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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1915
- Strukturtyp
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- 1915-01-27
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1915
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 21, 27. Januar 1915. zig stattfand. Der künstlerische Erfolg der ersten Ausstellung, die am 15. Dezember geschlossen wurde, ermutigte die Direktion, zum Besten der Kriegsnotspende eine zweite Folge alter Meister aus Leipzig und Umgebung zusammenzutragen. Etwa 30 der besten Gemälde wurden mit Genehmigung der Besitzer aus der früheren Ausstellung zurückbehaltcn, darunter der berühmte Mulatte des Frans Hals und die musizierende Gesellschaft des Pieter de Hooch (beide im Besitz der Frau Gehcimrat Thicme), das Wild- Pret-Stilleben von Jan Fht und das junge Mädchen von Govert Flinck (beide einem Leipziger Kunstfreund gehörig, der unge nannt bleiben wollte, sich aber seines prachtvollen Besitzes nicht zu schämen brauchte). Hierzu kamen über 100 neue Werke, unter denen die aus der Sammlung des Barons Speck von Sternburg in Lützschena bei Leipzig ausgcwählten den ersten Rang einnah- men. Bei der Auswahl aus dieser bekannten Sammlung war die Direktion an die Versicherungssumme von einer Million (bei sehr niedriger Taxierung) gebunden, und es bedurfte der Anwen dung einiger rechnerischen Kunst, um nicht zu wenig und doch künstlerisch hervorragende Werke für die Ausstellung zu erhalten. Diesen Perlen altmeisterlicher Kunst standen gleichwertig zur Seite die Werke aus der Sammlung des Or. C. W. Naumann, von denen schon die erste Ausstellung das grotze Gemälde: »Abraham bewirtet Gott Vater und die Engel« gezeigt hatte, das ehemals als Werk Rembrandts galt (Rembrandt du Pecq, nach der kleinen französischen Stadt, in der es sich noch 1890 befand), und jetzt als eines der Hauptwerke von Arent de Gelder, dem vortrefflichen Rembrandt - Schüler, angesehen wird. Es liegt in diesen beiden Leipziger Sammlungen etwas Groß zügiges, das an den dänischen Brauer und Kunstmäzen vr. Carl Jacobsen, den Gründer der herrlichen Glyptothek Ny-Carlsberg, erinnert. Der Vergleich ist natürlich «nun ^raao salis zu nehmen, denn Jacobsen hat durch seine Stiftungen Kopenhagen zu einer Kunststadt ersten Ranges erhoben, während mir von einer ähn lichen Absicht der beiden Kunstfreunde zugunsten des Leipziger Museums noch nichts bekannt ist. Überwiegen in den genannten Sammlungen die nie derländischen Bilder des 16. bis 18. Jahrhunderts, so fehlt es dem Leipziger Privatbesitz doch keineswegs an guten Werken altdeutscher Meister, wie Hans Baldung Grien, Lucas Cranach u. a., die aus den Sammlungen von vr. Fritz v. Harck und Pros. Ulrich Thieme für die Ausstellung hergeliehen waren. Es kann aber nicht meine Absicht sein, auf alle künstlerisch wertvollen Gemälde hier einzugehen, denn davon hat der Ferner stehende ebensowenig, als wenn jemand all die guten Gerichte, die es bei einem festlichen Mahle gab, lediglich aus der Tafelkarte mit Hilfe seiner Phantasie genießen wollte. Nur ein Bild sei er wähnt, und zwar weniger wegen seines künstlerischen als wegen seines ethischen Wertes, das den Besucher der Ausstellung sogleich beim Eintritt empfing. Es ist das von Josef Stieler nach dem Leben gemalte Porträt Beethovens, das sich jetzt im Besitz des Kommerzienrats Hinrichsen, Inhabers des Musikverlagcs Peters, befindet. Gerade das Bild des verehrten Meisters, dessen Musik besser als jedes Wort die heroischen Empfindungen der heutigen Zeit ausspricht*), hat mich stets bei den Besuchen der Ausstel lung tief ergriffen. Es scheint mir neben der Kreidezeichnung von August von Kloebcr, die das Lesezimmer der vortrefflichen Musikbibliothek Peters auf der Königslratze ziert, unter allen Bildnissen Beethovens das erfreulichste. Diese sind von Th. von Frimmel in dem Buche: »Beethovens äußere Erscheinung« (Georg Müllers Verlag, München 1905) im Zusammenhang be handelt, wobei freilich die Kloebersche Zeichnung aus schemati schen Gründen recht schlecht wegkommt. Danach ist das Stieler- sehe Bild 1819 entstanden, wie auch ein auf der Rückseite des Rah mens befindlicher Vermerk, angeblich von Stielers Hand, besagt. Freilich hat Beethoven dem Maler nur drei Sitzungen gewährt, und 1820 kehrte Stieler (der bekanntlich später auch Goethe inalte) nach München zurück, wo das Bild erst von dem Künstler vollen det wurde. Auch der Titel des Notenheftes, in das Beethoven kompo- *) Man beachte den jubelnden Beifall nach einer Bcelhavcnschen Symphonie lm Leipziger Gewandhaus, der nicht mir die Anerkennung siir das von Arthur Nikisch genial geleitete Orchester ausdrnckt, sondern echte Begeisterung für das Schöne und Erhebende dieser Musik. 