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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.07.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-07-20
- Erscheinungsdatum
- 20.07.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19140720
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191407205
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
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^ 165, 20. Juli 1914. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Man sollte diese Zustände nicht für möglich halten, wenn man diese Worte liest. Gibt es keinen Buch- und Lehrmittelhandel in Deutschland, der jährlich Tausende und Abertausende für Reisespesen, Prospekte, Kataloge und Inserate auswirft oder sollte Prof. Bücher mit seinem »schlafenden Sortiment« wirklich recht haben? Ich kanns nicht glauben! Andererseits: will man sich erst vorschreiben lassen, was gekauft werden darf und was nicht, und mutz denn erst wieder alles behördlich abgestempelt oder, wie man in Österreich so schön sagt, »approbiert« sein? (Vgl. hierzu die Ausführungen von vr. Holzweißig über »Alte Spra chen« auf Seite 166, der der Auskunftsstelle dieses Zcn- suramt offiziell übertragen sehen möchte.) Wie sind diese Jeremiaden deutscher Lehrer mit ihren Forderungen nach größerer Selbständigkeit und nach Fortfall jeder ein- cngenden Aufsicht in Einklang zu bringen? Es gab bisher schon für den urteilsfähigen Käufer soviel Möglichkeiten, sich über den Wert oder Unwert eines Lern- oder Lehrmittels zu orientieren, datz ein »Hereinfallen« eigentlich ausgeschlossen sein sollte und datz Klagen wie die obigen eigentlich für die Betref fenden nur ein tostimounun paupertatis bilden. Deshalb soll die Bedeutung der Auskunftsstelle auch in bezug auf Lehrmittel nicht unterschätzt werden, solange es bei der Beratung bleibt. In der Einleitung zur »Übersicht über Lehrmittel für Bolks- und höhere Schulen« heitzt es: »Während die Kataloge der Lehrmittelhandlungen ohne Rück sicht auf Wert uud Brauchbarkeit möglichst alles aufzuführen Pfle gen, was auf dem Markte zu haben ist, so daß dem, der die ein zelnen Dinge nicht bereits kennt, die Wahl fast unmöglich wird, geben die folgenden Verzeichnisse unter ausdrücklichem Verzicht auf Vollständigkeit nur dasjenige an, was Männer der Praxis selbst erprobt und als brauchbar befunden haben. Die Auswahl, die die Herren Verfasser getroffen haben, zeigt natürlich zum Teil eine subjektive Färbung; das ist jedoch unvermeid lich, denn es gibt Wohl keinLehrmittel, das an und für sich einen un bedingten Wert besitzt. Die Hauptsache bei der Verwendung ist und bleibt das Geschick des Lehrers; der eine vermag selbst mit dem besten Bilde oder Apparat nichts anzufangen, während dem ande ren die unbedeutendste Vorlage, der bescheidenste Gegenstand ge nügt, um seinen Worten eine größere Anschaulichkeit zu verleihen und das Interesse der Schüler zu erregen und zu fesseln. Jeden falls ist es der Zweck der folgenden Blätter — getreu der Auf gabe, die derAuskunftsstelle gestellt ist—.denen zuraten, die etwas suchen; und wenn auch mancher hier und da etwas vermissen mag, das gleichfalls gut ist und gleichfalls hätte ausgenommen werden können, so werden doch andrerseits offenbare Mißgriffe bei der Anschaffung verhütet werden, da wirklich unbrauchbare Lehrmittel keine Erwähnung gesunden haben.« Die Zusammenstellungen sind gut, sie würden aber von jeder soliden Spezialfirma, wenn sie darum angegangen worden wäre, nicht viel anders gemacht worden sein. Sie müssen sich an unsere vorhandenen guten Kataloge anlehnen. Gustav Rietzschel. Flaue Zeit! Glutheiß der Tag, lähmend umfängt die Hitzwelle Mensch, Tier und alles, was da kreucht und fleucht, in den Straßen erweicht der Asphalt unter den keineswegs elastischen Schritten der Fuß gänger, der Snob rutscht unwillig im Juchten-Leder seines Autos auf und ab, und würde die Muse über die schwülen Plätze schrei ten, ihr Schritt wäre sicher nicht leichtbeschwingt, sondern schwer und schleppend. Also fliehen wir die sengende Sonne, die Tarn kappe her und hinein ins Dämmerlicht des Buchladens! Braunes Rembrandtdunkel übt zunächst einen mehr als wohltuenden Ein fluß auf die von der gleißenden Sonne angestrengten Netzhäute unserer Augen aus, hoch und hehr trauern die Regale, müde lauert der blanke Ladentisch nach Atzung und Kundschaft, nur ein einziger Sonnenstrahl hat sich seinen Weg durch das mit Wander karten verhängte Türfenster gesucht und freut sich seines Reflexes in der nickelnen Registrierkasse. Still, stumm und stundenlang gähnt das Sortiment. Flaue