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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.08.1934
- Strukturtyp
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- 1934-08-21
- Erscheinungsdatum
- 21.08.1934
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- Deutsch
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X- 194, 21. August 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. L. Dtschn Buchhanbel. Wie schon ausgesührt: Es ist vielleicht seltsam, daß dies aus gerechnet jemand sagt, der selbst Schriftsteller und nicht Verleger ist. Doch wem das Jugendschrrfttum als eine große kulturpolitische Ausgabe am Herzen liegt, der muß dies sagen. Zum Wohle des Ju gendschrifttums! Aber auch zum Wohle der Schriftsteller! Wir deutschen Schriftsteller müssen so ehrlich sein zuzugeben, daß die Fehler zu einem guten Teil bei uns liegen. Ich weiß es positiv von einer ganzen Anzahl deutscher Jugendschristenverlage, daß sie sich nach guten deutschen Jugendschristen die Finger wund schreiben. Aber es ist einfach nichts zu bekommen! »Doch wir wollen nicht nur kritisieren, sondern auch positive Hinweise geben«. Pensionierte Studienräte — so feine Menschen es auch meist sind —, gewisse »jugendliche« Onkels, neckische alte Tanten, gerissene Literaten und allerlei andere schwer einzuord nende, obskure Personen haben in der wilhelminischen Zeit und zum großen Teil auch in der Nachkriegszeit versucht, Jugendbücher zu schreiben. Aber es ist ihnen nur in ganz wenig Fällen ge lungen, etwas wirklich Brauchbares, Dauerhaftes zu schaffen. Sie versuchen es nun auch heute noch und mögen es getrost auch weiter versuchen. Jedoch daß ihnen etwas überwältigendes gelingen wird, damit ist kaum zu rechnen. Wer soll es dann versuchen? Die jenigen Männer, die — nach Fervers — junge Menschen nicht mehr einer alten, liebgewordenen Gewohnheit gemäß als größer- gewordenc Säuglinge betrachten. Diejenigen Männer, denen auf gegangen ist, warum die Kultur-, Wirtschafts- und Militärpolitik der niodcrnen Staaten nicht mehr von Greisen gestaltet wird, sondern von jungen Menschen. Diejenigen Männer, die demzu folge wissen, daß junge Menschen, die etwas ernsthaftes erstreben, ernst genommen sein wollen bzw. ernst genommen sein müssen. Es hieß immer: »Für die Jugend ist gerade das Allerbeste gut ge nug«. Trotzdem blieb dies stets nur Phrase. Denn wäre dieser Satz nicht Phrase geblieben, hätten wir jetzt mehr gute Jugend schriften. Wäre dieser Satz für voll genommen worden, hätte noch niemals jemand gclächelt, wenn einer Jugendbücher schreibt. Wäre dieser Satz jedermann eingegangen, hätten die besten unserer Schriftsteller stets alles eingesetzt, als bestes Buch ihres Gesamt schaffens ein vortreffliches Jugendbuch zu schreiben. Ist das aber noch nicht geschehen, so ist es gewiß noch Zeit genug, dies nachzu holen. Beste Schriftsteller unserer Nation ergreift aus diesem Grunde die Feder! Deutsche Jugendschriftenverlage, setzt Euch mit den besten Autoren unseres Landes in Verbindung! Beste deutsche Schriftsteller und Jugendschriftenverlage arbeitet zusammen! Die Jugend wird es Euch zu danken wissen! Ob denn die besten Schriftsteller aller Fachgruppen in Frage kommen? Jawohl, alle sind wesentlich. Niemand ist so vielseitig begierig, wie junge Menschen. Wenn jene jugendpsychologischen Voraussetzungen vorhanden sind, die in den Aufsätzen ausgeführt wurden, von denen wir hier ausgehen, und die wir zum Beispiel auch bei unseren hervorragenden Jugendpsychologen Eduard Spranger, W. Hosfmann usw. sehr ergiebig behandelt finden, werden alle Schriftsteller Erfolg haben! Und noch ein Wort an die Jugendschriftenverlags: Hier und da sind zumal bei jungen Schriftstellern Ansätze vorhanden, die darauf hindeuten, daß sie zu gewisser Zeit noch recht vorbildliche Jugendliteratur schaffen können. Zieht diese jungen Schriftsteller zu Euch heran! Hütet sie, damit sie wachsen können. Kippenberg hat einen Rilke behütet, sodaß überhaupt erst ein Rilke werden konnte. Warum soll es nicht möglich sein, daß ein Jugendschriften verlag einen Jugendschriftsteller hütet, der auf seinem Gebiete einst wird, was Rilke auf dem seinen ward. Nietzsche prophezeite eine Zeit, die auf nichts anderes Wert legen würde, als auf die »Erziehung« junger Menschen. In Ita lien und in Deutschland ist jene Zeit angebrochen. In anderen Ländern will sie eben durchbrechen und in wieder anderen wird sie noch durchbrechen. Tun wir deutschen Schriftsteller dazu das Unsere! Wenn der Reichsverband der Deutschen Schriftsteller seine Fachschaften einmal erweitert haben wird, muß es eine Ehre sein, der Fachschaft »Jugendschriftsteller« angehören zu dürfen. Das Jugendschrifttum im neuen Reich. Lange Zeit herrschte die Gewohnheit, bas Jugendschrifttum lediglich vom erzieherischen Standpunkt aus zu betrachten, wobei ost recht engstirnige schulmeisterliche