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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.07.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-07-31
- Erscheinungsdatum
- 31.07.1934
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- Deutsch
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X- 17k, 31. Juli 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn Buchhandel. Epoche geben wollte, während der Mitarbeiter des »Angriff« die neue Entwicklnngslinie aufzeigt. Wir schließen daran an, als inhaltlich dazugehörig, einen Auf satz des jungen Berliner Dichters Hans-Jürgen Nierentz, »Dich tung — im Wunder großer Gegenwart«, der im Juliheft der von Karl August Walther geleiteten Monatsschrift »H o ch w a r t« (Verlag Junker L Co., Berlin) erschienen ist. Dichtung — im Wunder großer Gegenwart. Von Hans-Jürgen Nierentz. Gott war in uns, als wir die Fahne trugen. Und über uns erglomm das Firmament, Und Glocken von den Kathedralen schlugen, Wie Herzensschlag, der nach dem Wunder brennt. So wurden wir zu Klingen und zu Klängen: Vor lichter Zukunft, die sich offenbart, Stehn wir gebannt in rauschenden Gesängen, Entflammt vom Wunder großer Gegenwart. Dank sind diese Verse, Dank, Gelöbnis, Beglückung, Reichtum. Vom Wunder großer Gegenwart entfacht. Sie konnten nur ge schrieben werden in einer Zeit, die erfüllt ist von mächtigen Impul sen, die Aufblick gibt und Zukunft und aufbrechenden Glauben an das Werdende. Und sie konnten nur ausgenommen werden in einer Zeit, die aufblühend in rauschenden Gesängen schon ein Morgen sieht, ein Übermorgen, ein strahlendes Jahrhundert. Wir Jungen, die wir heute in glücklichen Stunden solchen Versen folgen, die wir von ihnen erfaßt werden, die wir wieder Verse sprechen, lesen, leben und erleben können, wir haben uns die Kraft dazu schöpfen müssen in Jahren innerster Zerrüttung. Wir mußten hindurch durch ein Jahrzehnt, das uns nicht geben konnte, was wir hungernd als Nahrung zu suchen aus innerstem Drang gezwungen waren. Wir gingen hindurch als Knaben, empfänglich in allen Nerven, wir waren zu jung, die Wehen einer zerrissenen Zeit zu verstehen, und zu alt, um sie nicht zu empfinden. So standen wir, verlassen, umtost von der Jazzband der morgenländischen Invasion, gefangen in Zweifeln und geschüttelt von Wirren. Wir hatten nicht die Front gesehen, wir hatten sie nicht einmal gehört, unsere Väter halten draußen in den Schützengräben gelegen, waren gefallen, gefangen, zerschossen oder vermißt, in Rußland, in Frankreich, am Skagerrak, in Flandern, überall. Wir aber waren ganz einfach hingestellt und wußten nichts anzusangen mit uns und mit dem Rauschen des Blutes, dessen Klang uns hineintrug in den Rausch der ersten Verse, der ersten verworrenen Worte, die plötzlich Form fanden und Gestalt, und die doch nichts waren als tönender Ausbruch der Qual, die uns erschütterte. Seien wir ehrlich mit uns, wir Jungen, die wir uns ehrlich mit allen Fasern unseres Lebens zum Deutschland von heute, zum Reich von morgen bekennen, seien wir ehrlich mit uns: Wir waren nicht immer und zu jeder Stunde unseres Lebens so rein und makel los in der Gesinnung unseres Herzens, wie es jene Vielzuvielen tönend mit falschem Zungenschlag von sich verkünden, um die Echtheit ihrer Gesinnung voll unchristlicher Hast mit Jahreszahlen zu belegen. Wir haben das Recht und die Pflicht, wir haben den Mut und die Gradheit der Lebensführung, zu sagen: Jawohl, wir haben ge schwankt und fanden lange kein Ziel unseren himmelstürmenden Sehnsüchten auf den Trümmern eines in Fieberschauern bebenden Reiches. Jawohl, wir (und das sind sehr, sehr viele, die nicht er wählt und ausersehen waren, heilen Leibes durch ein Chaos zu gehen), wir haben vielleicht einmal von einem glückseligen Reich aller Men schen geträumt, oder waren gefangen von anberen Utopien. Wir haben nicht alle zu jeder Stunde an Deutschland und nur an Deutsch land gedacht, wenn wir »Bruder« oder »Genosse« oder »Mensch« sagten. Wir haben nicht alle zu jeder Stunde das Rauschen des Blutes und das Lied der Erde erkannt und verstanden, wir haben in der Vergangenheit nicht alle so gelebt und geglaubt, wie wir es für die Zukunft unserer Kinder erbitten, wir haben es nicht getan: Durch Erziehung, Geschick oder Zufall der Umgebung. Aber wir haben uns das Recht, all das offenen Blicks zu bekennen, durch Jahre erworben auf langen Märschen in derKolonne, beiSaalschlachten und in heißen Debatten, hinter und bei der Fahne. Wir haben uns das Recht dazu erworben als Männer der be glückenden Kameradschaft, die eisern auf einsamem Posten stand, als nur wenige zu dem Gedanken sich zu versteigen wagten, sie, die Männer dieser Kameradschaft, würden einmal durch das Branden burger Tor marschieren unter Trommelwirbel und Fackelschein, ge tragen von der Begeisterung eines Volkes. Wir haben uns den Weg von der Utopie zur volksverbindenden Idee erkämpft, darum haben wir das Recht, abzurechnen mit der