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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-09-08
- Erscheinungsdatum
- 08.09.1934
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- Deutsch
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210, 8. September 163-1. Redaltioneller Teil. Börsenblatt f. ö. Dtschn Buchhandel. Am die neue Zugendschrift Von Gerhard Schönfelder Im Börsenblatt vom 17. Juli wenden sich in zwei Aussätzen vr. Ramlow und Kurt Fervers, der stellvertretende Hauptschriftleitcr des Reichsjugend-Pressedienstes, an den deutschen Jugendschristenverlag. Als Mitarbeiter eines Jugendschristenver lages ergreife ich zu diesem Thema um so lieber das Wort, als es mir nicht erst seit gestern oder heute vertraut ist. Und wenn man die Äußerungen überblickt, die in der letzten Zeit zur Jugend- schristensrage erschienen sind (ich rechne dazu insbesondere die kleine Schrift von Hans Maurer »Jugend und Buch im neuen Reich«), so ist es tatsächlich an der Zeit, daß nun auch ein Buchhändler zu Worte kommt*). Vielleicht muß ich vorher noch sagen, daß ich nicht pro ckomo spreche. Ich vertrete hier keine Interessen, und das um so weniger, als ich selbst gewisse Dinge in der deutschen Jugend- schriften-Produktion für durchaus unerträglich halte. Es ist klar: Man wird das Jugendschrifttum heute unter anderen Gesichtspunkten betrachten müssen, als das bisher gesche hen ist. Es war das Eigentümliche der bisherigen Entwicklung, daß in einer Frage, die die Jugend zuerst anging, die Jugend selbst nichts zu sagen hatte. Es lag allerdings auch in der bisherigen Ordnung der Dinge, daß die Jugend niemals einen ernsthaften Versuch gemacht hat, einen entscheidenden Einfluß auszuüben. So entstand ein Begriff des Jugendschrifttums, der neben die Welt der »Erwachsenen« eine besondere Welt der Jugend stellte. Oder anders ausgcdrückt: Man handelte so, als ob es ein Schrifttum für »Erwachsene» und ein anderes für die Jugend gäbe. In Wirklichkeit ist das stets nur eine Fiktion ge wesen. Dafür legt gerade die Arbeit des deutschen Jugendschrif- tenverlages Zeugnis ab. Wer die Geschichte des deutschen Jugend schrifttums kennt, weiß, wie aus der Aufklärung und im Liberalis mus sich diese Fiktion entwickeln konnte, der weiß, wie auf diese Weise jenes blutleere und moralische Gebilde der »spezifischen« Ju gendschrist entstand. Man sollte die fossilen Bestände dieses Ju gendschrifttums, das noch in die Gegenwart hineinragt, nicht un nötig ernst nehmen. Seine Tage sind gezählt mit dem Werden und Wachstum einer neuen deutschen Jugend. — Am Ende dieser Ent wicklung stand als revolutionärer Gegenstoß die sogenannte Ju- gendschriften-Bewegung. Sie kam bezeichnenderweise aus Lehrerkreisen. Diese Bewe gung hat ihre Verdienste. Das darf man nicht übersehen. Aber sie wurde doktrinär. Die Arbeit der deutschen Jugendschristen- Prüfungsausschüsse mußte sich totlaufen, weil sie sich von der Wirklichkeit der Jugend, ihrem Willen und ihren Wünschen immer stärker entfernte. Sie wurde zu einer Fachfrage. Man spezialisierte sich. Man kam so schließlich zu einer künstlichen Verengung des Begriffs und vor allem auch der Ausgabe des Jugendschrifttums. Eine weitere Folge war, daß man umgekehrt auch die Welt der »Erwachsenen« dem Schrifttum der Jugend entfremdete. Diese Abneigung wurde aber unwillkürlich aus das ganze Jugendschrift tum übertragen. Es ist ein konsequenter Ausdruck dieser Entwicklung, daß auch der Verlag für Jugcndschriften sich zunehmend spezialisierte. Im Rahmen des Gesamtbuchhandels wurde die Jugendschrift eine Spar- tcnangclegcnheit. Im Vertrieb ein Saisonartikel. In vielen Sorti menten eine Angelegenheit zweiter Ordnung. Darüber können verschiedene Bemühungen, mit der Jugend wieder in engere Füh lung zu kommen, nicht hinwegtäuschen. Im neuen Reich ist die deutsche Jugend zur Staatsjugend ge worden. Die HI. ist gleichberechtigt neben die alten Erziehungs mächte: Elternhaus, Schule und Kirche getreten. Damit haben sich die Grundlagen völlig geändert. Es ist verständlich, daß diese poli tische Jugend heute die jugendfremden und jugendfeindlichcn Mächte ablehnt, — und wenn sic nicht nur Forderungen anmeldet, sondern auch selbst auf die Gestaltung der Dinge Einfluß nimmt. Diese Arbeit ging uns im Augenblick der Veröffentlichung des Aufsatzes von vr. Herbert Beck (s. Nr. 194) zu. D. Schrift!. 