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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.08.1934
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- 1934-08-30
- Erscheinungsdatum
- 30.08.1934
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- Deutsch
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X; 202, 30. August 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. b.Dtlchn.Buchh-mt-I. jedoch standen noch mit dem bekannten Zweifel dem neuen Kultur saktor »Rundfunk« gegenüber, da sie noch nicht gelernt hatten, über das rein Technische hinaus die vielfachen Kulturmöglichkeiten des Rundfunks zu sehen. Das mag zu einem großen Teil auch am Funk selbst gelegen haben, dessen latente, kulturschöpserischen Kräfte durch seine damaligen Leiter nicht geweckt wurden und der somit von sich aus keine Anregungen zu neuen Formen und Inhalten gab. Erst ganz allmählich wurde er !m Verlauf seiner technischen und künstlerischen Entwicklung auch zu einem Erwecker schöpfe rischer Kräfte und Willen außerhalb seines eigentlichen Bezirks und gewann seine Gleichberechtigung innerhalb der anderen, anerkann ten kulturellen Institutionen unserer Gegenwart. Im Gleichgang fast mit dem Erstarken der Opposition und dem Erwachen eines neuen Lebensgesühls fanden sich auch für seine künstlerisch eigen- gelagerten Aufgaben und Ziele junge, dichterische Kräfte. Gegen wartsnahe und zukunftssichere Dichter und Schriftsteller erkannten den Rundfunk als neuen Kulturfaktor und sahen in ihm neue Aufgaben für ihre dichterische Arbeit und Phantasie. Eine wirklich befruchtende Ausstrahlung des Rundfunks in den geistigen Bereich unseres Volkes geschah jedoch erst unter der neuen Rundfunkfüh rung. Der Rundfunk wurde mit einem Schlage, fast über Nacht das große Kulturinstrument unseres Volkes. Seine neuartigen, großen und stilstarken Sendungen, wie z. B. die Gemeinschafts sendungen an nationalen Feiertagen, wie die Sendungen in der »Stunde der Nation« oder die großangelegten Hörberichte aus den Stätten der Arbeit brachten starke menschlich-dichterische Anregungen und neuartige formal-künstlerische Aufgaben, denen sich kein Dichter, soweit er schöpferisch, gemeinschaftsbildend und volks verbunden war, entziehen konnte. Heute leisten alle wirklich volksnahen und verantwortungsvollen Dichter durch ihre praktische und schöpferische Mitarbeit am Rundfunk national- ausbauende und sozial-sichernde Arbeit. In ihnen hat der Rundfunk Kräfte frei gemacht, die zum Teil schon mit sehr instinktsicherer funkischer Sprachkunst sich am funkischen Kunstwerk versucht haben. Es ist selbstverständlich in diesem Rahmen nicht möglich, um fassend und lückenlos alle die Dichter und Schriftsteller zu behan deln oder auch nur zu erwähnen, die am Rundfunk in irgendeiner Form mit ihrem künstlerischen Können aufbauende Mitarbeit ge leistet haben. Fast alle bekannten Dichter standen schon vor dem Mikrophon und lasen aus ihren Werken. Wer uns jedoch hier be sonders interessiert, sind die Dichter, die schon funkeigene Werke geschaffen und in einer funkeigenen Form und Sprachkunst Wesentliches geleistet haben. Alle diese »Funk dichter« — diesen Begriff wollen wir ruhig volkstümlich machen — haben als Gemeinsames ein neues und vertieftes Verhältnis zur Sprache und zum Wort; oft sind sie sprachliche Neuschöpfer, in vielen Fällen Wiedererwecker deutschen Wortgutes und geben in überraschend prägnantem Gebrauch dem Wort sein innerlichstes Wesen und seine wahre Substanz. Die künstlerische Phantasie, die sich weitestgehend aus die formalen Bedürfnisse funktechnischer Kunst einzustellen begann, schuf so Wortwetke von stärkster Prägung und inhaltlicher Dichte. So wurde z. B. Hans Rehberg in seinem dichterischen Wesen von der ausstrahlcndcn Kraft des Rundfunks und den eigen artigen Gestaltungsmöglichkeiten funkischer Kunst ergriffen. »Die preußische Komödie'), die er für den Funk schuf, war eine der ersten Dichtungen, in der der neue Wille zu einer dem Funk ange messenen künstlerischen Form spürbar war. Wenn auch die Viel falt der Personen hier noch verwirrte, so war doch grundsätzlich schon die neue Haltung zum funkischen Wert des Wortes gefunden und ein erster Vorstoß in einen neuen Gestaltungsraum gelungen. Gerhard Menzel verstand es ebenfalls, in einem Hörwerk »Das Reich ist unser« dem Funkspiel nur vom Wesen des Wortes her starke Suggestionskraft zu geben und auch der junge Martin