Vergangenheit. Wir sind nach wirrer Jugend heißen Herzens für Deutschland marschiert, darum dürfen wir von ihm singen. Nichts ist uns in den Schoß gefallen, nicht der Glaube und nicht die Tat und nicht die Liebe. Und darum haben wir das Recht, sanftes Miß trauen zu hegen gegen jene Weltbürger von gestern, gegen jene blut leeren Skribenten von gestern, gegen alles Gestrige, das kampflos die Flagge strich, um eine neue hochzuziehen. Verdächtig ist uns, was gestern Geschäft in liberaler Qualitäts ware machte und heute hemmungslos mit nationalen Emblemen verbrämtes Geistesgut auf den Markt wirft. Verdächtig ist uns das Aufflammen der Vaterlandsliebe binnen vierundzwanzig Stunden, wenn es sich dartut in tönenden Beteuerungen in Wort und Schrift. Verdächtig ist uns die Sehnsucht nach der Scholle von gestern zu heute, wo bisher der Song auf den Asphalt als vollkommen hin reichend gewertet wurde. Wahrhafte Ergriffenheit vor der Gewalt der Idee macht stumm, stumm für lange Zeit, die erfüllt ist mit Kampf um den bedingungs losen Glauben — und dieser bedingungslose Glaube erst gibt reinen Klang den hymnischen Gesängen, die von ihm künden wollen. Die Dichter, die uns Jungen heute Freunde und Kameraden sind, die wir mit Inbrunst hören und die wir im Herzen verstehen, die hoben kämpfen müssen um ihr Werk wie der Arbeiter, der Bauer, der Soldat, der als einfacher unbekannter Mann in der Kolonne Tritt faßte. Diese Dichter standen in Einsamkeit mitten im Lärm des geschäf tigen Literaturbetriebes und hatten keine Heimat für ihr Wort. Oder sie standen stumm in ihrer Pflicht bei ihren Sturmabteilungen, marschierten, propagierten, führten vor, marschierten. Und auf einmal sangen sie ein Lied. Und dann sang es der Sturm. Und dann sang es eine Jugenb, die wieder ein Lied ge funden hatte, das sie brauchte wie das tägliche Brot. So wuchsen Werke in der Stille, so klangen Lieder auf im Marschtritt der Formation. Und Gedichte entstanden, die aus dem Erlebnis des restlosen Einsatzes für eine Sache Form und Klang wurden, Gedichte, in denen die Forderung der »stählernen Romantik« Erfüllung fand. Gedichte, die das Erbeben einer Zeit in ihren besten Kräften kündeten. Und Lyrik entsprang wieder geheimen Quellen, die das Volk suchte und fand und verstand. Ein Jahrzehnt erst ist ver gangen seit jenen Tagen, da Artisten und Exzentriker auf grellen Podien dadaistische Idiotien offerierten, da die Verneinung ver heerende Triumphe feierte, ein Jahrzehnt erst, ein Atemzug der Ge schichte, und heute schon stehen Dichter mitten im Volk, das sich um si§ schart, und haben wieder eine Heimat gefunden für ihr Wort. Ein Morgen ist dies und ein Aufblick und ein Wiederbesinnen. Kräfte sind gelöst im Vormarsch einer Revolution, die aus dem Chaos einer Revolte wieder ein Volk zum Blühen bringt, bas am Verdorren war. Was faul ist und morsch wird sich entblättern und fallen in diesem jungen Sturm. Wir Jungen aber, die wir entflammt sind von einer Zeit, die uns wieder singen lehrte, stehen, Volk und Dichter, in Dankbarkeit bejahend und aufgeschlossen vor dem Kommenden, vor dem Werk, das vor uns liegt, stehen beglückt in der Kameradschaft des Volkes: Vom Wunder großer Gegenwart entfacht. » Lesen die Deutschen Gedichte? Zu unserem Aufsatz von Professor Joseph Antz in Nr. 156 er halten wir folgende Zuschrift, die wir gern veröffentlichen: Die Deutschen lesen nicht nur Gedichte, sie lernen sie sogar aus wendig! Gedanken von Dichtern der jüngsten Zeit sind geradezu zum »geflügelten Wort« geworden. Den Sortimentern wird nichts Neues damit gesagt, wenn ich auf Bogislav von Selchows Gedichte »Von Trotz und Treue« und »Der Ruf des Tages« Hinweise, die erst kürzlich wieder in neuen billigen Volksausgaben erschienen sind und damit eine Auflageziffer von über 80 000 Stück erreicht haben. Nicht nur Hunderte von Rednern haben in den Kampfvcrsammlungen der Nachkriegszeit immer wieder die Worte zitiert: »Ich bin geboren, deutsch zu fühlen . . .«, sie waren der Wahlspruch Albert Leo Schlageters, so daß sogar in Büchern über Schlageter verbreitet wurde, dieser sei der Verfasser dieser Worte gewesen. Der aus dem Gedicht »Du nennst mich klein« stammende Spruch hing als Wand spruch, wie mir Adolf Hitler persönlich im Jahre 1922 in München sagte, über feinem Schreibtisch, und ich besitze heute noch die Post karte mit diesem Spruch, die mir Adolf Hitler damals mit seinem Namen Unterzeichnete. Wenn so manche Gedichte heute nicht gekauft werden, mag es daran liegen, daß die Dichter eine Sprache sprechen, die das Volk nicht versteht, v. Selchow darf jedenfalls bas Verdienst für sich in Anspruch nehmen, durch seine vaterländischen Gedichte schon un mittelbar nach dem Zusammenbruch das deutsche Volk mit aufge rüttelt zu haben, wird er doch in Kritiken vielfach als der neue deutsche Freiheitsdichter gefeiert und mit Ernst Moritz Arndt ver glichen. G. Braun, Marburg. 685
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