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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.11.1921
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- 1921-11-12
- Erscheinungsdatum
- 12.11.1921
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Er bestrebte sich dann, sic auf den rechten Weg zu lenken, und empfahl ihnen Lektüre, von der er die beste Wirkung erhoffte. So handelte er auch, wenn einer von den damaligen Snobs des Welkschmerzes Schopenhauer oder den seinerzeit so modernen Hartmann verlangte. »Die Philosophie des Pessimismus ist nichts für Euch «, sagte er, »freut Euch des Lebens, pflückt seine Blumen. Ihr habt Zeit, Euch mit diesen Schriftstellern später zu befassen, das Leben ist lang genug«. Viele nahmen die väterlichen Winke des »alten Rsvai« dankbar an, doch es gab auch solche, die den Laden des schulmeisternden Buchhändlers mieden. Allein bas focht ihn nicht an, von seiner Überzeugung ließ er sich nicht abbringen, und er nahm jeden Anlaß wahr, auch andere zu überzeugen. Dieser Passion konnte er hauptsächlich bei seinen Pro- vtuzkunden frönen, dort übte er das Apostclamt des Lehrers, Auf klärers und Agitators eifrig in Briefen, wie er denn überhaupt mehr ein Meister des geschriebenen als des gesprochenen Wortes war. Jahre hindurch schrieb oder diktierte er selbst jeden wichtigeren Brief, und jeder war inhaltsreich. Die Propaganda des Buchkultus bildete den Ge genstand jedes einzelnen Briefes, und unerschöpflich waren seine Argu mente, um seine Wahrheiten aci üorninsrn zu demonstriercu. Er scheute die Mühe nicht, dem geschäftlichen Teile eines Briefes einen förm lichen Leitfaden, ein Vademekum beizulegen, in dem alle Fragen ein gehend analysiert waren. Dort behandelte er auch sein Liebltngsthema: die Frage des Wettbewerbs mit dem ausländischen Buchhandel, und er schrak auch nicht davor zurück, gewisse Schichten mit harten Worten zu geißeln. Nicht seinen Vorteil hatte er hierbei im Auge, sondern das allgemeine Interesse für die Bücher. Und diese stille, aber inten sive Propaganda zeitigte ihre Früchte. Daß endlich die Buchstaben- scheu des Ungartums wich, sein Iiorror vor den Lettern aufhörte, daß es das Buch liebgewann und als guten Freund, als treuen Lebens- beglciter annahm, das ist zum größten Teile Samuel Revals uner müdlichem Kampfe, seiner unaufhörlichen, zielbewussten, begeisterten Arbeit zu danken. Am meisten lag ihm der Unterricht, die Erziehung auf dem Ge biete des eigenen Faches am Herzen, die neue Generation sollte aus gebildeten Adepten bestehen. Er selbst war reinster Autodidakt, ar beitete fortwährend an sich, bildete sich durch Reisen und Lettüre und entschloß sich im Alter von etwa 50 Jahren, Englisch zu lernen, ohne Grammatik, ohne eingctrichtertes Vokabularium, ohne einen Lehrer mit irgendeiner verknöcherten Methode. Sein Verfahren ist vielleicht beispiellos: an der Hand eines Wörterbuchs arbeitet er sich mit unglaublichem Fleiße, mit zäher Ausdauer durch Macaulays Geschichte Englands durch, beginnt mit dem ersten Satze: »I intenci to rvrits tk« distor> vk Luglsuck«, am nächsten Tage ist er schon um zwei Zeilen weiter gekommen; so schreitet er mühsam fort, bis er bas ganze große achtbändige Werk ausgelesen hat. Das Sprechen hat er nie geübt, doch er las Shakespeare, Herbert Spencer und alle Klassiker der englischen Naturwissenschaft. Um so stärker mußte ein solcher Mann die Indolenz, die Trägheit, die