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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.10.1933
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- 1933-10-18
- Erscheinungsdatum
- 18.10.1933
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- Deutsch
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Uus „Die Mgrnrschlacht" Als in der Nacht vom 5. zum 6. September 1914 im Hauptquartier der 1. Armee die ersten Nachrichten von dem Zusammenstoß des IV. Rescrvekorps mit französischen, aus der Richtung von Paris vorgehendcn Truppen eingingen, glaubte man zunächst, es mit einem Vorstoß zur Entlastung des hinter die Seine zurückgehenden französischen Heeres zu tun zu haben. Schleunige Verstärkung des Generals v. Gronau war geboten. Noch in der Nacht brach das sofort alarmierte II. Armeekorps nach dem Ourcq auf, wo dessen Kommandierender General v. Linsingen in der ersten Zeit der Schlacht den Befehl tatkräftig und mit un crschüttcrlichcr Ruhe führte. Von vornherein war Generaloberst v. Kluck entschlossen, seine Aufgabe offensiv zu lösen. Der Flankenangriff sollte nicht abgewehrt, der Feind sollte auf Paris zurückgeworfcn werden. Am 6. wurde ein weiteres Korps in der Flanke eingesetzt. Da enthüllte der am Abend dieses Tages bei der Obersten Heeresleitung be kanntgcwordene Hecresbefehl Zoffres den ganzen Ernst der Lage. Nunmehr handelte es sich um einen Gesamtangriff der französischen Armee, die Entscheidungsschlacht war im Gange. Von diesem Augenblick an war der Befehl der Obersten Heeresleitung vom 5. hinfällig, für sie wie für die einzelnen Armeen kam nur ein Gedanke in Betracht, die große Schlacht unter Zurückstellung aller Bedenken zu gewinnen und alle im Gange be- kindlichen Maßnahmen auf dieses Ziel umzustellen. Man kann nicht sagen, daß diese Forderung überall rechtzeitig erkannt worden ist. Generaloberst v. Kluck erkannte sie. Dem drohenden Flankenangriff sollte durch einen »nächtigen Gegenstoß begegnet werden. Cr holte zu einem vernichtenden Schlage aus. Der zur Amfassung vorgehende Gegner sollte selbst umfaßt werden. Entschlossen warf er auch seine beiden letzten Korps aus der südlichen Richtung in die Front nach Westen heran. Zn Gewaltmärschen eilten sie aus das Schlachtfeld am Ourcq heran. Aus Belgien nach marschierende und aus der Etappe herangezogene Truppen wurden gegen den Rücken des Feindes angeseht. Zn schwerem, hin und her wogendem Kampf senkte sich die Waage in den Tagen vom 6. bis 8. September immer mehr zugunsten der 1. Armee. Erst am 9. morgens waren die letzten Armeeteile auf dem Gefcchtsfelde eingetroffen. Auf dem ent- scheidenden nördlichen Flügel besaß Generaloberst v. Kluck eine erdrückende Aeberlegenheit. Der hier völlig umfaßte Feind wurde geschlagen und wich auf Paris zurück. Am die Mittagsstunde winkte der volle Sieg, in der Ferne sahen unsere Truppen den Eiffelturm über Paris hcrvorragen. Da traf nachmittags der Befehl zum Abbrechen des Kampfes und zum Rückzug ein. Fassungslos mußten die siegreichen Truppen gehorchen und vom Feinde ablassen. Deutschlands Schicksalsstunde hatte geschlagen. Wie war es dazu gekommen? Durch das Abschwenken der 1. Armee nach Westen war zwischen ihr und der 2. Armee eine breite Lücke an der Marne entstanden, durch die die Engländer und ein Teil der Franzosen einzudringen drohten. Generaloberst v. Vülow bog seinen rechten Flügel zurück, zog aber seine hinter diesem Flügel stehende Reserve nach der Mitte, um einem dort drohenden Durchbruch zu begegnen, obwohl er die in der Lücke drohende Gefahr sehr hoch einschühte. Oestlich von der 2. Armee vorgehend, war Generaloberst v. Hausen mit der 3. Armee auf eine Lücke in der feindlichen Front gestoßen. Leider wurde er durch die Hilferufe von rechts und links aus seiner Bahn gebracht und mußte sich, statt geradeaus durch die Lücke hin durchzustoßen, nach beiden Seiten teilen. Am 8. aber warf er mit seinem rechten Flügel und dem linken Flügelkorps der 2. Armee, dem Gardekorps, die gegenüberstehende Armee des Generals Foch mit einem mächtigen Stoß zurück. Sein weiteres Vordringen führte am 9. zu einem vollen Siege bei Fere Champenoise, als auch hier die verfolgenden Truppen mitten im Siegesjubel der unfaßbare Befehl zum Rückzug traf. Weiter östlich bis in die Gegend von Verdun kämpften die deutsche 4. und 5. Armee, ohne daß bis zum 9. mittags eine Entscheidung gefallen war. Die Oberste Heeresleitung befand sich während der ganzen Marneschlacht weitab von dem Schauplatz der entscheidenden Ereignisse in Luxemburg. Aus den eingehenden Nachrichten war die Gefahr zu erkennen, in der der rechte Flügel anfangs schwebte. Statt selbst nach dem bedrohten Punkt zu eilen, entsandte Generaloberst v. Moltke den Oberstleutnant Hentsch, einen klugen, bewährten