MsmbllMw-mDtMckmVMMM Nr. 43. Leipzig, Mittwoch den 20. Februar 1835. 1V2. Jahrgang. ,,/VUt größtem Anteil kabe ick dieses vuck durckgeielen... von Seite ru Seite stärker gefesselt durck das scklickte wakre Viesen der Sckreiberm..urteilt -^gnes Siegel über die da hapert's bei ihm! Er gibt sich redliche Mühe, alle schweren, im Texte vorkommenden Wörter richtig aus- zusprechen. Sein Gesicht wird rot, der Schweiß rollt in großen Tropfen über seine Wangen. Doch er läßt nicht locker und brüllt so, daß die Lampe mit den Überresten der Glasoerzierungen zu klingeln anfängt und ich etwas be täubt denke: „Wenn man draußen das Wort .Kaiser' dauernd gesungen hört, soll sich Wowtschenko nachher selbst mit seinen Genossen auseinanderfetzen!" Endlich wird es dem Sänger zuviel. Er fällt mit einem schweren Seufzer auf den Stuhl und nimmt die Mütze ab. „Schönes Lied!" spricht er mit etwas heiserer Stimme. „Ich hörte es einmal bei einem Konzert für uns Soldaten während des Krieges. Es hat mir so gut gefallen. Nur muß ich noch die Musik besiegen, Na! Wenn wir mit der Konterrevolution fertig geworden sind, werden wir auch die Musik erobern!" Der Konzertabend im Nabfak hat angefangen. So eben hat ein Rabfakstudent unter lautem Beifall seiner Kameraden die Verse „Das befreite Proletariat" vor dem mit Rabfakstudenten überfüllten Saale vorgetragen. Auf der Bühne wird das vom Rabfakstudenten Kalimkow ge schriebene Stück „Die befreite Wissenschaft" gespielt. Die Rabfakstudentin Lisaweta steht in dem von mir geliehenen alten, weißen Sommerkleide mitten auf der Bühne. Zu ihrer Rechten marschieren die „Roten Studenten — die Sieger", sie reicht ihnen die Hände, von denen die Sieger die Fesseln abnehmen. Zu ihrer Linken ducken sich zu Boden die „alten bourgeoisen Studenten — die Besiegten". Die erste Gruppe hat auf den Soldatenmänteln große rote Schleifen befestigt. Die zweite trägt die alte Studenten uniform unserer Hochschule, jedoch haben sich einige be sonders eifrige Darsteller Zylinder besorgt. Ich muß lächeln. Nie in meinem Leben habe ich einen Studenten mit dieser Kopfbedeckung gesehen. Aber sie hat sich inzwischen in den meisten Darstellungen als Symbol eines „kapitalistischen Blutsaugers" eingebürgert. Ich stehe an der Tür und kann von meinem Platze aus die Zuschauer und die Bühne beobachten. Om Saale sitzen unsere Rabfakstudenten und die eingeladenen Gäste. Ich sehe viele unserer Pedelle und aus meiner Hockschule unsere beiden jüdischen Kommunisten Rabinowitsch und Lewin. Von den Professoren und Assistenten ist keiner erschienen, auch nicht unser einziger roter Professor. Die Zuschauer sind voller Spannung. Das Spiel der Rabfaks fällt mir immer wieder als eigenartig auf. Die Studenten sind alle erwachsene, ältere Männer, und doch liegt in ihren un beholfenen Gesten und ihrer Sprache ein grenzenloser, kind lich anmutender Eifer. Die „bourgeoisen Studenten" fallen mit großem Krach auf den Boden. Die „Roten" verprü geln sie ganz echt. Ich sehe, wie einer der Fallenden mit voller Wucht mit dem Kopfe an eine Banklehne fchlägt, doch es fällt ihm nicht ein, den bis zu meinem Platze sicht baren roten Fleck zu reiben. Das Spiel hat alle vollständig gepackt. Die „befreite Wissenschaft" wird hochgehoben. Die Papierblumen fliegen aus ihrem Haar. Der Vorhang fällt. Der Saal klatscht begeistert. Ich gehe auf die Bühne und fetze mich an das durch die starke Benutzung verstimmte Klavier. Genosse Wowtschenko erscheint unter lautem Beifall auf der Bühne. Mit schlaff uivcruusm-vcirr^s 6.ki.v.n. - eciruu uuo rcieris Börsenblatt s. d. Deutschen Buchhandel. 102. Jahrgang. 96