Schläfrigkeit der Kol legen beklagen. Dafür fand er herbe, ja oft derbe Worte. Als der kaum gegründete Verein der Bndapester Buchhändler im Jahre 1870 cs als eine seiner ersten Aufgaben betrachtete, in einer Eingabe an die Negierung zu verlangen, daß die Eröffnung einer Buchhandlung fortan an eine besondere Bewilligung gebunden werde, bezcichncte er dies als »vermoderten Geist«, als »mittelalterliche Scheidewand«, als »freiheitfeindliches Zeichen der Unduldsamkeit«. So sehr er jedoch die Buchhändler wegen ihrer Untätigkeit und wegen ihrer Engherzig keit schalt, war er doch bestrebt, die Anschauung zu verwirklichen, daß der Buchhändler unterstützt werden müsse, um ein nützliches Organ zyr Verbreitung der Kultur sei» zu können. Nach seiner Ansicht ist der Buchhändler am besten dazu geeignet, die stete, sichere Basis der Lite ratur zu sein, und eben deshalb macht er die Verleger auf das Fehlerhafte ihres Vorgehens aufmerksam, so oft sie ihre Hefte und Zeitschriften am richtigsten zu vertreiben glauben, wenn sie das Publi kum zur vorherigen Einzahlung der Bezugsgebühren durch die Post anffordcrn. »Der arme Provtnzkollege«, so schreibt er gleich zu Beginn seiner Verlegertätigkcit, »muß unterstützt, erzogen, gefördert werden, man muß sich sein Vertrauen, seine Wertschätzung erwerben; nur dem so vorbereiteten Boden entkeimt in Fülle der ausgestreute Same. Nennt Ihr das Idealismus, dann lasset die Hand von Unternehmungen, bei denen die Vermittlung des Buchhändlers in der Provinz nicht zu entbehre» ist. Buchhändleragcntcn muß man aus der Erde stampfen, vom Galgen hcrabholen, aber sie müssen da sein. Begnügt sich der Verleger damit, das Buch drucken zu lassen und in seinem eigenen Tagcblatte zu inserieren, so wird es ihm hübsch im Keller verschimmeln«. Interessant ist auch seine Auffassung vom Werte des Kapitals. Begabung, Geschicklichkeit und Lebenstüchtigkeit, Arbeit und Fleiß sind ihm das größte Kapital, wichtiger als Geld. »Jedes geschäftliche Unternehmen«, meint er, »muß sich von selbst und durch den Umsatz entwickeln, nicht aber durch neue In vestitionen. Die Arbeit bringt ihr Ergebnis und der erreichte Ge winn muß zu neuen Unternehmungen benützt werben. Wer die Dinge immer aus dem Gesichtspunkte des Kapitals betrachtet, der ist sehr im Irrtum. Die Lehre Montecuccolis ist da nicht anzuwcnden, denn der Unterschied zwischen der Kriegführung und dem Geschäft besteht darin, daß jene das Kapital verzehrt, dieses jedoch die Auf gabe hat, es hervorzubringen.« Aus diesem Grunde lehnte er alles ab, was von der ernsten Be rufsarbeit ablenkte, in erster Reihe die Betätigung in der Politik und im öffentlichen Leben. Vereinsmeierei war ihm ein Greuel, er unter stützte wohl Kultur- und Wohltätigkeitsveretnc durch seine Mitglied schaft, besuchte aber die Vereinsräume nie. Sein Buchladen war ihm sein Kasino, wo sich alle um ihn scharten, die den Meinungs austausch mit ihm suchten: Professoren, Richter, Rechtsanwälte, kurz: die Intelligenz. Das waren ihm die Stunden der Erholung und Zer streuung. Er war eben nicht nur ein vorbildlich pflichtbewußter Arbeiter, sondern auch ein ernster, starker, nicht alltäglicher Denker. Unter seinen Schriften fand ich das Bruchstück einer Selbstbiographie, im ganzen vierzig Zeilen. Dort erzählt er, wie er im Alter von achtzehn Jahren durch den Supplemcntband eines Lexikons mit dem Fourier- schen Phalanstöre-Gedanken bekannt wurde. Dieser hat ihn