Offizier, zu den einzelnen Armeen, um sie zum Aus harren zu veranlassen oder, wenn schon Rückzugsbewegungen eingeleitet wären, diese in Einklang und in die erforderliche Richtung zu bringen. So soll der Auftrag nach ver schiedenen Angaben gelautet haben. Hentsch hat ihn anders aufgefaßt und sich zu selb ständiger Entscheidung über die Notwendigkeit des Rückzuges für öefugt gehalten. Da der Auftrag leider nicht schriftlich festgelegt worden ist, läßt sich die Streitfrage nicht entscheiden. Jedenfalls war eine schwere Entscheidung in die Hand eines verhältnismäßig jungen Offiziers gelegt. Cr hat sie nach bestem Wissen getroffen. Zst sie nicht zum Wohle des Vaterlandes ausgefallen, so trifft die Schuld mehr den Auftraggeber als den Beauftragten. Vom 8. abends bis zum 9. früh weilte Oberstleutnant Hentsch in Montmort beim Oberkommando der 2. Armee. Dort herrschte eine pessimistische Stimmung. Man glaubte die 1. Armee aufs höchste gefährdet und hatte auch von der Lage des eigenen rechten Flügels eine übertrieben ungünstige Anschauung. Vor allem befürchtete man den Durch bruch des Gegners durch die entstandene Lücke. Wenn auch Generaloberst v. Vülow zunächst noch den Angriffsgedanken sesthielt, so kam man doch überein, daß die Armee am 9. hinter die Marne zurückgehen müsse, wenn die Engländer in der Lücke zwischen der 1. und 2. Armee über die Marne vordrängen. Als im Laufe des Vormittags am 9. die bestimmte Meldung hierüber tatsächlich einging, entschloß sich Vülow, in der Aeberzeugung, daß die 1. Armee nunmehr zum Rückzug genötigt sei, zum Rückzug und erteilte mittags den Befehl hierzu, ohne von dem Siege auf seinem eigenen linken Flügel und bei der 1. Armee Kenntnis zu haben. Inzwischen war Hentsch am 9. vormittags zur I. Armee gefahren, wo er nach verschiedenen Hindernissen erst kurz nach Mittag eintraf. Er war auf der Fahrt zur Ueberzeugung ge- kommen, daß die Engländer die Marne überschritten hätten. Die Voraussetzung, unter der die 2. Armee nach der Vereinbarung zurückgehcn mußte, schien erfüllt. Hentsch nahm an, daß Generaloberst v. Vülow inzwischen diesen Entschluß gefaßt habe. Nun war nach seiner Ansicht der Rückzug der I. Armee unabwendbar. Cs galt, ihn mit der Bewegung der 2. Armee in Einklang zu bringen. Da traf er gänzlich unerwartet das Oberkommando der 1. Armee in voller Siegesstimmung. Der nördliche Flügel des Feindes war völlig umfaßt und wich geschlagen auf Paris zurück. Zn der Lücke an der Marne hoffte man die Engländer durch die getroffenen Abwchrmaßnahmen hinreichend aufhalten zu können, zumal ihr Offensivgeist zutreffend nur gering eingeschätzt wurde. Zn der Üeberzeugung, daß die 2. Armee den Rückzug bereits angetreten habe und daß die 1. Armee vereinzelt einer Umfassung durch den über die Marne vordringenden Feind erliegen müsse, befahl Hentsch trotzdem im Aufträge der Obersten Heeresleitung den Rückzug. Den heftigen Widerstand des Oberkommandos überwand er durch den Hinweis, daß die 2. Armee auf ihrem rechten Flügel geschlagen und überhaupt nur noch „Schlacke" sei und daß sie den Rückzug bereits angetretcn habe. Schweren Herzens mußte sich auf diese Darstellung hin Generaloberst v. Kluck fügen. „Das Unbegreifliche wurde Ereignis: Das Westheer wurde aus dem unter blutigen Opfern errungenen Siege durch den Mund des Vertreters der Obersten Heeresleitung in dem Augenblicke zurückgerufen, als es im Begriff stand, die Früchte der vorausgegangenen Kämpfe zu ernten." (Kriegswerk des Reichsarchivs.) Cs steht heute fest, daß der Entschluß des Generals v. Vülow zum Rückzug durch die Lage nicht geboten war. Sein rechter Flügel ist am 9. gar nicht angegriffen worden. Auf beiden Seiten war am 9. September eine Krisis vorhanden. Die Dinge standen auf des Messers Schneide. Wer die stärkeren Nerven hatte und durchhielt, mußte Sieger bleiben. Am Ourcq wie bei Fere Champenoise waren die Franzosen völlig geschlagen. Ob dazwischen die Engländer durch die Lücke an der Marne durchdringen würden, war zuerst fraglich. Sie gingen nur mit der äußersten Vorsicht gegen und über den Fluß vor, der durch starke deutsche Kavallerie, unterstützt von Infanterie, verteidigt wurde. Wäre der deutsche Sieg am Ourcq und bei Fere Champenoise ausgenützt worden, so wären die etwa dazwischen über die Marne vorgedrungenen Engländer und Franzosen selbst aufs höchste gefährdet gewesen. Mit größter Sorge sahen die Franzosen in ihrer Mitte und aus dem linken Flügel dem 10. September entgegen. Mit Erstaunen, aber mit höchster Freude bemerkten sie am 10. morgens, daß die Deutschen verschwunden waren. Man atmete auf. So schildern die Franzosen selbst ihre Lage und sprechen von dem „Wunder der Marneschlacht". . Deutschen Buchhandel. 100. Jahrgang. 663
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