Raschle schuf, vom Funk zu neuen künstlerischen Versuchen an geregt, in feinem Hörspiel »Gespräch mit den Vätern» eine auf Wort und Ton gestellte Dichtung. Funkisch in der Auffassung und in dem regiemäßigen Gebrauch lautlicher Werte ist auch die Dich- ') Ersch. in: Die Reu« Rundschau. Jg. 1933, H. 8. tung von E. W. Moeller »Rothschild siegt bei Waterloo«. Der Rheinländer P. Schaaf schuf ebenfalls eindrucksvolle Funk dichtungen u. a. »Lachen im Hintergrund«, »Spaß mit Musik« oder die »Große Moritat von Liebe und Verbrechen«. Eine eigene Funkdramatik besitzen auch Willi SchLferdiek, vor allem in seinen Hörspielen »Der Trommler Gottes« und »Jakob Johannes«, und Herbert Böhme in seinen sprachgewaltigen Dichtungen »Alpenfahrt« und »Führer und Fanfaren«. In der Folgezeit be mühten sich um die Weiterbildung und den Ausbau des Hörspiels bekannteste deutsche Dichter, u. a. Josef Martin Bauer, Richard Billinger (u. a. Der Bauer und die Windsbraut)^), Wulf Bley, Hans F r a n ck, Friedrich Griese, H. Ehr. Kaergel, Alfred Karra sch, Eduard Rein ach er, der schon als einer der wenigen vor Jahren wirklich funkeigene Dichtungen schuf, Albrecht Schösser, Ruth Schaumann, Kurt Eggers, letz terer besonders durch seine Hörspiele »Annabcrg« ^) und »Das große Wandern«. Auch Paul Alverdes, einer der wortsichcrsten und aus bester deutscher Sprachtradition schaffenden Dichter, arbei tete für den Funk. In seinem Hörspiel »Die Freiwilligen« Z er zielte er durch einfachste und schlichte Wortgebung starke funkische Wirkung. Dieses Hörspiel ist ein Beispiel dafür, daß die deutsche Sprache auch ohne besonders starke innere Verdichtung funkischen Anforderungen durchaus genügt, wenn sie ein wirklicher Dichter aus ihrem gewöhnlichen Rahmen in die Sphäre des reinen »Ge hörtwerdens« versetzt. Neben diesen Bemühungen um das Hörspiel entstanden als neue Formen eigener Funkkunst die »Wortkantate«, die »Funkballade« und wie z. B. bei Binding eine Art besonderer Funkprosa. In seiner feierlichen Funksendung »Trauer und Auf blick« gestaltete er eine Funkkantate von tiefem Sprachreiz und einer unmittelbar wirkenden Sprachinncrlichkcit. In dieser Sprache wird durch das Mittel des Funks das Wort ohne Vermittlung nichtspracheigener Wesenheiten gehört. Aus all dem können wir sehen, wir stark heute schon die Kräfte sind, die vom Rundfunk ausgehcn und zur Arbeit an den Aufgaben des Funks anregen, und wie stark wiederum das Interesse auch des geistigen Deutschland am Funk und seinen künstlerischen Mög lichkeiten ist. Eine Anzahl Dichter ist durch den Rundfunk erst einer größe ren Öffentlichkeit bekannt geworden. Wir erwähnen hier nur den jungen Leipziger W. Brockmcier, dem zuerst der Rundfunk im großen Maße die Möglichkeiten des Schaffens gab und der mit einer starken Begabung für funkische Dinge Hörwerke (z. B. »Go tische Fenster und Statuen«, »Bruder Wanderer«, »Ruf an Deutsch land«, »Deutsche Kantate«, »Kampf um die Schiene«) schuf, die reise Wortkunstwerke waren. Seine in Funkfolgcn und Funkballadcn gegebenen Gedichte sind geschliffene und zusammengefaßte Funk schöpfungen, die heute schon einen Bestandteil der wesentlichsten und echtesten Gegenwartslyrik bilden Z. Auch Richard Euringcrs »Deutsche Passion 1933« °) wurde zunächst für den Funk geschaffen und besitzt starke sunkeigene Ele mente in Sprache und Ausbau. Für die Ausführung im Theater alten Stiles, in den Geleisen alter Regie mit traditioneller Kulisse und Kostüm eignet sich diese für die unsichtbare Bühne des Funks geschaffene Dichtung nicht. Sie wurde jedoch mit neuen Sprach- und Stilmittcln von der Bühne des neuen Theaters übernommen. Infolge der Wucht, Eindringlichkeit und Bildhaftigkeit der Sprache bewährte sie sich auch als Thingspiel und hat somit über die Be deutung als Hörspiel hinaus ihren Wert für das kulturelle Gesamt leben unseres Volkes erhalten. 1934 wurde diese Dichtung vom Reichspropagandaminister mit dem Stesan-George-Preis ausge zeichnet. Ebenfalls vom Funk her wurden zu neuer eindrucksvoller dich terischer Form Peter Hagen und Hans Jürgen Niercntz an geregt, die in ihrem gemeinsam geschaffenen Hörwerk »Wir bauen °) Ersch. in: Die Neue Rundschau. Jg. 1933, H. 4. -) Berlin: Volkschaft-Blg. 1933. München: A. Langen/G. Müller. 1934. °) Einige davon in: Ewiges Deutschland. Leipzig: Goten-Vlg. Eisentraut 1934. °) Oldenburg: G. Stalling Vlg. 1933. 783
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