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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.02.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1915-02-17
- Erscheinungsdatum
- 17.02.1915
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 39. 17. Februar 191S. gemacht, dafür habe ich aber in einigen Spielwarengeschäften Bilderbücher und Jugendschristen gefunden, sowie in den Schau fenstern der Papierhandlungen neben diesen auch Kriegsgeschich ten in Lieferungen. Kriegskarten und aktuelle Broschüren. Ich begegne dieser Konkurrenz dadurch, daß ich meinerseits Feldpost artikel der Papier- und Schreibwarenbranche eingeführt und diese gut verlaust habe. Das Publikum hat teils selbst gewählt, teils sich auf meinen Rat verlassen. Sowie sich die hiesigen Verhältnisse erst bessern, namentlich alle geflüchteten Einwohner zurück sein werden, dürfte auf einen gesteigerten Absatz hier zu rechnen sein. Erst dann kann aber auch eine geschickte Reklame, sei es durch Plakate, Über senden von Prospekten usw., eine entsprechende Wirkung haben, die unter den augenblicklichen Zuständen zwecklos gewesen wäre und höchstens in der Einbildung phantasiebegabter Jünglinge ihren Zweck erreicht hätte. Heute schon könnten aber unsere buch händlerischen Organisationen segensreich wirken, wenn sie die Behörden dazu veranlassen würden, nicht die für den Bücherbedarf ausgesetzten Fonds zu kürzen, wie man es von allen Seiten hört.*) Auch wir Buchhändler haben unsere soziale Arbeit zu leisten, mögen die Behörden also mit gutem Beispiel dem Privatpublikum vorangehen und nicht das Buch gewisser maßen als Luxusartikel in Kriegszeiten bezeichnen. Können die einmal ausgeworfenen Beträge seitens der betr. Behörden nicht für wissenschaftliche Bücher ganz aufgebraucht werden, so wäre es doch gewiß dankenswert, wenn die überschießenden Summen für den Buchhandel, für den sie einmal ausgeworfen sind, nutz bringend angelegt würden, und so von den sonst mit der Liefe rung für die betr. Behörden betrauten ortsansässigen Händlern guter Lesestoff für unsere Truppen ins Feld als Liebesgabe ange- kaust werden würde.« In dem zweiten Berichte heißt es: »Ich bitte vor allen Din gen im Auge zu behalten, daß Tilsit eine Kleinstadt von nur 40 000 Einwohnern und eine Grenzstadt ist, die feit Beginn des Krieges bis heutetäglich vom Feinde bedroht wird und vom 22. August bis 12. September sogar von ihm besetzt war. Auch jetzt (Mitte Januar) stehen die Russen seit vielen Wochen nur wenige Kilometer von der Stadt; das Gebiet nördlich der Me mel ist amtlich geräumt und den Russen preisgegeben. Die Folge dieser monatelangen Bedrohung der Stadt durch den Feind ist, daß über die Hälfte aller .bemittelten' Einwohner die Stadt verlassen hat; die zurückgebliebenen bemittelten aber, also die weniger furchtsamen, widmen sich ausschließlich der Liebestätig keit und dem Allgemeinwohl und haben für den Kauf von Bü chern, Musikalien und Kunstsachen jetzt weder Sinn noch Geld übrig. Das hat sich sogar auf dem Gebiete des Bücherkaufens für die Soldaten gezeigt. Denn in meinem Geschäft sind für die sen Zweck noch keine 10 eingenommen worden. Ob amtlicher- seits größere Summen zum Ankauf von Büchern als Liebesgaben für die Soldaten bzw. für das Rote Kreuz ausgegeben worden find, entzieht sich meiner Beurteilung. Meiner Überzeugung nach wird sich das Geschäft im Buch handel hier in Tilsit erst dann wieder heben und beleben, wenn nicht nur der Krieg beendet, sondern auch der ,end gültige' Frieden geschlossen sein wird. Erst dann, wenn alle im Felde Weilenden wieder an den heimischen Herd und zu ihrer bürger lichen Beschäftigung zurückgekehrt, und wenn die Milliarden der Kriegsentschädigungen in unser Land geflossen sein werden: erst dann wird — immer nur meiner persönlichen Ansicht und Be obachtung nach — der Buchhandel hier aufblühen und die Schäden heilen können, die der Krieg ihm bis dahin zugefügt haben wird. Nun die einzelnen Fragen: Das diesjährige Weihnachtsgeschäft ist bei mir um mehr als den dritten Teil kleiner als in früheren Jahren; Bilderbücher und Jugendschriften wurden fast gar nicht verlangt, die Geschenkliteratur sehr wenig, und unter dieser wenigen haupt sächlich nur Dinge, die auf den jetzigen Krieg Bezug haben. Re klame habe ich während des Krieges selbstverständlich gar keine *) Vgl. hierzu die Notiz »Sparerlasse während des Krieges« in