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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.10.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1934-10-30
- Erscheinungsdatum
- 30.10.1934
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- Deutsch
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X- 254, 30. Oktober 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. b. Dtschn Buchhandel. Übrigens war Luther, was unsere Verleger interessieren bürste, ein billiger Autor. Er hat sich über seine Zukunft nie graue Haare wachsen lassen. Über diese Dinge finden wir außerordentlich wert volle Aufschlüsse in der soeben erscheinenden biographischen Erzäh lung von Karl Hesselbachcr über »Käthe Luther-- (Qucll-Vcr- lag>, wie auch gleichzeitig auf die Ausführungen über »DicHcr - stellung und Verbreitung der Lutherbibel im Wandel der Jahrhunderte-- von Direktor Emil Diehl in der Festschrift: »Die L u t hcrb i b e l-> (Steinkopf) der Buch handel hingewiescn sein möge. Luther wäre es ein leichtes gewesen, ein reicher Mann zu werden. Seine Buchhändler boten ihm ein Jahrcsgehalt von vierhundert Gulden an. Er lehnte cs rundweg ab. Seine Bücher sollten dem deutschen Volk dienen, darum sollten sie so billig wie möglich sein. Der Kurfürst bot ihm für seine Bibel übersetzung einen Kux von Silberbergwerken im Erzgebirge an. Luther rief: »Gott behüte, daß ich das Wort Gottes um Geld in die Welt tragen sollte--, und es war ihm ein Greuel, daß ein Pre diger ein Aktionär sein könnte, der sich mit Dividenden das Herz beschweren sollte! Man hat aus den Buchstaben und Worten der Bibel ganze Systeme geschmiedet, als wären ihre Sprüche heiße Eisen, aus denen Luther als Im Januar 1522 hatte Luther von der Wartburg an seinen Freund Nikolaus von Amsdorf geschrieben: »Ich sehe jetzt, was Verdolmetschen heißt, und warum es von keinem ver sucht worden ist, der seinen Namen dazu bekannt hätte. Das Alte Testament aber werde ich nicht anrühren können, wenn ihr nicht dabei seid und mit- arbeitet.« Nun war er bei seinen Freunden in Wittenberg und konnte täglich sich mit ihnen besprechen und beraten. Da war es vor allem neben Melanchthon der tüchtige Kenner 'der he bräischen Sprache, der Professor Matthäus Aurogallus, der ihm bei der Arbeit am Alten Testament half. Die »Septembcr- bibel« war noch im Druck, als Luther bereits über den fünf Büchern Mosis saß. Mitte Dezember war ihre Übersetzung vollendet und schon hatte ihr Druck begonnen. Das Alte Testament sollte in einzelnen Teilen erscheinen, da Luther fürchtete, das Ganze würde zu groß und zu teuer sein. In der Vorrede zu diesem ersten Teil des Alten Testaments spricht sich Luther über seine Arbeit aus: »Ich bekennesrei, daß ich mich zu viel untcrwunden habe, sonder lich das Alte Testament zu verdeutschen. Denn die hebräische Sprache liegt leider gar zu sehr darnieder, daß auch die Juden selbst wenig genug davon wissen. — Ich aber, wiewohl ich mich nicht rühmen kann, daß ich alles erlangt habe, darf ich doch das sagen, daß diese deutsche Bibel lichter und gewisser ist an vielen Orlen, denn die lateinische, daß es wahr ist, die deutsche Sprache habe hier eine bessere Bibel denn die lateinische Sprache. — Nun wird sich der Kot an das Rad hängen und wird keiner so grob sein, der nicht wollte Meister über mich sein und mich hie und da tadeln. — Ist jemand so fast über mich gelehrt, der nehme sich die Bibel ganz vor, zu verdeutschen und sage mir dar nach wieder, was er kann. Macht er's besser, warum sollte man ihn nicht mir vorziehcn? Ich meinte auch, ich wäre gelehrt, — aber nun sehe ich, daß ich auch noch nicht meine angeborene deutsche Sprache kann; ich Hab' auch bisher noch kein Buch noch Brief gelesen, da rechte Art deutscher Sprache innen wäre; es achtet auch niemand, recht deutsch zu reden. — Summa, wenn wir gleich alle zusammen täten, wir hätten doch alle genug an der Bibel zu schaffen, daß wir sie ans Licht brächten, einer mit Verstand, der andere mit der Sprache; denn auch ich nicht allein hierinncn Hab gearbeitet, sondern dazu gebraucht, wo ich nur jemand Hab können überkommen. Darum bitt ich, jedermann lasse sein Lästern, — sondern helfe mir, wo er kann. — Gott wolle sein Werk vollführcn, das er angcfangen hat. Amen.« Mit freundlicher Erlaubnis des Verlages I. F. Steinkops- Stuttgart mit Kürzungen abgedruckt aus: 0. vr. Buchwald, 4ÜÜ Jahre deutsche Lutherbibel. 