung und Verbilligung des Zahlungsverkehrs ein großzügiger Schritt getan wird, wie durch die Schaffung der BAG, dann muß er notwendig durch eine Konkurrenzgründung neutralisiert werden! Wenn der Streit um BAG und Zalko schon der Würde des Buch handels nicht entsprach, so entsprach die Konkurrcnzgründung weder der Würde noch den Interessen des Buchhandels. Was tun wir zur Vertiefung und Erweiterung des Büchermarktes? Enspricht es der Würde des Buchhandels, wenn seine Angestellten schlechter bezahlt sind als die anderer Beruf«? Entspricht es der Würde des Buch- Handels, wenn die Existenz feiner Lehranstalt in Leipzig von milden Gaben abhängig gemacht wird, statt von der pflichimäßige» Unter- stützung des gesamten Buchhandels? Und was ist das, bei Licht besehen, für ein Zustand, daß der große dcntsche Buchhandel, dieser 1227
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