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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.03.1921
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- 1921-03-26
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- 26.03.1921
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Redaktioneller Teil. X- 71, 26. März 1921. gen geleistet hatte, und sie Hetzen ihm auch den weiteren Ver kauf der zum Kommentar gekurbelter Bilder herabgesunkenen Bücher. Der Buchhandel sah einen Pflug über seine Absatzfelder fahren, marschierte dahinter her und stopfte die aufkeimende Nachfrage mit Massenauflagen der verfilmten Romane. Die Sortimenter machten »Filmbllchercckcn» in den Schaufenstern auf, bezogen »Uuo vackis«, »Die letzten Tage von Pompeji» usw. ballen weise, und das Wort vom »Film als Werbefaktor für gute Bücher» tvurde Redensart. Aber hat man bemerkt, daß wann und warum «ine Wand lung in diesem angenehmen Verhältnis schon eintrat oder doch in der Entwicklung unvermeidlich wird? Das Buch geriet mit seiner Verfilmung in eine gewisse An lehnung an den und Abhängigkeit von dem Film. Seine Aufgabe wird gerade gegenüber der Massenkäuferschaft eine andere, und deren Verhältnis zum Buch wird ebenfalls anderer, mittelbarerer Art. Die Masse der Interessenten, die gerade dem Absätze an guten Büchern immer mehr erschlossen werden soll, ist in ihren Meinungen, Neigungen und Urteilen viel mehr vom Kinowefen beeinflußt als vom Buchwesen. Wenn also der Buchhandel wirk lich mit seinen eigenen Angeboten diesen ihm bisher ferner stehenden und ihm gerade durch das Kino immer noch mehr entrückten Massen näherkommen, ihre Kauffähigkeit und Kauf willigkeit sich erobern will, dann wird er sich immer mehr auf das dem Film zugewandte Interesse breitester Volksschichten einstellen müssen. Nun scheint festzustehen, daß das Buch auch mit seinen billigsten (das kann doch nur preiswert heißen), gesündesten, volkstümlichsten Darbietungen nicht annähernd die Erfolgshöhe und die Einflußtiefe erreicht, deren sich das Filmwesen rühmen darf. Chesterton, der eine anmutige Verteidigung des Schund romans und der Detektivgeschichten geschrieben hat, spricht zu nns im Namen des Volkes: »Die Literatur ist ein Luxus; die Geschichten sind eine Notwendigkeit». — Das Volk berichtigt ihn: »Verfilmt« Geschichten sind uns ein notwendiger Luxus». Die Einsicht, daß man dem Film in der Eroberung der Masse nicht mehr zudorkommen, ihn nicht mehr überholen kann, mag manchen im Buchhandel zu der Meinung, dem Wunsche, der For derung verführt haben, man könne, müsse sich nun mit der Lite ratur hinter das Kino stellen, an seine Erfolge sich anhängen, sich von ihm Bahn brechen lassen. Diese Auffassung wird um so ver breiteter, je mehr sich das Kino literarisch gebärdet und schön geistige, vor allem unterhaltsame Bücher zum Gegenstände seiner Darbietungen nimmt. Der Film braucht aber gerade die zug kräftigsten (freilich nur diese) Buchideen in sich auf, und gleich viel, ob ihm dies gelingt, wirkt er doch immer mit der sug gestiven Vortäuschung, daß er das Buch überflüssig macht. Es ist falsch, zu glauben, daß die Filmregisseure einen Romantitel und den Verfassernamen dem Film ausprägen, um die Beschauer auf die Notwendigkeit hinzuweisen, daß sie auch das Buch lesen sollen, um zum vollen Verständnisse und Genüsse zu kommen. Das Filmwesen gebraucht die Werbekräste eines schon bekannten Buches jedenfalls viel mehr für sich, als es solche diesem ver mittelt. Alles Bedürfnis nach Erläuterung und nach der Verbindung zwischen den einzelnen Episoden, das der Film etwa offen läßt, wird für die weit überwiegende Mehrzahl aller Zuschauer durch die Programmschristen der Kinoanstalten befriedigt. Im allge meinen läßt sich aus der durchschnittlichen Art dieser Programm kommentare schließen, daß damit dem Bedürfnis des Publikums Genüge getan ist und daß die Filmleute selbst die Unentbehrlich keit dieser Filmbeschreibungen als Ersatzmöglichkeit der eigent lichen Filmbücher auffasscn. Es ist löblich und nützlich, wenn die Verleger dabei noch einen Zusatz erwirken, meist in Anzcigenform, in dem aus das Buch und die Bezugsmöglichkeiten, namentlich auch auf den Preis Hingewiesen wird. Wird aber der Preis genannt, so kann das nur einen Zweck haben, wenn er billig genug ist, um den im Kino besucher auftauchendcn Kaufreiz nicht in stummen Verzicht aus zulöschen. Das Interesse, das im Kino für ein Buch