Nr. IS. Red. 204 gemacht. Da wir in Tilsit nur drei größere Buchhandlungen haben, von denen jede ihre ganz feste Kundschaft besitzt, so be schränkt sich meine Reklame schon in Friedenszeiten auf die Ver sendung von Anzeigen über Novitäten und auf ihre persönliche Empfehlung und Vorlage an meine Kundschaft. Zeitungs- reklame und unverlangte Ansichtssendungen mache ich schon seit Jahren grundsätzlich nicht, weil die dafür aufgewandte Zeit und Mühe verschwendet und das dafür verausgabte Geld vollständig weggeworfen wäre. Ich kenne meine Kunden ganz genau, weiß, wofür jeder Interesse hat und bestelle daraufhin dasjenige, was ich zum Vorlegen usw. für geeignet halte. So verfahre ich im Frieden! Jetzt während des Krieges aber habe ich auch diese Art der Reklame eingestellt, weil sie für mein Geschäft vollständig nutzlos ist. Ich bin bereits seit über acht Jahren hier selbständig, kenne also auch die Verhältnisse in der Stadt ganz genau. Bemerken möchte ich noch, daß seit Ausbruch des Krieges die Tätigkeit sämtlicher der Geselligkeit, dem Vergnügen und der Unterhaltung gewidmeten Vereine vollständig ruht. Mit den wenigen wissenschaftlichen Vereinen, die es hier gibt, wird es Wohl nicht anders sein; denn der größte Teil ihrer Mitglieder befindet sich ja im Felde oder doch wenigstens im Garnisondienste in irgend einer anderen Stadt. Wie bereits erwähnt, wurden bei mir Geschenkwerke so gut wie gar nicht zu Weihnachten aus gewählt, folglich kann ich auch über eine Bevorzugung von ein zelnen Erscheinungen seitens des Publikums gar nicht urteilen. Jugendschristen und Bilderbücher wurden so gut wie gar nicht gekauft; höchstens möchte ich erwähnen, daß ich von dem bei Thienemann neu erschienenen ,Lang, Feldgrau' zirka ein halbes Dutzend Exemplare abgesetzt habe. Schon im Frieden gehen Bilderbücher seit Jahren nicht mehr, weil sie — wie hinlänglich bekannt — von den Warenhäusern, Buchdruckereien, Papierhand lungen und Auchbuchhändlern Vertrieben werden, an die leider auch sehr angesehene Verleger liefern. Selbstverständlich ergaben sich hier an der Grenze von Anfang an und ergeben sich noch heute fortwährende Störungen des Be triebs infolge postalischer oder, richtiger gesagt, ,b ähnlich er' Unzulänglichkeiten. Denn meines Erachtens kann die Post nichts dafür, sondern nur die Bahn, die die Post befördert und bei dieser Beförderung stets und täglich Rücksicht auf alle mili tärischen Transporte zu nehmen hat*). Vom Tage der Mobil machung an hörten Postpaket- und Bahnsendungen hier über haupt auf, während der Russenherrfchaft selbstverständlich eben so; von Ende September an wurde es allmählich etwas besser; doch brauchen auch heute noch Postpakete von Berlin nach hier 6 Tage, von Leipzig nach hier schwankend zwischen 6—14 Tagen; ja es kommt auch jetzt noch vor, daß mehrere oder viele von derselben Firma zur gleichen Zeit aufgegebene Pakete an ganz verschiedenen Tagen hier eintreffen. Ich habe die Wahr nehmung gemacht, daß nur Wert- oder eingeschriebene Pakete schneller gehen. Aber auch diese brauchen von Leipzig nach hier mindestens 4 Tage ; auch Briefe, Postkarten und Drucksachen von Leipzig nach hier und umgekehrt gehen nach meiner Beobach tung heute noch 2—3 Tage. Daß unter solchen Umständen von empfohlenen Bestellungen seit Ausbruch des Krieges keine Rede mehr sein kann, ebenso auch von einer pünktlichen Lieferung von Fortsetzungen und Zeitschriften nicht, liegt klar auf der Hand. Wenn jemand etwas wirklich eilig haben will, lasse ich das unter Kreuzband auf Kosten des Publikums kommen, das infolge meiner Belehrung allmählich das nötige Verständnis gewonnen hat und in die Portobelastung auch stets willigt. Ausländische Werke wurden in meinem Geschäft nicht verlangt, ich habe sie auch niemand angeboten, ja mich sogar entschlossen — als guter Deutscher — Werke solcher Menschen wie Maeterlinck, d'An- nunzio, Rolland und anderer nicht mehr auf meinem Lager zu führen. Namentlich gegen den elfteren bin ich wegen seiner sinn losen, frechen und unverschämten Angriffe auf uns Deutsche sehr empört. Wirkliche und richtige Warenhäuser mit buchhändleri scher Abteilung haben wir Gott sei Dank in Tilsit bis jetzt noch nicht; deren Konkurrenz hat sich in meinem Geschäft also bis jetzt *> Das dürste nach den anderweitig gemachten Erfahrungen nicht immer zutresfen. Red.
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