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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1929
- Strukturtyp
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- 1929-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1929
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- Deutsch
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8 97, 27, April 1929, Kantate-Nummer SSrlenblcM id.Dtlcha.Buchhandev sprachen, zu kaufen und in seiner ihm so lieben Bibliothek aus- zustcllen, der begnügt sich jetzt, sic aus der Leihbibliothek oder in einem Gesellschaftslesezirkel zu lesen. — Bibliotheken, sonst die nolh- wcndigste Zierde eines großen und glänzenden Hauses, gelten jetzt für eine Thorheit und sind in der Mode der Sucht, durch fürst lich-häusliche Einrichtungen, durch Kleiderpcacht, durch Tafel glanz, durch Equipagen, Badereisen usw, zu glänzen — gewichen. Selbst die wissenschaftlichen Werke finden jetzt bei weitem nicht mehr den Anklang, das Studium und die Abnahme wie noch vor IS bis 20 Jahren. Die Juristen und Mediziner begnügen sich mit ihrem Handwerkszeug, viele Geistliche, wenn es hoch kommt, mit ihrem theologischen Lesezirkel, oft aber auch nur mit der Aus übung der Occonomie, Vieh- und — Kinderzucht, und die Philo sophen zersplittern sich in Polemischen Ephemeren und Zeit schriften, — Sehr richtig bemerkte neulich die Wiener Theaterzeitung: »Kehrten auch die Schriftsteller hinsichtlich des Honorars zu ihrer frühcrn Uneigennützigkcit zurück, so hätte der Buchhandel dann immer erst noch das Problem zu lösen, daß die Leute, welche Bücher lesen wollen, dieselben auch kaufen. Hierin genügen dem Publicum die Leihbibliotheken, und Leute, die nach ihrer Bildung und gesellschaftlichen Stellung sich schämen sollten, ein g e b o r g - t c s Buch zu lesen, rühmen sich öffentlich, kein Geld für Bücher auszugeben, und setzen lieber Freund und Feind in Contribution, um eine Lectüre zu erlangen, nach der ihnen gelüstet, statt ihre schuldige Beisteuer zur Unterstützung der Literatur hcrzugebcn.» Durch diesen hiermit nachgewiescnen, zunehmenden Absatz mangel sieht das Buchhändlergeschäst den traurigsten Zeiten ent gegen, ja der Jammer ist bereits zu einer großen Höhe gestiegen, die noch bekannter sein würde, suchte nicht Einer dem Andern seine Noth und Sorge zu verbergen. Allein hier reicht es nicht aus, wenn wir gute Miene zum bösen Spiel machen, denn wir können es uns gar nicht mehr verhehlen, daß die Novitäten, selbst wenn sie L Oonck, verlangt waren, zurückkommen, wie sie versendet waren, — daß Fälle Vorkommen, wo auf 200 Thalcr ordinair Transport Zahlungen von circa 10 Thaler und darunter sal dieren, daß cs nichts seltenes ist, wenn Verleger, statt Saldi ein- zustreichen, solche in gar nichts verschwinden sehen, ja sogar noch für Jnsertionsgcbühren hcrauszahlen müssen. Diese Zustände sind um so bedenklicher, da man nicht wahr nimmt, daß sie abschrcckcn. Im Gcgentheil mehren sich die neuen Erscheinungen mit jedem Jahre, wovon jeder Meß-Catalog den Beweis liefert, um so bedenklicher, als die Kauflust zu Büchern mit jedem Jahre abnimmt. Sie hat den höchsten Grad erreicht und geht so weit, daß, wie ich kürzlich selbst erlebt habe, sogar von ganz neuen und vortrefflichen Localschriften, die nur allein für den Ort selbst geschrieben waren und nach allen menschl, Berech nungen für sehr viele Bewohner desselben das allergrößte Inter esse haben mußten, Anzeigen in der alleinigen starkgelesenen Ortszeitung nicht die Folge hatten, daß auch nur ein einziges Exemplar davon wäre verlangt worden. Und statt daß wir die Federn aller Journalisten, auf die wir Einfluß haben, in Bewegung setzen sollten, das Publicum auf seine unglaubliche Literaturtaubheit aufmerksam zu machen, ihm solche als ein wahres Zeitgebrechen vorzuwerfen, an sein Ehr gefühl zu appelliren, daß es bei solcher Indifferenz nicht mehr ver diene, noch eine Literatur zu haben, statt solches auf die traurigen Folgen, die hieraus für Wissenschaft, Bildung und Intelligenz endlich hervorgehen müssen, zu verweisen, statt daß wir mit allen Hebeln dahin wirken sollten, den Sinn für Literatur, wie er jetzt noch in Oesterreich am wenigsten im Verfall ist, wieder zum Modegeschmack zu erheben, was uns vielleicht im Ganzen eben so gut glücken könnte, als es im Einzelnen z. B. bei den Zwci- groschenausgaben, bei den illustrirten Werken, bei den famosen Geheimnissen vieler großer Städte, bei den Conversationslexicis u, andern nur durch die Buchhändler in Gang und Aufnahme ge brachten Modeartikeln geglückt ist, suchen wir den Grund dieser noch gar nicht so dagewesenen Gleichgültigkeit