entsteht, 384 wurzelt im Eindruck, den der Film gemacht hat, und sucht für diesen Erläuterung, Ergänzung, wenn diese in der Filincrklärung nicht ausreichend gefunden wird. Aber bei dem momentan reifenden Bedürfnis, Begehren, Gelüst liegen jene Voraussetzungen mit zugrunde, die den betreffenden Kinobesucher erst für den Film empfänglich gemacht und das Interesse, das Neigungs- Verhältnis zu ihm begründet haben. Man muß sich klarmachen, wie so ein durchschnittlich-typischer Kinogast, wenn er anfingc, Buch und Film zu vergleichen, deren Vorzüge gegeneinander und im Werte für ihn abwägcn würde. Die geistige Mühelosigkeit, mit der er im Kino die stärksten sinncnhaftcn Eindrücke empfängt, der geringe, bequem« Zeitaufwand, die völlige Loslösung aus seiner Alltagsumgcbung, die Versetzung, Uulertauchung, Steige rung in eine eigenartige, reizvolle Welt-, Lebens« und Gesell schaftsatmosphäre, die Möglichkeit steten Wechsels und häufigster Wiederholung des Filmgenusses, alles das und noch einige an- dcre, mehr oder weniger bewußte Umstände bedingen, bewirken die aus sich selbst heraus erneuernde und vermehrende Neigung zum Kinobesuche, und in allen diesen Punkten erweist sich die Anziehungskraft und der Einfluß des Buches als unterlegen, da cs zu seiner Erschließung, Gewinnung, zu der Wiedergeburt des Geistes aus ihm immer einer gewissen, opfervollen Hingabe, Hineinfindung des Lesers bedarf, für die gerade im modernen Menschen niederen Bildungs- und Gemütscharakters weder Ver ständnis noch Kraft, weder Wille noch Weg vorhanden zu sein scheinen. Von besonderer Bedeutung ist aber die Billigkeit der Film besichtigung. Gerade hierin ist in der Gegenwart ein tiefer Unter schied zwischen Filmwesen und Buchwesen ausgeklafft, sodatz diese beiden Gebiete gegenseitig in einen Erfolgskonflikt geraten sind, in dem auch das Objett dieses Konfliktes, das Publikum, Partei geworden ist, und es ist unnötig zu sagen, auf welcher Seite. Die gleiche Preisverschiedenheit hat zu der Abwande rung starker Gesellschaflsschichlen vom Theater zum Kino geführt, sie leitet auch den Käuferstrom von dem Literaturmarkte auf das Filmwesen ab. Die geistige Fremdheit zwischen den Massen des Volkes und der Literatur, die der Buchhandel durch seine kul turelle Arbeit überbrücken möchte, wird durch die Teuerung seiner Ware noch größer. Je mehr im Buchwesen die Preise anschwellen, desto ungünstiger wird seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber an deren, dem Volke näher liegenden Bedarfs- oder Luxusnrärkten. Gegenüber dem Filmwesen könnte das Buchwesen mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden, wenn immer mehr hoch wertige Literaturwerke der Verfilmung anheimfallen. Der Buch handel, dem ja vielleicht in den kulturell höher gelagerten und noch einigermaßen kaufkräftigen Kreisen weiterhin noch die geistig reiferen und bedürfnisvolleren Abnehmer gediegener Literatur bleiben mögen, wird doch eine Erschwerung seiner Absatzmög lichkeiten, eine Einengung seines Wirkungsbereichs erfahren durch das Kino, und gerade die Masse, auf die er besonders zur Er weiterung seiner Existenz- und Arbeitsbasis hinziclen müßte, wird immer mehr seinen Bestrebungen entrückt sein, sodatz (weil) sie immer mehr in den Bann des Kinos gerät. Statt daß für die Masse der Buchhandel seine Produktion, nicht der Artenzahl nach, sondern der Auflagenzahl der gedie genen Erscheinungen nach, vermehren und dadurch verbilligen könnte, kommt das Kino immer mehr in die Lage, durch den wachsenden Zustrom von Besuchern die finanziellen Mittel zu weiterhin mächtiger Entfaltung zu erlangen. Es ist vielleicht ein Merkmal, eine Wendemarke in der kulturellen Entwicklung und in der Geschichte des Buchwesens, daß gerade jetzt die Übertragung von Literaturwerken in das Filmwesen Tendenz wird. Man möchte den Dichtern und Verlegern, die immer geneigter werden, schöngeistige, unterhaltende Werke der Verfil mung zu überliefern, zurufen: Bedenket das Ende — der Ent wicklung, die ihr allzu willig fördert! In (noch) vereinzelten Fällen begirügt man sich schon nicht mehr mit der Förderung, sondern nimmt künftige Enlwicklungs- aus- und -abwege vorweg. Denn, gibt es nicht schon Filnr- rückbücher? Filme, die zurückliterarisiert werden? Bücher von Filmregisseurs Gnaden? Werden nicht schon Dichter vom Kurbcl- kasten inspiriert? Solange es sich um Einzelerscheinungen Han,
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