102 nierend eben einen Gedanken einträgt, dlissn oolemmn, mutz später eingefügt worden sein, da das Werk erst 1824 vollendet, von Schott in Mainz erworben und 1827 veröffentlicht wurde (vgl. hierüber den sehr interessanten Aufsatz von Gustav Ernest: »Beethoven und seine Ankläger I im Januarheft 1915 der Deutschen Rundschau). Das schöne Porträt blieb bis Ende der 30er Jahre in Stielers Besitz, gelangte dann in Braunfchweig zur Ausstellung, wo es einen die Bildwirkung nicht störenden, aber noch sichtbaren kleinen Riß erhielt, demzufolge der Braunschweiger Kunstverein das Bild behalten und den Maler entschädigen mußte. Der Verein verloste cs dann unter seine Mitglieder, und schließlich gelangte cs durch Erbschaft an eine Gräfin Sauerma, von der es der jetzige Besitzer erwarb. Diese Andeutungen mögen genügen, um zu zeigen, wieviel die Bilder der Leipziger Ausstellung dem ernst haften Betrachter zu erzählen wußten. Zugleich bewiesen sie, daß auch heute auf Leipzig paßt, was Goethe, der vor 150 Jah ren die hiesige Universität bezog, im Hinblick auf die Sammlun gen von Huber, Kreuchauff und Winckler im 8. Buche von »Dich tung und Wahrheit« sagt: »Einer Stadt kann kein größeres Glück begegnen, als wenn mehrere im Guten und Rechten gleichgesinnte, schon gebildete Männer daselbst nebeneinander wohnen«. Nur aus dem Zusammenwirken solcher Kunstfreunde, deren Zahl und Bedeutung die beiden Ausstellungen erwiesen (eine dritte von Kunstwerken unserer Zeit wird hoffentlich in nicht zu langem Ab stande folgen) — nur aus der Anteilnahme kunstverständiger (oder wie Goethe sagt: schon gebildeter) Menschen konnte das Leipziger Museum jene hohe Entwicklung erreichen, die der Bedeutung von Leipzig als Handelsstadt und als geistigem Mittelpunkt Sachsens entspricht. Auch jetzt während des Krieges ist das Museum nicht zum Stillstand verurteilt, sondern dank der Rührigkeit seines Direktors, Prof. vr. Julius Vogel, konnte die für Leipzig be sonders wertvolle Klinger-Sammlung durch zwei sehr glückliche Erwerbungen vermehrt werden. Im großen Oberlichtsaal, der auch das Klingersche Gemälde: Blaue Stunde enthält, fand in diesen Tagen eine weibliche Bildnis-Studie von großem koloristi schen Reiz Aufnahme (bezeichnet M. K. Leipzig 1902, abgebildet unter Nr. 43 in dem neuerschienenen Klinger-Prachtwerk von Alfred 5p. Meißner, Hansstaengls Verlag). Gleichzeitig wurde in dem Anbau, der die Klingersche» Skulpturen enthält, ein Litho, graphenstein unter Glas in die Wand eingelassen, auf den Otto Greincr, der aus Leipzig stammende Schüler Klingcrs, ein treff liches Bild des Meisters gezeichnet hat. Rur 75 Abzüge hat Grei- ner von der Platte hergestellt, deren Preis er auf 400 ./k pro Stück festgesetzt hat, ohne dem Kunsthandel einen Nutzen einzuräumen (warum?). Der Stein selbst, zu verhältnismäßig günstigem Preise vom Museum erworben, bildet mit dem scharf sich abheben den Porträt eine sinnige Ehrung für den hochgeschätzten Künstler. Ich habe diese Erwerbungen hier ausführlich besprochen, um zu zeigen, in wie vorbildlicher Weise Leipzig seine Künstler zu ehren versteht. Wohl ist es wiederum ein Glück für die Stadt, solche Künstler zu ihren Söhnen rechnen zu dürfen, aber wir wollen nicht verkennen, »wie sich Verdienst und Glück verketten«. Ein hohes Verdienst aber der Museumsleitung und der stets verständ nisvollen Patronatsbehörde, der Stadtverwaltung, ist es, daß mit großer Unterstützung der Kunstfreunde jene plastischen Meister werke, vor allem der Beethoven, dann die Cassandra, die Badende und die Salome erworben wurden, die im Verein mit dem ra dierten Werk im Graphischen Kabinett des Museums und mit dem Wandgemälde in der benachbarten Universität die erstaunliche Vielseitigkeit und Meisterschaft des Künstlers zeigen. Erst spätere Geschlechter werden es voll zu würdigen wissen, daß Leipzig nicht die Unterlassung begangen hat, durch die sich andere Städte um einen stolzen Kunstbesttz gebracht haben. Wie schwer ist es, nach dem Tode eines hervorragenden Künstlers das Versäumte nach zuholen ! Man denke an Köln und seinen großen Sohn Wilhelm Lcibl. Doch wollen wir in diesem Zusammenhang nicht der Ver dienste des vor wenigen Wochen jung gestorbenen vr. Alfred Hagelstange vergessen, der während seiner kurzen Direktionszeit durch die Gesamterwerbung der Leibl-Sammlung des Hofrats Seeger für das Wallraf-Richartz-Mufeum einen Teil der Ehren schuld mit großen Opfern eingelöst hat.
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