Anschauungen zur Geltung kamen. Kein Wunder, daß die zahlreichen Schulausgaben, Auswahlbände und Bearbeitungen in Verrus gekommen waren, fehlte ihnen doch säst ausnahmslos der lebendige Atem, nach dem die Besten der be- geisterungsfähigen Jugend aus ursprünglicher Sehnsucht verlangen. Ebenso schlimm war es um das erzählende Jugendbuch bestellt. Aus diesem Gebiet konnten sich geistige Durstigkeit, Mangel an Phantasie und Gestaltungskraft, Sentimentalität, Verlogenheit und Sensations hunger hemmungslos austoben. Der durchschnittliche Schriftsteller machte sich seine Sache zu leicht; er empfand nicht die Verpflichtung seiner Ausgabe, und anstatt sich wertvolle Leistungen abzuringen, fertigte er nach bewährten Rezepten billigste Massenware an. Dieser Zustand muß mit allen Mitteln bekämpft werden. Das Jugend schrifttum ist heute vor Aufgaben gestellt, die nur mit ernstem Ver- antwortungsbewußtsein erfüllt werden können: es soll das Heran wachsende Geschlecht im Glauben an Deutschland und an die Sen dung der nationalsozialistischen Bewegung erziehen, es soll die lebendigsten Güter unseres Volkes vermitteln und bewahren helfen, Sage und Märchen, Dichtung und Geschichte. Hans Maurer, Mitglied des Stabes der Reichsjugenbfiihrung, unternimmt den Versuch, »eindeutig die Weltmaßstäbe hcrauszu- stellen, mit denen heute die Sichtung des Jugendschrifttums zu ge schehen hat«. Obwohl seine Schrift »Jugend und Buch im neuen Reich«*! in einzelnen Fragen die nötige Gründlichkeit wermissen läßt, bildet der Kern seiner Ausführungen endlich die »Arunblage einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Prllfungs- cimtern, Mittlerstellen, Erziehcrschaft und nicht zuletzt den Schrift stellern und Verlagen selbst. Maurer wendet sich gegen den natio nalen Kitsch in jeder Form, der heute wieder einmal seine Stunde gekommen glaubt. »Es kommt nicht daraus an, das Gedächtnis von S chlageter und Horst Wessel zu benutzen, um Bücher für das deutsche Volk und seine Jugend zu schreiben. — Im Gegenteil! Unsere Sinne werben schärfer und unsere Gedanken klarer, wenn wir ein Buch in die Hand nehmen, welches das Leben einer uns verehrungswllrdigen Gestalt zum Inhalt hat oder das in besonderem Maße die Symbole der nationalsozialistischen Bewegung herausstellt«. Das Klischeehafte wird abgelehnt. Teilnahme und Ehrfurcht gebührt allein dem - echten und besten deutschen Schrifttum, das immer mit den gesunden Kräften der Jugend verbunden ist». Denn »die Jugend weiß, was Dichtung ist«. Wenn man Gemeinschaftsabende der Hitlerjugend miterlebt hat, an denen deutsche Dichter aus ihren Werken lesen dursten und wie nirgends begeisterte und andächtige Zuhörer fanden, wird man diesem Satz aus voller Überzeugung beiftimmen. Von wahrhaft »olkhasten Dichtungen nennt Maurer »Volk ohne Raum« von Hans Grimm, »Die dreizehn Bücher der deutschen Seele« von Wilhelm Schäfer und die »Parazelsus«-Trilogie von E. G. Kolben- heyer. Wir glauben, in dieser Reihe darf das »Kaiserbuch« von Paul Ernst nicht vergessen werden, das ein gewaltiges Vermächtnis des Dichters an unser Volk darstellt. An den Schluß seiner Betrachtungen setzt Maurer zwanzig Leitsätze zur Beurteilung des deutschen Jugendschrifttums, von denen einige besonders hervorgehoben seien: »Entscheidend für die Beurteilung des Wertes von Jugenbschriften ist nicht der Erwachsenen- stanbpunkt, sondern bas gesunde Empfinden der Jugend». (Ill,) — »Ungeeignet für die Jugend sind solche Bücher, deren allzu morali sierende Absicht das Empfinden jedes gesunden Jungen verletzt, ihn beim Lesen verstimmt, zur inneren Abwehr zwingt oder ihn zum mindesten gleichgültig läßt«. jXII.) — »Ungeeignet sind ferner die jenigen Ereignisse, die nur aus das Erregungsmoment in der ju gendlichen Seele abgestimmt sind . . .« sXIII.) — »Geeignet sind: Bücher, die Begeisterung erwecken für die Helden der Sage und Ge schichte, die Soldaten des Großen Krieges, die Führer und Vor kämpfer des neuen Deutschlands, die di« Liebe zum Vaterland stärken, die Pen Willen der Jugend bestimmen, den Vorbildern nachzulcben. Bücher, die den Jugendlichen erzählen können von der Schönheit der deutschen Landschaft, die sie anhalten, ihre Heimat zu lieben und sie vertraut machen mit den Werken unserer deutschen Künstler. — Bücher, die die alten deutschen Sagen, Märchen, Schelmengeschtchten und Volksbücher ln möglichst getreuer Wiedergabe enthalten, die das in der Gegenwart entstandene echte Volksgut an ebensolchen Büchern der Jugend in einwandfreier Form darbieten, aber auch die bewußt dichterischen Erzählungen neuerer Zeit«. sXVI.) Alles kommt daraus an, »Pas Gute zu erkennen, das Beständige auszusinden und der Ju gend das Bleibende zu vermitteln«. Ronald Loesch, Bonn. *) Verlag von E. A. Seemann, Leipzig. RM 1.—. (Schriften zur deutschen Lebensstcht.j 741
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