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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.10.1933
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- 1933-10-10
- Erscheinungsdatum
- 10.10.1933
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- Deutsch
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X? 236, 10. Oktober 1933. Redaktioneller Teil. »Irlenilatt 1. d. DU»n«u»d-nd,I. 5. Ein Roman von undichterischer Berichtsorm: Friedrich Schvky- vogl, Liebe kommt zur Macht. (Staackmann, Leipzig.) 8. Ein reiner Bericht: E. E. Divtnger, Wir rufen Deutschland. lDiederichs, Jena.) Der zunächst mißglückte Versuch, zu Büchern dieser Art einen Klappentext herzustellen, führte zu folgender allgemeiner Einsicht: Voraussetzung sllr jede Art von Werbung für ein Buch bildet die genaue Kenntnis seines baren Inhaltes. Es war also als notwendige Vorstufe für die Abfassung irgendeines Werbetextes die reine, durch keine Nebenabsicht gefärbte Inhaltsangabe zu üben. Eine solche Inhaltsangabe hat zu enthalten: Ort, Zeit, Lebenskreis und genauen Verlauf Ler Handlung, das Ganze in knappster Form, aus das Wesentliche hin zusamnrengesaßt. Die Schwierigkeit liegt gerade in der Schulung des Blickes für die wesentlichen Züge eines Handlungsverlaufes. Erst wenn der Buchhändler den Sinn der reinen Inhaltsangabe begriffen hat, kann er an die schon verwickelte Form des Klappen textes Herangehen. Der Klappentext ist nicht reine Inhaltsangabe, aber die Inhaltsangabe muß in den Klappentext hineingearbeitet werden, so nämlich, daß auch noch die menschliche und künstlerische Bedeutung des Buches herausgelesen werden kann. Und vor allem so, daß der Sortimenter aus Ton und geistiger Höhenlage des Klappen textes entnehmen kann, für welchen Teil seiner Kundschaft das Buch in Betracht kommt. Bei der Besprechung der im Verlaus der Arbeitswoche als »Hausaufgaben» versuchten Lösungen wurde die Bedeutung der Sprach- sorm eines Buches klargestellt. Es zeigte sich, wie wesenlos und nichts sagend die Behauptungen: glänzend geschrieben, dichterisch, anschaulich, prachtvoll dargestellt usw. wirken. Um neue und fruchtbarer« Formen sprachlicher Kennzeichnung zu erproben, wurde ein Kapitel des Bil- lingerschen Romans vorgelesen und in unmittelbarem Anschluß daran versucht, di« Sprachhaltung des Dichters mit kurzen Schlagworten zu kennzeichnen. Tie von Teilnehmern gemeinsam gefundenen Mcrkmal- bestimmungen wurden zusammengestellt und ergaben folgende ein drucksvolle Reihe: 1. Seelische Grundhaltung, Temperament: lebendig, kühn, ur wüchsig, leidenschaftlich, kräftig, kraftvoll, derb zupackend, dra stisch, hart, eigenwillig, hitzig, glutheiß, robust. 2. Sinnenhastigkeit: reich, füllig, gesättigt, schwer, strotzend, schwelgerisch, üppig, saftig, bildhaft, bilderreich. 3. Kultur: naturhaft, crdgebunden, erdhast, kernig, herb, knollig, derb, wild, dumpf, wogend, chaotisch, brutal, blutrünstig. 4. Klang: gesteigert, heftig, vollmundig, lallt, grell, grob, bom bastisch, sinnlich. 5. Rhythmik: schwungvoll, stürmisch, gehetzt, keuchend. 8. Satzbau: kindlich, bäuerlich, abgerissen, zerhackt. 7. Wirkung: ergreifend, packend, zwingend, eindrucksvoll, auf peitschend, aufwühlend. Über die allgemeine Richtigkeit und Gültigkeit dieser Kennzeich nungen läßt sich natürlich streiten- Wichtig erschien uns aber der Nachweis, daß über die Sprachhaltung eines einzigen Werkes nicht fünf oder zehn, sondern nicht weniger als sechzig wohlüberlegte und im einzelnen wohl zu rechtfertigende Kennzeichnungen gefunden werden können, Wcfcnsmerkmale der Sprache wohlgc- merkt, nicht willkürliche vom persönlichen Geschmack des Lesers be stimmte Werturteile über die Sprache. Es leuchtet ein, daß ein Buchhändler, der über den hier notwendigen Wortschatz und das nötige Verantwortungsgesühl verfügt, über ein Buch in anderer, wesenhasterer, treffenderer Form wird reden können als ein durch schnittlicher Propagandaleiter. Noch ein wichiges Ergebnis: Wer an der Sprache eines Buches Merkmale von solcher Feinheit und Tiefe ablesen kann, hat einen rascheren, sichereren Weg, einen zuverlässigeren Schlüssel zum Gehalt eines Buches als ein Leser, der sich nur an die sachliche Fülle, di« Einfälle und die Gedanken eines Buches halten kann. Schließlich: ein fache Wortschatzübungen dieser Art schärfen einerseits den Sinn sllr Sprachsormen überhaupt, erweitern und steigern andererseits die eigene Ausdrucksfähtgkett gerade an den Punkten, die für den beruf lichen Alltag des Buchhändlers wichtig sind. Selbstverständlich wurde über Fragen dieser Art die praktische Bedeutung des Klappentextes nicht vergessen. Ein Text, der über der Kennzeichnung des Gehaltes die Inhaltsangabe ganz vergißt, verfehlt seinen Zweck. Als Beispiel und Gegenbeispiel boten sich zwei Klap pentexte für das Buch »Was tun, Sibylle?