gegen die Literatur in ihr und in dem Buchhandel selbst, ja wir klagen uns selbst öffentlich an, und bestärken das Publicum in dieser uns so nach theiligen Stimmung, indem wir ihm selbst weiß machen, die Schriftstellerei sei tief wie noch nie gesunken und verdiene nicht mehr seine Aufmerksamkeit, eine Behauptung, die bei vielen der- maligen Machwerken, wie sie aber zu allen Zeiten mit untcr- gelausen sind, angewandt sein mag, im Allgemeinen aber doch von der Gcsammtheit der hculigen Literatur, die in so vieler Hin sicht auf den Schultern der Vorläufer steht, nicht durchweg gellen kann. Geht das so fort, so wird der jetzt schon so große Verfall des Buchhandels noch nicht seinen Gipfel erreicht haben: er wird noch zunehmen, und es entsteht die Frage, wohin das zuletzt führen soll? wohin in einer Zeit, wo sich die Zahl der buchhändlerischen Etablissements in jedem Monat um einige vermehrt, so daß Bei spiele vorhanden sind, daß in Städten von 8000 Einw. 4 Sorti mentsbuchhandlungen existirenü —*) Bei solchen Zuständen wird es die ernste Pflicht eines jeden einzelnen Gliedes unserer großen Kette, über die Mittel nachzudenken, ihnen zu steuern, auf Wege zu sinnen, dem Publicum wieder Geschmack für seine Literatur beizubringen und den Flor unseres Geschäfts wieder zu heben, Sic fragen, wie können und wollen wir dieses anfangen? ich antworte: Ver zweifeln Sie nicht, denn Anstrengung vereinter Kräfte, tiefes Forschen und Denken hat schon noch größere Probleme gelöst, hat schon aus sehr engen Bedrängnissen geholfen. Es ist nicht immer wohl gethan, wenn man muthlos glaubt: aus nichts wird nichts, Sprechen ist kein Geld und Unmögliches ist nicht möglich zu ma chen! ich habe Fälle erlebt, wo trotz dieser nnläugbaren Wahr heiten Geist und Kraft das kaum Geahnte zu Stande gebracht haben. Die erste Rettung müssen wir suchen in einer andern, we niger mechanischen, sondern nachdcnklichern Art des Sortiments- betricbes. Wir müssen unser Publicum, ja die Einzelnen in dem selben studiren, ihnen ihre Liebhabereien abgewinncn, wir müssen unser Auge auf jeden neuen Ankömmling richten und ihn wo möglich für unsere Zwecke zu gewinnen suchen. Unser Gedächtniß muß ein treuer Spiegel sein, in dem alle geistigen, wissenschaft lichen Charaktere, Richtungen und Eigenthümlichkeiten unseres Publikums reflectiren, und wenn dieses bei Manchen: zum Mec ken zu viel ist, so muß er sich darüber ganz detaillirte Personen listen führen, die bei jedem Einzelnen nicht blos in die literari schen Haupt-, sondern auch Unterabtheilungen, auf die besonderen Partei-Richtungen, Ncbcnliebhabcreicn und Steckenpferde cin- gehen. Schon oft habe ich mich überredet, daß, wüßten wir jedes Buch in die rechten Hände zu bringen, wüßten wir es just dem, dem oft ganz außerordentlich damit gedient wäre, vorzuschlagen, sich der Bücherabsatz verzwanzigfachen könnte. Es unterliegt keinem Zweifel, daß es Viele giebt, denen Belehrung und guter Rath über gewisse Dinge unschätzbar wäre. Sie fragen diesen und jenen, ja sie rufen in öffentlichen Blättern nach Hülfe, und be sieht man ein solches Bedürfnis; bei Lichte, so giebt es die besten Bücher darüber. Ich gebe zu, daß eine so genaue Kenntniß seines Publikums, daß eine so sehr in das Einzelne gehende Nüancirung der vorhandenen Büchermassen eine gewisse geistige Capacität und eine nicht gewöhnliche, an Polhhistorie grenzende Bildung und Intelligenz Voraussicht, die, wenn sie mit einer energischen und unermüdlichen Thätigkeit und Konsequenz verbunden ist, in einem Sortimentsgeschäft Wunder thun kann, und da möchte ich wohl ausrufen: Kino illas lacrz-mas, oder da seht Ihr cs, welche Vorbildung, Sach- und Wissenschaftskcnntniß das Buchhändlcr- geschäft erfordert. Seid vorsichtig in Aufnahme Eurer Lehrlinge und sucht sie fortzubilden. Wenn Ihr unwissende und bornirte Subjecte zu Buchhändlern macht, die später in allen Konditionen das Geschäft verderben, so schadet Ihr dem Ganzen mehr, als Ihr ihm vielleicht jemals nützen könnt. Glauben auch viele nicht daran, so habe ich doch unter den College« schon mehrere gefunden, welche darin völlig einver standen sind, daß cs in der Macht eines tüchtigen Buchhändlers stehe, den Geist für Literatur in seinem Publicum zu wecken. Ich will mich keiner Ostentation verdächtig machen und schweige also von den eigenen Erfahrungen und Erfolgen, Wir brauchen nur einige Seiten des Buchhändler-Verzeichnisses zu übersehen und Die aber zum Theil merkwürdigerweise, jeder einzeln — mehr Absatz bewirken als Andere, die in Städten von 19 bis 18 999 E, monopollsirt und die einzigen sind.
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