anscheinend sein ganzes Leben lang begleitet und zu der großen Arbeit veran laßt, die er unter dem Titel: »Die Bedingungen des sozialen Wohl standes« (Leipzig, Dunckcr L Humblot) in der Zurückgezogenheit seines Alters schrieb. Irgendwie war in ihm die Idee aufgekeimt, daß man die Menschen durch Erziehung und Bildung umformen, auf ein gewisses gleiches Niveau bringen könnte. Er glaubte, daß es möglich wäre, jemand doch Infusion, seine eigen« Seele einzuflößcn. Das war sein großer Irrtum, für ihn die Ursache vieler Ent täuschungen, für seine Umgebung die Quelle vieler Mtßhelligketten. Das Fouriersche System, das den Achtzehnjährigen so gepackt hatte, bekam den Siebzigjährigen vollständig in seine Macht. Als er sich ins Privatleben zurückzog und auf Grund seiner Erfahrungen seine Theoreme darüber aufstellen wollte, wie das irdische Heil der Mensch heit am besten zu sichern sei, da begann unwillkürlich der Fouriersche Gedankcnkcim in ihm zu sprießen und zu treiben, und auf dieser ! Grundlage baute er weiter. Sein Werk nimmt einen hervorragenden Platz in der soziologischen Literatur ein, es wird ebenso wie seine Briefe immer ein wertvolles Bild der Denkarbeit, des Innenlebens dieses regen, reichen Geistes bleiben. Die Geschäftslage in der Papierverarbeitung und im Druckgewerbe im Oktober 1921. Nach den beim Bund deutscher Vereine des Druck gewerbes, Verlags und der Papierverarbeitung eingelaufenen Meldungen hat sich im Oktober die Beschäftigung in der Papierverarbeitung und im Druckgewerbe wesentlich gehoben, was in der Hauptsache darauf zurückzuführen ist, daß die Käufer in Erwar tung weiterer Preissteigerungen sich einzudecken suchten und teilweise Uber den Bedarf hinaus Aufträge erteilten. Nach Mitteilung her Vereinigung Buntpapier wird angenommen, daß die ge besserte Beschäftigung der Buntpapierfabriken nur vorübergehend ist, da wegen bevorstehender neuer Preiserhöhungen jeder noch zu kaufen sucht, was er erhalten kann. Durch den dreiwöchigen Streik in den sächsischen Streichpapierfabriken find die Buntpapierwerke von Roh stoffvorräten fast entblößt. Die Streichpapierpreise find neuerdings um 10°/o hinaufgesetzt worden. Auch die übrigen Rohstoffe, wie Leim, Kasein usw., sind im Preise wesentlich gestiegen. Durch Konvcntions- beschluß wurden nur die Erhöhungen der Nohstoffpreise, Arbeitslöhne und Gehälter vorläufig ausgeglichen. Wegen der neuen Preissteige rungen der Rohstoffe, Frachterhöhung und neuer Lohnforderungen steht eine neue Regelung der Verkaufspreise bevor. Die Ausfuhr stößt auf Schwierigkeiten. Der ab 1. September erhöhte Lohntarif ist zum 15. November gekündigt worden. Geklagt wird über die fortwähren den Sperren einzelner wichtiger Bahnstrecken. Auch die Vereini- gungChromopapier meldet sehr regen Beschäftigungsgrade Die Nachfrage übersteigt die Liefernngsmöglfchkeit schon seit etwa drei Monaten sehr erheblich, was in der Hauptsache darauf zurückzuführen ist, daß viele Verleger und Verbraucher vor einigen Monaten auf ein Fallen der Preise gewartet haben und nun um so stürmischer sich einzudeckcn suchen. In einigen Fabriken ist die Nachtarbeit aufge nommen worden. Hinsichtlich der Rohstoffversorgung und Lohnbe wegungen gilt das für Buntpapier Gesagte. — Der Verein Deutscher G u m m i e r a n st a l t e n kann gleichfalls lebhafteren ! Geschäftsgang melden. Die Rohstoffversorgung war bei Papier aus- 1661
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