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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1915
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- 1915-01-27
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1915
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- Deutsch
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»V 21, 27. Januar ISIS. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschu. Buchhandel. Die Zeit ist auch für die Museen eine harte, da den meisten der Anschaffungsetat verkürzt ist. Auch manches von Vereinen für Kunstzwecke gesammelte oder von Privaten hierfür auf die hohe Kante gelegte Geld kommt jetzt den dringenderen Bedürfnissen der Kriegsnothilfc zugute, wodurch natürlich der Kunsthandcl einen ganz erheblichen Ausfall erleidet. Aber gerade jetzt möchte man den Museen eine Erhöhung des Etats wünschen, da durch den wirtschaftlichen Druck der Zeit manches Werk aus altem Besitz zum Kauf angebotcn wird, das eine sehr erwünschte Bereiche rung der Sammlung bilden würde. Ein wehmütiges Wort Heb bels kommt mir hier in den Sinn, das der sterbenskranke Dichter der Nibelungen äußerte, als er die Nachricht von der Zuteilung des Schillerpreifes erhielt: »Einmal fehlt uns im Leben der Wein und einmal der Becher«. Manche günstige Gelegenheit muß heute von den Museen verpatzt werden, wenn nicht eine Gönnerschaft zu Hilfe kommt. Da verdient das Vermächtnis des vor kurzem ver storbenen Deutsch-Amerikaners Hugo Reisinger eine besondere Erwähnung, der neben sehr bedeutenden Stiftungen für wissen schaftliche und humanitäre Zwecke auch die Berliner National galerie und die Münchner Neue Pinakothek mit je 50 000 Dollar zum Ankauf moderner Gemälde, die Columbia-Universität in New Aork mit 100 000 Dollar zur Errichtung eines Lehrstuhls für Kunstgeschichte und seine Vaterstadt Wiesbaden mit 25 000 Dollar bedacht hat, letztere zur Errichtung eines Brunnens, der nur von deutschen Bildhauern und Architekten geschaffen werden darf. Es ist mir nicht bekannt, ob der Stifter mit der Schenkung von je 210 000 -kk an die beiden deutschen Galerien besondere Wünsche verknüpft hat, außer den der Pflege moderner Kunst. Schon die Bestimmung, daß das Kapital festliegen soll, wie es in den mei sten Fällen geschieht, und nur die Zinsen jährlich zu Anschaffun gen verwandt werden dürfen, ist eine Beschränkung, die für ein Museum irnter Umständen nachteilig sein kann. Nun geht der Stifter oder Erblasser meist von der Ansicht aus, daß die Zinsen allein eine genügende Beihilfe sind und auch bei schlechter Ver wendung, die Wohl einmal eintreten könnte, doch das Kapital er halten bleibt; »denn«, wie Kant einmal sagt, »der, welcher gut mütiger-, aber doch zugleich etwas ehrbegierigerweise eine Stiftung macht, will, daß sie nicht ein anderer nach seinen Begriffen um ändere, sondern er darin unsterblich sei«. Besser aber ist es, die günstigste Verwendung des Geldes vorauszusetzen und das Kapi tal selbst in seinem ganzen Umfange zu einem oder mehreren An käufen zur Verfügung zu stellen; denn das Kunstwerk, das für einen teuren Preis erworben ist und diesen Preis rechtfertigt, bringt selbst für alle Zeiten sichere Zinsen (man denke etwa an die Erwerbung eines Werkes wie des Klingerschen Beethoven). Auch andere Wünsche der Stifter können dem beschenkten Mu seum unter Umständen recht lästig werden, so z. B. die Bedingung, die meist von den Besitzern einer Gemäldesammlung bei der Über lassung an ein Museum daran geknüpft wird, daß die Sammlung für alle Zeiten ein einheitliches Ganze bilden solle. Dadurch werden manche Pläne der Museumsverwaltung durchkreuzt, wäh rend die Verteilung der einzelnen Stücke über die öffentliche Sammlung für die Zwecke des Museums geeigneter wäre. Mit unter geraten solche Bestimmungen absichtlich in Vergessenheit, besonders dort, wo sie mehr einer Laune als einer wohlbegründe ten Absicht entspringen. So ist mir eine Stiftung bekannt, in der alle Schlachtendarstellungen oder religiösen Stoffe für einen An kauf nicht in Frage kommen dürfen. Nun ist es aber nicht einzu sehen, warum nicht auch Bilder solchen Inhalts große Kunstwerke sein können, wie dies zum Beispiel bei Men zels »Überfall bei Hochkirch« oder bei Stucks »Kreuzes tod« der Fall ist. Es liegt in dem Willen des Stifters ein Problem, mit dem sich schon Kant gelegentlich einer Professorenstiftung für Königsberg in seinen »Anhängen zur Rechtslehre« beschäftigt hat. Man findet das Nähere in einem sehr anziehend geschriebenen Aufsatz von Prof. vr. Otto Gradcnwitz: »Der Wille des Stifters«, in den von der Universität Königsberg aus Anlaß des 100. Todestages