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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1908
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- Erscheinungsdatum
- 17.09.1908
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- Deutsch
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9902 Börsenbl-ttt f. d. Mich». Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 217, 17. September 1918 kürzlich erschienenen Erinnerungen*). »Ich hörte beide (Vater und Sohn) immer nur von den großen Gefahren des Verlegens, immer nur von Beispielen des Mißlingens, nie von Gedeihen neuer Unternehmungen sprechen, deren es in der ersten Hälfte der dreißiger Jahre freilich, mit Ausnahme der Cottaschen und Brockhausschen, wenige gab. Die Erklärung dafür konnte ich in den Frommannschen Magazinen finden. Da lagen ungeheure Vorräte von Riemers lateinischen und Fahrenkrügers englischen großen Wörterbüchern, welche durch die Konkurrenz von Passow und Flügel vollständig aus dem Markt verdrängt worden waren, wie ich hörte infolge ihrer einseitigen und unreifen etymologischen Richtung. In diesen Vorräten lag ein großer Teil des ehemaligen Frommannschen Wohlstandes. Hier lagen die Ursachen der Resignation im Geschäftsleben, die der Sohn — zuerst wohl aus Notwendigkeit, dann aus Gewohnheit — sein Leben hindurch beobachtete. Er geriet dadurch nach und nach in eine Lieb haberei für ein Geschäftskleinleben, die ihm größere Geschäfte antipathisch, aber auch ihn selbst unfähig machte, neue Quellen des Erwerbs sich zu bilden.« Auf die Schilderung, die Oldenbourg von beiden From- manns gibt, komme ich weiter unten zurück. Im Herbst 1830, kurz nachdem der Sohn, der 1825 Teil haber der Firma geworden war, sich verheiratet hatte, starb die vortreffliche Hausfrau, wohl der schwerste Schlag, der die Familie treffen konnte und den alle, die sie kennen und lieben gelernt, mit fühlten und empfanden**). Es wurde einsamer um den Greis, alte Freunde starben, und ein neues Geschlecht wuchs heran. Die Kinder Alwine und der Sohn nebst Gattin und liebliche Enkel verschönerten ihm den Lebensabend. So hat ihn Oldenbourg kennen gelernt. »Der Vater, ein hoher Sechziger«, schreibt er, »war ein kleiner, dicker Mann unter Mittelgröße, dessen innere Fülle sich oft durch ein gewisses Blasen kundgab, dessen starker Körper einen stets er röteten Kopf trug mit etwas hervortretenden Augen, die wie das ganze Gesicht meist ein heiteres Lächeln ausstrahlten. Dabei war er stets auf das Sorgfältigste gekleidet: der Kopf auf einem weißen, trotz seines starken Tabackschnupfens stets sauberen Hals tuche, dem ein großer Busenstreif sich anschloß, ruhend, ein langer, meist Heller Rock beherbergte den runden Körper, der nach unten in zierlichen Füßen mit Schuh und Strümpfen seinen Abschluß fand. Er kam oder er trippelte mehr nur morgens von 11 bis l4l Uhr in das große Geschäftszimmer.« »Der Vater war ein eleganter, gebildeter und belesener Mann, erfüllt von der Ethik der letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts, was etwas Schelmisches und Epikuräisches nicht ausschloß, sondern als selbstverständlich in sich schloß. Die Goethesche Lebensweisheit, so wie sie der sterbliche Zeitgenosse des Unsterb lichen wohl auffassen mochte, schien seine Lebensleiterin zu sein. Sein Auftreten war würdevoll, vornehm und gelassen und konnte das Wesen eines Herrn des anoien isgims annehmen, ohne daß ich Kenntnis oder Vorliebe der französischen Literatur je an ihm bemerkt hätte. Er verließ fast nie das Haus, sondern war immer lesend auf seinem Kanapee mit derTabaksdose zu finden, wenn er nicht vormittags im Kontor mit sauberer Handschrift einen wohlüberlegten und fein stilisierten Brief an einen Freund und Autor mit öfterer Uuterbrechuug durch sinnenden Gebrauch der Tabaksdose schrieb, was selten vorkam. Als Material für seine Lektüre diente ihm eine sorgfältig gewählte Bibliothek, für deren Vervollständigung, namentlich was die Goetheliteratur betraf, keine