« von Sofie Schieker-Ebe, die der Verlag Silberburg-Stuttgart als Übungsstoff zur Verfügung gestellt hatte. Als besonders lehrreiche Beispiele drucken wir sie hier nebenein ander ab und überlassen dem Leser die Entscheidung, welcher der bei den Texte den Vorzug verdient. 774 1. Auslage: »Was tun, Sibylle?« darf m gemäße Jungmäbchenbuch bezeichn Seine Gestalten sind von einer Lebendigkeit und Jugendsrische, die unmittelbar anspricht und ge rade den jungen Menschen begei stern muß. Sie verkörpern den Zauber eines reinen Menschen tums und sind zugleich geprägt von dem Ernst, den unsere heu tige Zeit verlangt. Dabei ist das Buch außerordentlich spannend und flott geschrieben. Es wirkt befreiend und erweckt in den Herzen seiner gestaltung . . . usw. 2. Auflage: ohne Übertreibung als bas zeit- ES ist eine überaus spannende Geschichte aus dem Schulleben. Der Diebstahl eines Zehnmark scheines (wohl besser: Ein kleiner Diebstahl) zerreißt den Kreis des unbedingten Vertrauens, die Ge meinschaft einer Klasse. Wie die tapfere Sibylle die Täterin sucht — und deckt, ist gut und packend erzählt und läßt beim Lesen nicht los. Dabei wird einem das Herz voll von dem gesunden reinen Jungmädchcn- und Gemeinschasts- geist. Das Buch nnen Kräfte zur eigenen Lebcns- Die andere Klclnsorm, die aus der Woche geschult wurde, ist der Reklamestreifen, die sogenannte Bauchbinde. Geübt wurde das in folgender Weise. Alz Hausaufgabe wurde gestellt: 1. Text einer Bauchbinde sllr den Wiechertroman, Text soll nur als Anreiz zum Kauf wirken. 2. Bauchbinde sllr denselben Roman, Text soll nur den Buch titel erläutern. 3. Bauchbinde für denselben Roman, Text soll beide Absichten verfolgen. 4. Bauchbinde für denselben Roman, Text soll als Gegenbeispiel wirken, also bezeichnende, übliche Fehler enthalten. 5. Bauchbinde für ein allbekanntes Buch: Max und Moritz; Tc^ soll allen Ansorderungen gerecht werden. Die Besprechung der Lösungen ergab folgend« Einsichten: Der Reklamestreisen muß durchs Schaufenster hindurch im Vorübergehen gelesen werden können und hier seine Wirkung tun. Er muß also im Fall des Wiechertromans enthalten: Erläuterung des Titels, Lebens kreis, Landschaft, Zeit. Sein Inhalt sei neuartig, aufschlußreich, sein« Sprache knapp, schlagend, klingend. Er darf nicht sein: zu lang, begrifflich konstruiert, banal, klanglos, unrhythmisch. Er darf keiner lei Wiederholungen und keine Wertung der Sprachform enthalten. Als verhältnismäßig geglückte Lösungen ivurden anerkannt: 1. sKausanreiz:) Wer liebt, liebt tiefer, wenn er dieses Buch liest! 2. sKausanreiz:) Wiechert, der 1. Preisträger der Raabe-Stif- tung, schenkt uns das Ostpreußenbuch. 3. sKausanreiz:) Der Christophorus von 1SS2. 4. sTitelerläuterung:) Aus der Einsamkeit der ostpreutzifchen Landschaft. — Erneuerung des Lebens gewonnen im Einklang von Mensch und Natur . . . 5. sKausanreiz und Erläuterung:) Das Buch vom ostpreußischen Menschen. Sein harter Kampf mit der dumpfen Erde... Sein härterer Kampf um die Freiheit der Seele. 8. sGute Lösung für Max und Moritz:) Unseres Lebens schönster Traum / hängt an diesem Apfelbaum! Eine grundsätzliche Bemerkung zur Methode sprachlicher Schulung sei hier eingeschoben. Niemals sollte man sich bei Tagungen oder Kur sen damit begnügen, an gesammelten, schon fertig vorliegenden Berbe- texten allein die Begriffe sprachlicher Werte zu entwickeln. Di« rein analytische Arbeit, die bloße Kritik an fremden Sprachsormen, führt zu einer verhängnisvollen Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, zu einer ebenso verhängnisvollen Unterschätzung der eigentlichen Schwie rigkeiten. Es ist verhältnismäßig leicht, über gut und schlecht, wir kungsvoll und unwirksam usw. zu entscheiden. Es gilt aber nicht, unterscheiden zu lernen, sondern gut sprechen und gut schreiben zu lernen, und das ist etwas ganz anderes und unvergleichlich viel schwie rigeres. Es müssen also unbedingt die verschiedenen Typen buch- HLndlerischcr Werbung und buchhändlerischen Schriftverkehrs wäh rend der Tagungen und Kurse selber von den Teilnehmern durch geübt werden. Ein einziger selbständiger Versuch, eine Bauchbinde herzustellen, selbst wenn er gänzlich mißlingt, nützt mir mehr sllr mei nen Beruf als die wohlweise, sehr leicht überkritische Beurteilung fremder Leistungen. Selbstverständlich sollen zu Übungszwecken her vorragende <unb durchschnittliche!) Werbepläne und Brtefproben be kannter Verlage und Sortimenter herangezogen werben, der wichtigste llbungsstoff ist und bleibt immer der selbständige Lösungsversuch bes einzelnen Kursteilnehmers.
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