Immanuel Kants herausgegebe nen Abhandlungen (Halle 1804). In der alten Kunsthandlung von Pietro Del Vecchio in Leipzig ist zurzeit eine Sonderausstellung zu sehen, die in mehrfacher Hinsicht geeignet scheint, zum Denken an zuregen. Das will freilich nicht viel sagen, denn was wäre dazu nicht geeignet? Ein bekannter akademischer Redner, der ehemalige Berliner Physiologe Du Bois- Reymond, begann eine Rede zu irgendeiner Jahrhundert, feicr mit den Worten- »Es ist eine zum Denken anregende Tat sache, daß der Mensch zehn Finger hat; denn auf dieser Tatsache resp. aus dieser primitiven Rechenmaschine beruht das Dekaden system und damit auch die Hundertjahrfeier«. Aber nicht darum handelt cs sich (denn die Firma mit dem italienischen und in Leip zig meist falsch ausgesprochenen Namen besteht schon 115 Jahre), sondern um eine Ausstellung von 15 Kolossalgemälden, die der Leipziger Maler Eugen Urban für eine von ihm in Friedrichroda in Thüringen geplante Sagenhalle geschaffen hat. EL ist nicht meine Absicht, zu kritisieren, denn ich möchte mich nicht mit der Lebensarbeit eines Mannes, auf die er anscheinend große Hoff nungen setzt, in wenigen Zeilen auseinandersetzen. Was mich interessiert, ist der Gedanke, die herrlichen thüringischen Sagen vonr Grasen Gleichen, vom Schmied von Ruhla, vom Tannhäuser und der Frau Venus, von den Hussiten vor Naumburg u. a. durch die Kunst zu neuem Leben zu erwecken und in einer Sagenhalle einen Mittelpunkt für thüringische Volksseste zu schaffen. Ähn liche Versuche sind bekanntlich schon in anderen Teilen des deut schen Vaterlandes unternommen worden; ich erinnere an die Rübezahl-Halle im Riesengebirge und die Walpurgishalle im Harz, die der Maler Hendrich mit seinen Gemälden ausgestattet hat. Aber das Gelingen ist von vornherein problematisch. »Na tur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen.« Scheiden wir von der Betrachtung die Baukunst aus, die sehr Wohl imstande ist, den Reiz einer Landschaft durch sinnvoll hineinkomponierte tem pelartige Hallen, Kapellen, Türme, Säulen zu heben (wie weit dies bei der Thüringer Sagenhalle zutreffen wird, bleibt abzu warten), so hat die bildende Kunst im Wettbewerb mit der Natur einen schweren, vielleicht aussichtslosen Stand. Nach den starken Eindrücken, den die herbe Majestät oder der liebliche Zauber des Waldes mit seinem Duft, Klang und seiner Farbe auf unsere Sinne ausübt, mutz die bildende Kunst, deren Werke auf eine ge wisse Täuschung der Sinne abzielen, notwendig zu einer Ent täuschung führe». Das haben unsere besten Künstler Wohl gefühlt und sich nie an diese Aufgaben gewagt. Hierbei sei auch auf jene Sagcnhallen hingewiesen, die die Natur selbst geschaffen hat, etwa in der Rebelhöhle am Lichtenstein in Württemberg und in dem Felsendom von Weckelsdorf in Böhmen. Diese verdienen die größte Beachtung, merkwürdigerweise sind die Wcckelsdorfer Fel sen in privatem Besitz. Mit Anton von Werner und Gotthard Kuehl, die in den ersten Januartagen starben, sind zwei Künstler aus dem Leben geschieden, deren Schaffen reich an äußeren Erfolgen war. Frei lich bestanden große Unterschiede zwischen der Kunst des preußi schen Historienmalers, der die glorreichsten Momente unserer vater ländischen Geschichte im Bilde sestgehaltcn hat, und der des Geh. Hofrats und Vorstehers eines Meisterateliers in Dresden, der die Schönheiten der Barockarchitektur, besonders des Zwingers und der Augustusbrücke, nicht müde wurde zu malen, aber die Persön lichkeiten beider Männer berührten sich durch ihr glänzendes Organisationstalent. Diese Fähigkeit, zu organisieren, zeigte sich bei Werner besonders in seiner Leitung der Berliner Kgl. Aka- demie (mit deren provisorischen Führung jetzt Arthur Kampf be traut ist), sie war es auch, die seinen großen Historienbildern ihre Bedeutung verlieh, und in gleicher Weise zeichnete sie Kuehl als Leiter der Großen Dresdner Kunstausstellungen aus. Aber des letzteren knorrige Persönlichkeit war nicht bequem und ihr Ein fluß in künstlerischen Fragen mitunter zu stark, so daß man gerade ihm — ob mit Recht oder Unrecht, lasse ich dahingestellt — als Mit glied der Ankaufskommission an manchen weniger glücklichen Er werbungen der Kgl. Galerie in Dresden in den letzten Jahren die Schuld gab. Wie aber die Gedanken stets wieder zum Kriege zurückkehren, so sei jetzt noch ein Wort über die Kunst als Wohltäterin der Verwundeten gesagt. Gewiß geschieht besonders in der Kriegs zeit viel Gutes an den Kranken, und cs ist eine segensreiche Seite des Krieges, daß ein Teil der Grausamkeit im Felde durch eine 103
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