Zeit, bedeutet sein Gähnen, flaue Zeit bedeutet sein ungestörtes Dunkel. Flaue Zeit! ruft unwillig der gestrenge Herr Chef und wirft dabei ein Bündel Börsenblätter auf sein Arbeitspult, um im emsigen Studium das Ärgernis der flauen Zeit so schnell wie möglich zu vergessen. Bald hört man nichts weiter als heftiges Blätterrauschen und kleine zwischen den Zähnen hindurchgepreßte Flüche. Flaue Zeit zeigen die wenigen Verkaufszettel an, die mit einem wahren wilden Ingrimm auf den erbarmungslosen Spieß an der Kasse gesteckt worden sind und in dieser schnöden Durchlöcherung ihr reines weißes Leben aus hauchen müssen. Flau, flau, flau! rufen entsetzt die vier Nullen im weißroten Felde der neuen amerikanischen Registrierkasse, und ihr innerer Organismus läßt klagende Wehelaute des Hungers er tönen, wenn auf den schon kleinen Betrag noch etwas heraus gegeben werden muß. Flaue Zeit, das muß aufhören, also ein zugkräftiges Schau fenster, da sollte doch dieser und jener. . ., und das »Zugkräf tige« wird mit viel Fleiß und Schweiß »komponiert«, jeder er denkliche Kniff vom »enorm billigen bis zum äußerst günstigen Verlegenheitskauf«, Verzeihung, »Gelegenheitskauf« wollte ich sagen, wird angewandt, und nun wird's ja der nächste Tag zeigen. Ja, und der nächste Tag kommt: erwartungsvoll lehnt der »Kom ponist« hinter der Ladentür und äugt nach Kunden aus: »Dulde, gedulde Dich fein, über ein Stündelein klein ist Deine Kammer voll Wonne«. Leider stimmt das hier nicht, Herr Paul Heyse, das »Stündelein klein« verschwindet im Orkus, und nur ein alter Kunde, der seine Journale abholl, lächelt recht bärbeißig und be merkt mit einem wohlwollenden Schulterklopfen: Na, ich warte bis nächstes Jahr, dann wird ja der herabgesetzte Orbis pietus nur noch 1 Mark 75 Pfennig kosten, 2 Mark 50 Pfennig ist mir noch zu teuer, leben Sie wohl!« Das also war der Erfolg des »Zugkräftigen«, und resigniert wird fest gestellt : »Wenn das nicht zieht, zieht gar nichts mehr«; lassen wir uns auf einem Scheiterhaufen verbrennen! Auch die Schau kästen, in erster früher Morgenstunde sind sie herrlich ausstaffiert worden, manch Schweißtropfen perlte zur Erde und verhauchte im Verdampfen; alles umsonst, der Erfolg war schließlich eine zer brochene Glasplatte, die der jüngste Stift in einem durch die Hitze verursachten somnambulen Zustand in tausend Stücke zerschmet terte. Wenn wir überhaupt auf den Stift zu sprechen kommen! Den ganzen Tag ist er nicht zu finden, und nur der Markthelfer weiß wo Seine Exzellenz der Stift sein Domizil aufgeschlagen hat. Dort unter der Treppe, wo alte, hochbetagte Schinken in den Ruhestand getreten sind und ein beschauliches, wenn auch staubi ges Dasein fristen, dort sitzt er hochroten Antlitzes, die Hände um klammern irgendeinen großen Pandekten, draus liest und ver schlingt er den oft sehr fragwürdigen Inhalt, ängstlich dabei des öfteren wie ein Hurone näherkommenden Schritten lauschend. Geht's dann aber auf Ladenschluß zu, so wird Sues ewiger Jude oder etwas Ähnliches mit tiefstem Abschiedsschmerz ins wurm stichige Regal gelegt. Ach, diese schöne flaue Zeit, möchte sie doch für ihn ewig dauern! Aber lassen wir ihn seine Wege gehn, wir alle haben es auch nicht besser gemacht. Auf ermuntert Euch zur grrroßen Inventur! Inventur zur Sommerszeit bei 40 Grad Rsaumur! Die Leitern werden erklommen, die Buchdeckel klappen auf und zu, es wird gezählt und ausgeschrieben, endlos, endlos, immer höher hinauf, dort wo Dir der Bleistift ob der graus lichen Hitze beinahe aus den Fingern fällt. Jetzt strömt Dir das Wasser nur so aus den Poren, und was der großartige Renommist Casanova von den Bleikammern Venedigs kund und zu wissen gibt, ist noch gar nichts gegen diese äquatoriale Temperatur, die die Großhirnrinde zu Brotteig knetet und unsere Nervengang- lien in den Zustand einer offenen Revolte setzt. Und was für ein Staub tummelt sich dort oben erst, besonders in dem Schlupfwin kel der verkehrt bestellten Bücher, »o, rühret, rühret nicht daran«, laßt sie schlummern unter dem Frieden einer flaumigen grauen Staubdecke! Ja, laßt sie schlummern, herunter die Sprossen und nun Kniebeuge, bis Euch die Augen aus den Köpfen quellen, denn es gilt den Prachtwerken, den Prachtwerken in ihrer schönen Unberührtheil! So kommt denn hervor, Ihr Voßschen Louisen, JhrThumänner, Kaulbäche und Balladenborne, heraus aus Eurem Winkel, Hermann und Dorothea, auch Du, Otto der Schütz, mußt dran glauben! Grüß Euch Gott, Herr Oberon, Dir gefiel es wohl ganz gut neben der »Frauen Liebe und Leben«? Schäm Dich, wenn 1155
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