952 sich alles Herstellen läßt. Es gibt keinen größeren Märtyrer als die Bibel; sie selbst teilt das Schicksal des Weltheilands. Und darum ist erst diejenige Begegnung mit der Heiligen Schrift die rechte, da wir sie als die Bibel persönlich erleben. Erst in dem Augenblick, da wir gelernt haben, die Wahrheit der Bibel mit unserem Leben selber in jeder Situation selbständig zu verbinden, kann man vom Erlebnis der Bibel reden. Der 30jährigc Jesus hat das Bewußt sein, eine neue Zeit zu bringen. »Ich muß das Reich Gottes ver kündigen«, — das ist seine klarste Gewißheit. Es ist ihm immer zu tun um das Eingehen in Gott, das hier auf Erden kommen und beginnen soll. Er sah das Leuchten des kommenden Morgcnlichts. Nicht was, sondern daß er gehofft hat, ist das Große in seinem Leben. Daraus hat die Nachwelt viele Thesen gefeilt. Das ist auch notwendig, aber es sind kaum die höchsten Tage in einem Menschen leben. Die Bibel ist nicht nur das Buch der Bücher, sie ist auch nicht das erste Buch, das geschaffen wurde, sondern sic ist eine Bücherei der Gotlcsofsenbarungcn, ein Sprcchsaal vieler Jahrtausende. Wer sie bloß liest, lvird irren; man muß sie erleben, um sie zu verstehen. Sie ist das Erlebnis der befreiten Geister aller Zeiten, und Luther schuf aus ihr die freie Innerlichkeit und die innerliche Freiheit. Übersetzer*) Bei den Worten »der andere mit der Sprache« dachte Luther gewiß vornehmlich an sich selbst. Er wird nicht müde, Deutsch zu lernen: »Ich Hab mich des gcslissen im Dolmetschen, daß ich rein und klar deutsch geben möchte.« Mit emsigem Fleiß sucht er nach dem rechten deutschen Wort. Gegenüber dem Wortrcichtum der hebräischen und griechischen Sprache beklagt er die Wortarmut seiner Muttersprache, die »viel Vokabel borgen« und sich mit Zu sammensetzungen behelfen muß, wie »entlaufen, anlaufcn, weg lausen, verlaufen» usw. Wie müht er sich zum Beispiel um das rechte Deutsch für das »schöne Weib ohne Zucht« (Sprüche Sal. 11, 22), das einer »Sau mit einem güldenen Haarband« verglichen wird. »Heist ein Weib, die alles im Haus lest zu schänden werden, doch an sd. i. ohnej das es ein unordentlich, unheuslich Weib, ein schlump ist. Unachtsam ist ein neu Vokabel. Faul das ist ein gut alt wort. Liederlich, leicht, furig sd. i. wohl: fahrigs, leichtfertig be trifft die ehre mit.« Wir verstehen seinen Seufzer: »Ich kann noch meine Muttersprache nicht, und ist doch so trefsling Ding, wenn einer also redt, daß mans fein allenthalben verstehen kann.« Um für die Übersetzung des Gesprächs Jesu mit der Samaritcrin am Jakobsbrunncn ein deutliches Bild vor sich zu haben, beobachtet er, wie die Mägde Wasser vom Brunnen vor dem Elstertore holen. Er sieht beim Hammelschlachten zu und läßt sich von dem Fleischer über die einzelnen Stücke des Schafes berichten. Bei Spalatin holt er sich Rat über Ticrnamen und Namen und Farben von Edel steinen. Durch Cranachs Vermittlung erhält er Edelsteine ins Haus, um sie selbst in Augenschein zu nehmen und bei der Über setzung von Offenbarung Johannis Kap. 21 das Richtige zu treffen. Melanchthon holt bei verschiedenen Freunden Münzen herbei, die im Neuen Testament Vorkommen. Luther setzt aber dann die den Deutschen geläufigen Münzennamen ein, wie Scherflein, Pfennig, Groschen und Pfund. An die Stelle der jüdischen und römischen Gewichte treten deutsche. Für die dem Deutschen fremden Amts- namen werden solche verwendet, die dem Volke vertraut sind, wie Statthalter, Bogt, Landpsleger. Auch deutsche Bäume und Pflan zen werden an Stelle fremdländischer gesetzt, zum Beispiel die Eiche an die Stelle der Terebinthe. Auch das gehört zur »Ver deutschung« der Bibel. Es erinnert an Albrecht Dürer und Lukas Cranach, die die heilige Geschichte in eine ganz deutsche Umgebung hineinmalten. Ja, schon der Dichter des »Heliand«, dieser kost baren altdeutschen Darstellung des Lebens Jesu, verfuhr ähnlich: »Deutsch ist das Land mit seinen dichten Wäldern, deutsch die Flur, die sich weit um das Haus breitet, deutsch der häufig bewölkte Himmel und der Sturmwind, der von Westen her die See gegen das Land treibt. Liest man von den umwallten Burgen, von dem Dinghaus, in dem Gericht gehalten wird, von dem Zimmer mit Bank und Bett und von der weiten Halle, in der die Helden sitzen und Meth trinken, so ist ein Stück deutschen Lebens gezeichnet.
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