5294 ißi: 271, 20. November 1934. Fertige Bücher. Börsenblatt s. b.Dtschn.Buchhandcl. So wurde im Jahre 1918 einer unserer deutschesten Dichter zur letzten Ruhe gebettet. Ein Nachruf, der Bände spricht! Timm Kröger tot! Heute am Z. April haben wir ihn begraben. Er ruht neben seiner ersten Frau, auf dem schönen Friedhof zu Elmshorn. Dem Sarge folgten außer den nächsten Angehörigen ein Dutzend bejahrter Bauern seines Landes, sein alter und sein neuer Verleger, und ich. Oer pastor loci segnete ihn ein wie seine anderen wackeren Ackerbürger, aber der Himmel seiner Heimat tat ein übriges. Gewitterschloßen schlugen an die Kapellcnfenster, sie hiel ten inne, als der Sarg hinausschwankte. Llnd da er, unter fernem Donner, in die Gruft gesenkt ward, brach die Sonne plötzlich leuchtend herüber, flammte über Len Friedhofs- rand ein langer goldener Blitz. So lang ich lebe, will ich diesen Gruß der Heimatsvnne nicht vergessen. Zur Ruhe gebettet ward der größte Erzähler der Gegenwart. Oie „berufenen" Ver treter Deutschlands, reisefertig für den 50. Geburtstag eines jeden durch ihr Marktgeschrei hochgebrachten Schmarrenschreibers, waren zu Hause geblieben. Oie Universität zu Kiel, wo Kröger die letzten langen Jahre wohnte, stand nicht einmal mit einem kranzbewehrten Pedellen am Grabe. Sie begnügte sich wahrscheinlich mit der beträchtlichen Leistung, dem allzunahen Dichter den Ehrendoktor vorenthalten zu haben und bei der Kieler Trauerfeier am Sarge neben E-czellcnzen und anderen Größen — darunter niemand von der Zunft! — durch ihren Rektor vertreten gewesen zu sein. — Weggeblieben waren sie alle, denen dieser Bauernsohn aus Haale über den Kopf gewachsen war, und die an ihm mit Schweigen und Geringschätzung gesündigt haben. „Och bin all mein Leben ein Pechvogel gewesen", hat Kröger 1Z14 bekannt, als ihm der Krieg den 70. Geburtstag erstickte. Dann hat er mit Geduld auf den 75. gehofft. Seine Werke fanden endlich Käufer, er begann sich durchzusetzen. Alle Anzeichen zu einem sehr großen Erfolge waren da, Deutschland flocht an seinem Kranze — da muß er dahin. Und wird so beerdigt. Weiß denn kein Mensch im Reich, daß hier der letzte der Großen, der letzte vom Schlage der Storm, Keller, Meger, Raabe Abschied nahm? Gibt es denn in unserer erleuchteten Zeit noch Winkel, wo einer der immer seltener werden den Unsterblichen über Las biblische Alter hinauskommen kann, ohne „entdeckt" zu werden? Wo bleibt da unsere vielgerühmte literarische Gerechtigkeit? Ost kein Raum mehr für solche Hochkunst? Dies Geschlecht wird verwehen, und noch eins und noch eins. Timm Kröger kann warten. Er hat jetzt noch mehr Geduld als in seinem langen Leben. Er ist nach hundert Jahren noch so frisch wie heut, und das weiß niemand bester als die, die seine Dichtung unvergänglich durchflutet, die mit ausgleichender Gerechtigkeit den süßen Boten Gottes an seinen Sarg sandte: die Sonne seiner Heimat. Or. Werner Jansen. Hetzt endlich ist Dmm Krögers Heit gekommen! Oie neue, von Or. Hellmuth Langenbucher besorgte Auswahl öffnet öie Herzen für öen großen Gestalter öeutschen Wesens. Verlag Georg Weftermann Braunschweig, Berlin w 35