Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.07.1886
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- 07.07.1886
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil. 3619 154, 7. Juli 1886. Erfurt im Oktober 1806 in französischen Besitz übergegangen war, und als daraufhin der Censurzwang in der unerträglichsten Weise gehandhabt ward. In welch' unerhörter Art die Presse durch den Kaiser Napoleon und seine Helfershelfer in Deutschland geknechtet wurde,*) dafür sind auch die Vorgänge in Erfurt schwerwiegende Beweise. Der erste Sturm gegen die Erfurter Presse brach im März 1809 los, als der Professor Petri am evangelischen Gymnasium einen Artikel in die Erfurter Zeitung geliefert hatte, der dem französischen Intendanten de Vismes mißfiel. Auf den Befehl des selben wurde Petri seines Amtes entsetzt und erst wieder in Gnaden angenommen, nachdem er sich eine schimpfliche Rüge hatte gefallen lassen müssen, die überall bekannt gemacht wurde. Die beiden er lassenen Bekanntmachungen**) lauteten wörtlich: »In Erwägung, daß der Professor Petri am lutherischen Gym nasium einen Artikel in die Erfurter Zeitung hat aufnehmen lasse», welcher dem Geiste, welchen treue Unterthanen gegen ihren Sonverain hegen sollen, entgegen ist und wodurch die gute Ordnung und die öffentliche Sicherheit der Provinz gefährdet werden kann; daß er ferner überwiesen ist, diesen Artikel selbst geliefert zu haben, hat der Herr Intendant de Vismes beschlossen, daß der pp. Petri seines Amtes entsetzt werde und den damit verbundenen Gehalt vertieren soll. Wir machen dieses auf Befehl des Herrn Intendanten sämmt- lichen Unterthanen der hiesigen Provinz hiermit bekannt. Erfurt, den 25. März 1809. Erf. Kammer.« »Der Herr Petri ist auf Befehl Sr. Excellenz des Herrn Mar schalls Herzogs von Qnenstädt seiner Stelle als Professor des Ghm- nasii entsetzt worden. Die Ursache dieser gerechten Bestrafung ist dem Publiko bekannt genug, als daß es nöthig sey, sie noch einmal zu wiederholen. Der gute Ruf des Herrn Petri, seine lebhafte Reue, Ursache zu einer üblen Deutung seiner Gesinnungen gegen unseren erlauchten Kaiser gegeben zu haben, und sein in Gegenwart des Magistrats dieser Stadt gegebenes Wort, nie Willens gewesen zu seyn, irgend zu etwas Anlaß zu geben, was den weisen Ver fügungen des Französischen Gouvernements entgegen wäre, haben Se. Excellenz den Marschall Herzog von Quenstädt bewogen, obigen Strafbefehl wieder zurück zu nehmen Dem Publiko machen wir die Wiedereinsetzung des Professor Petri in seine Stelle als Professor des Gymnasii hierdurch auf Befehl des Herrn Inten danten bekannt. Erfurt den 13. April 1809. Erfurler Kammer.« Zwei Monate nach diesem Vorfall brach ein neuer Sturm gegen die Erfurter Zeitung und ihren Verleger, den Buchdrucker Johann Friedrich Nonne los. Derselbe hatte in Nr. 80 der Zeitung zwei kurze, anderen Blättern entnommene Artikel aus genommen, die nach unseren heutigen Begriffen ganz harmloser Natur waren In dem einen wurde erzählt, daß 300 Raffina deure (Zuckerarbeiter) aus Hamburg nach Dänemark ausgewaudert wären; in dem anderen, daß in einem Quartiere zu Augsburg unter 300 Armen sich nur ein Protestant befände. Beide Mitteilungen wurden für so staatsgefährlich gehalten, daß dem Buchdrucker Nonne das Privilegium zur Herausgabe der »Erfurter Zeitung« sowohl, wie auch des bei ihm erschienenen »Staatsboten« entzogen wurde, infolge dessen dieser, von Nahrungssorgen schwer gedrückt, bald darauf starb. Unterm 15. Dezember 1810 wurde durch den General- Polizeiinspektor Kahlert in Erfurt angeordnet, daß auch alle kleineren Schriften, wie Lieder u. dergl. der Censur unterworfen werden, und als der Buchdrucker Rühl beantragt hatte, ihm die Erlaubnis zu erteilen, sich in Sömmerda niederlassen zu dürfen, dieses nur unter der Bedingung zugegeben, daß er keine Schrift, welchen Inhalts dieselbe auch sei, drucken dürfe, und daß er sich, wie überhaupt jedermann, des Druckes jeden Journals oder irgend *) S. Lansreh, Geschichte Napoleons I. Übersetzt von C. v. Glümcr. Eingel. von Ad. Stahr. Berlin 1869. 1870. Band III. Nationalzeitung. Jahrg. 