78ö So hat heute der politische Wille der Jugend dis Jugend schriftenfrage aus ihrer Erstarrung gelöst und den Weg zu neuen Aufgaben und Lösungen freigemacht. Auch dem Buchhandel werden damit neue Aufgaben gestellt, und er muß sie um so ernster nehmen, als die Jugend von heute nicht nur der Bücherkäufer von morgen ist, sondern auch dem neuen Staat ihr Antlitz geben wird. Die positiven Kreise des Buchhandels begrüßen diese Aktivität der HI. Ich glaube allerdings, daß die notwendige Zusammen arbeit am besten von einem gegenseitigen Vertrauen getragen wird. Dazu gehört, daß man die Dinge unmißverständlich und gerecht behandelt. Wir Buchhändler müssen uns ja immer wieder sagen lassen, daß wir versagt haben. Das kommt auch in den meisten Äuße rungen zur Jugendschriftenfrage zum Ausdruck. Leider oft mit einer Unbestimmtheit, die unsachlich wirkt. Man spreche nicht immer von gewissen Verlagen und einer gewissen Produktion, son dern man nenne in jedem Falle das Kind beim Namen. Nur das kann erzieherisch wirken, besonders auch auf das Sortiment. Man vermeide den Eindruck, als ob man rein gefühlsmäßig alles in einen Topf wirft. Der Außenstehende macht sich nur schwer eine Vorstellung, wie sehr gerade dem verantwortungsbewußten Ver leger dadurch die Arbeit erschwert wird. So wenig wie es zutrisst, daß auf dem Gebiete der Jugend schriftenarbeit alles nunmehr überholt, falsch und erledigt ist, so wenig kann man den deutschen Jugendschriftenverlag einfach in Bausch und Bogen- aburteilen. Dieser Verlag hat in der Bereit stellung besten deutschen Schrifttums aller Gebiete zu niedrigsten Preisen in größtenteils vorbildlicher Ausstattung eine nationale und soziale Leistung vollbracht, die man kennen und anerkennen muß. Schasfsteins bunte Bändchen, der deutsche Spielmann, die Kranzbücherei, Hirts deutsche Sammlung, der Schatzgräber, die Reihen von Beltz, Voigtländers Volksbücher, die Volkheit, der Eiserne Hammer, die Jnsclbücherei und manches andere noch; in der jüngsten Zeit Langen-Müllers Kleine Bücherei und Diederichs deutsche Reihe sie alle sind eine Fundgrube, die noch lange nicht ausgeschöpst worden ist. Es ist eine Leistung, um die uns das Ausland beneidet. Man kann diese Reihen nicht einfach ab lehnen, weil sie z. Tl. auch schulischen Zwecken dienen oder weil selbstverständlich dieses oder jenes Heft heute überholt ist. Wenn ich bei Maurer unter den »Leitsätzen zur Beurteilung des deutschen Jugendschristtums« lese, welche Bücher geeignet sind bzw. gewünscht werden, nun, so muß ich doch sagen, daß der deutsche Jugendschriftenverlag sich nicht zu schämen braucht, und daß ge rade auch die eben genannten Reihen diese Forderungen weit gehend erfüllen. Manche Kritik, die heute am Jugendschriftenverlag geübt wird, und manche Forderungen, die man an ihn stellt, würden klarer sein, wenn immer deutlich gesagt würde, was man unter einer Jugendschrift versteht. Das Schrifttum, das sich an die Jugend wendet, umspannt einen Lebensbereich, der sich rein äußerlich zu mindest vom siebenten bis achtzehnten Lebensjahre erstreckt. Wir stimmen zu, wenn man es heute ablehnt, daß für irgend eine bestimmte Entwicklungsstufe dieses Jugendbereiches ein Schrift tum jeweils besonders »zurecht«gemacht wird. Diese Ablehnung ist nicht neu. Denn schon seit Jahren ist die »spezifische« Jugend schrift bekämpft worden. Auf der anderen Seite aber kann gar kein Zweifel bestehen, daß es innerhalb dieses Jugcndbereiches tat sächlich bestimmte Entwicklungsstufen gibt, für die ein bestimmtes Schrifttum mehr oder weniger angemessen ist. Das ist ganz einfach eine biologische Frage. Jugend ist nicht ein Zustand und etwas Ab geschlossenes, sondern Entwicklung und Entfaltung. Es handelt sich auch nicht nur darum, daß das Buch den Stoff meistert, sondern auch darum, daß der Leser den Stoff meistert. Die Fähigkeit dazu ist im Rahmen einer jugendlichen Entwicklung stets verschieden. Aus diesen Gründen halte ich es auch für durch aus berechtigt, aus bestimmten Werken Schulausgaben und Son-
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