Kosten gescheut wurden. Gegen Geschäftskunden wie gegen jedermann, namentlich gegen seine Tochter und Schwiegertochter *) Oldenbourg, R., Erinnerung aus Lehr- und Wanderjahren. München 1907. S. 26/27. **) Schwarz, I. C. E., Worte, am Grabe der Frau Johanne Charlotte Frommann geb. Wesselhöft am 11. September gesprochen. Jena 1830. war er galant und freundlich. Im ganzen schien er mir das Leben leicht, seine Ernährung aber sehr ernst zu nehmen. Er war ein Mann, der leicht einen literarischen Gedanken in ein buchhändle risches Unternehmen auszubilden gelernt hatte, und früher hatte er darin eine ansehnliche Fruchtbarkeit, verbunden mit gründlicher Durchbildung, erreicht, von deren Erzeugnissen das Geschäft und die Familie eigentlich im wesentlichen jetzt noch lebte.« So wie Oldenbourg den alten Frommann hier schildert, sehen wir ihn auch auf dem Bilde, das sich in Borkowsky, das alte Jena, findet. ^ In den letzten Jahren seines Lebens kränkelte er; doch war es ihm vergönnt, in leidlichem Wohlsein und erfreulicher Frische am 13. März 1836 das fünfzigjährige Jubiläum seiner Selb ständigkeit zu begehen, an dem ihn: viele Ehrungen und Freund schaftsbeweise seitens des Landesherrn, der Universität, der Stadtbehörde, alter und neuer Freunde zuteil wurden*). - Ein Jahr darauf, am 12. Juni 1837, wurde er den Seinen durch einen sanften Tod entrissen. Einer der würdigsten und besten Vertreter des deutschen Buchhandels ging mit ihm dahin, und ein Stück Zeit- und Literaturgeschichte wurde mit ihm zu Grabe ge tragen. Als Drucker erfreute er sich eines guten Rufes; in einem Gedicht, das ihm die Angehörigen seiner Druckerei anläßlich der Rückkehr von einer größeren Reise 1826 widmeten, heißt es:**) Wer kennet nicht der Wörterbücher Fülle, Hellas und Albions gediegnen Schmuck, Ariost und Tasso, die in schöner Hülle Correct entstiegen Seiner Pressen Druck. Nur Sein Verdienst ist's, welches wir Ihm danke», Daß Er sie rief in unsres Wissens Schranken. Auch weilt Sein Geist bei unsrer Kunst mit Liebe, Und würdig reiht Er sich den Edlen an, Die eifervoll mit regem Künstler-Triebe Für typograph'sche Schönheit viel gethan. Er strebt mit Didot, Haack und ihres Gleichen Der Künste höchste Stufe zu erreichen. Die große Bedeutung Frommanns liegt vor allem auch in den Beziehungen, die er zu den Jenaer Geistesgrößen und vor nehmlich zu Goethe hatte. Das Frommannsche Haus war eine geweihte Stätte. Mit Recht betont Hertz***), daß der Verkehr indirekt in der wichtigsten Weise auch auf die Buchhandlung wirkte. »Er gewährte Frommann durch den Zusammenfluß ver schiedener Kräfte und Richtungen und durch das abklärende Ge spräch stets einen sicheren Überblick über den literarischen Moment, über neu auftretende oder schwindende Richtungen. Frommann konnte sich durch seine Freunde stets orientieren, er genoß ihren Rath und ihre Förderung für seine Unternehmen. Äußerlich chaffte ihm derselbe ein Ansehen, welches der Buchhandlung vielfach zugute kam. Wie er Rath empfing, so ertheilte er solchen nach seinem guten und bestimmten Urtheil, sein Verständnis und sein guter Geschmack waren anerkannt.« Goethe hat sich oft eines Rates bedient, und, wie er, manche der geistigen Größen der Zeit. »In solchem Verkehr«, fährt Hertz fort, »gewinnt das eigene Urtheil Festigkeit, der Charakter kräftigt sich, der Blick auf die Verhältnisse des Lebens wird erweitert.« *) Uber das Jubiläum berichten folgende Schriften: 1- Fr. I. Frommann, Für die entfernten Freunde. (Als Handschrift). Jena 1836. (In dramat. Form.) 2. Offener Brief an die Freunde von Karl Friedrich Ernst Frommann in Jena. (Als Manuskript.) **) Unserm würdigen Principale Herrn Friedrich Frommann bei seiner glücklichen Wiederkehr von einer Sommer Reise von den sämmt- lichen Mitgliedern seiner Buchdruckerei. Jena. Gedruckt mit Frommann schen Schriften 1826. ***) W. Hertz, C. F. E. Frommann. (Publik, d. Börsenvereins d. Dtschn. Buchhändler II, 200.)
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