1869. Nr. 83, 85, 87. **) Im Erfurter Jntelligenzblatt 1809. Nr. 25. S. 229 und Nr. 30. S, 275. einer periodischen Zeitschrift, ganz einerlei welcher Natur, ob in der Provinz oder im Auslande bearbeitet, gänzlich enthalte. Wie bereits erwähnt wurde, war durch Befehl des Marschalls Herzog von Quenstedt vom 10. Januar 1809 überhaupt die Her ausgabe einer jeden Art von Zeitung in der Provinz Erfurt unter sagt. In der Stadt Erfurt war bekanntlich ein Hauptsitz der ganz Deutschland umgarnenden französischen Geheimpolizei und deshalb sei mit Bezug hierauf noch erwähnt, daß mittelst besonderer Ver fügung des berüchtigten Generalinspektors der Polizei, Kahlert, Hierselbst ein Preßbnrean errichtet wurde und die höheren Polizei beamten den Auftrag hatten, die politischen deutschen Blätter zu prüfen und über deren Inhalt an Kahlert zu berichten. Mit der Befreiung Deutschlands vom französischen Joche trat für die Presse und den Buchhandel eine den erfreulichsten Auf schwung verheißende Zeit ein, welcher sich besonders auch dadurch äußerte, daß die periodische Presse wieder aufzuleben begann.*) Anordnungen der französischen Machthaber wurden ferner nicht mehr beachtet, was indes zur Folge hotte, daß seitens des neu errichteten Civil-Gouvernements zu Halberstadt, dem die befreite Provinz Erfurt unterstellt worden war, im Erfurter Jntelligenz blatt Nr. 63 vom 6. August 1814 eine neue Verordnung in Betreff der Censur, datiert vom 23. Juli 1814, veröffentlicht wurde, die folgendermaßen lautete: »Es sind bisher mehrere Schriften im hiesigen Gouvernements- Bezirk ohne vorherige Censur gedruckt worden. So wenig es die Ab sicht der Preußischen Regierung ist, den Schriftstellern einen unnützen und lästigen Zwang aufzulegen, oder die Freimütigkeit, die in den Grenzen des Anstandes bleibt, zu beschränken, so notwendig ist es jedoch, demjenigen zu steuern, was wider die allgemeinen Grundsätze der Re ligion oder wider den Staat, oder was unmoralisch und bürgerlicher Ordnung entgegen ist oder was zur Kränkung der persönlichen Ehre und des guten Namens anderer abzielt. Ich finde es daher angemessen, die Vorschriften des allerhöchsten Censur-Edikts für die Preußischen Staaten cks cluto Berlin, den 19. Dezember 1788, welche schon früher in den diesseitigen Provinzen gesetzliche Kraft gehabt haben, wieder zu erneuern. Indem solches hiermit geschieht, verweise ich 1) im allgemeinen auf das genannte, in dem hiesigen Gouvernements-Bezirk bereits im Jahre 1798 zur Publikation gebrachte Gesetz; 2> die Censurbehörden bleiben, wie sie tz 3 des Edikts angeordnet sind, mit der Maßgabe, daß einstweilen an die Stelle u) der Landes-Justiz-Kollegien, die Kriminal-Gerichts höfe zu Halberstadt, Heiligenstadt und Magdeburg in deren Geschäfts kreise, b) des Departements der auswärtigen Angelegenheiten der Unterzeichnete Civil-Gonverneur, o> au den Orten, wo Polizeidirektoren sind, diese in die Stelle der 8 3b des Edikts genannter Magisträte treten, solche auch die Censur der politischen Zeitungen übernehmen. 3) Die etwaigen Beschwerden gegen die Cenjur-Behörden unter 2u) ». o), sowie gegen den im Falle 2 b) von dem Civil-Gouverneur jedesmal ernannten Censor, werden bei dem Civil-Gouverneur an gebracht. Hiernach haben sich alle Behörden und Individuen, welche solches angeht, besonders aber die Buchhändler und Buchdrucker, auf das genaueste zu richte». Halberstadt, den 23. Juli 18t4. König!. Preuß. Geh. Staalsrat und Civil-Gonverneur. In dessen Abwesenheit und Auftrag die Gouvernements-Kommission Metz u. Richter.« Hiermit schließen diejenigen Verordnungen, welche sich mit dem Erfurter Censnrwesen befassen, und es folgen die Wandlungen in demselben von nun ab den allgemeinen Gesetzen und Vorschriften, welche für die preußische Monarchie erlassen wurden. Von beson deren Vorfällen aus dieser Zeit ist nur ein einziger zu melden, welcher den Buchhändler Johann Carl Müller in Erfurt betraf. Nach der Befreiung Erfurts von französischer Herrschaft im Jahre 1814 war bei diesem unter dem Titel: »Erfurt unter französischer Oberherrschaft vom 16. Oktober 1806 bis zum 6. Januar 1814« eine Schrift erschienen, in der ein treues Ge- *) Ausführliches hierüber in meiner Abhandlung: »Die ältesten j Erfurter Zeitungen« in der Buchh.-Akademie. ll. S. 415 ff., sowie ' demnächst in meiner »Geschichte des Erfurter Zeituugswesens«. 48s*
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