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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.10.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-10-30
- Erscheinungsdatum
- 30.10.1934
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- Deutsch
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254, 30. Oktober 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. übernommen hatte, kennt keine eigentlich evangelisch-christliche Buchhändlertätigkeit. Eine solche setzt erst ein mit der Volks erhebung in den Freiheitskriegen I8l3/l4. Es entstehen, aus der Not der Zeit heraus, die Bibelanstalten, die Kolportagevereine, die Verlagsanstaltcn sür Äußere Mission, später diejenigen für die Aus gaben der Inneren Mission sowie diejenigen Sortiments- und Ver lagsbuchhandlungen im Eigenbesitz christlicher Männer, die sich ganz oder doch hauptsächlich in de» Dienst der Verbreitung christ licher Literatur stellten. Religiöse Erweckung und geistige Erneue rung, wie sie Deutschland unter der Führung eines Schleiermacher, Arndt, Lavater und Claudius erlebte, richten den Blick in erhöhtem Maße auf die Missionsarbeit am eigenen Volke. Die Anregung zur Gründung von Traktat- und Bibelgesellschaften ging allerdings erstmalig aus von dem rührigen anglikanischen Hochkirchentum. In klarer Erkenntnis der kirchlich religiösen Nöte des englischen Volkes gründeten Männer mit brennendem Herzen im Jahre 1799 die Londoner Traktatgesellschast (kolixious Draet Sooietx) in London, und als 1814 die Verbindung Englands mit dem Kontinent wie derhergestellt war, kamen die Sekretäre der Londoner Traktat gesellschast und der im Jahre 1804 gegründeten »Britischen und ausländischen Bibelgesellschaft« mit ihren Anregungen auch nach Deutschland als Träger des Gründungsgodankens der bereits er wähnten deutschen Bibelanstalten. überhaupt ist die napoleonische Geschichtsepoche zugleich auch die Zeit der Bibelgesellschaften. Der Württemberger v. Karl Stein kopf, der als ersolgreicher Sekretär der »Deutschen Christentums- gesellschaft« in Basel fünf Jahre im Mittelpunkt vielseitiger christ licher Bestrebungen gestanden hatte, nahm sich der Traktatmissions- arbeil in Deutschland in führender Stellung an und unterzog sich großer, beschwerlicher Reisen zur Steuerung der Bibelnot in Däne mark, Schweden, Deutschland und der Schweiz. In Hamburg grün dete er 1820 die Riedersächsische Traktatgesellschast, während in Stuttgart der Möttlinger Pfarrer v. Chr. G. Barth die Traktat sache durch Gründung des Calwer Vcrlagsvereins in die Hand nahm. An der Gründung und Förderung der deutschen Bibelgesell schaften hat gleichfalls hervorragenden Anteil der schottische Predi ger John Paterson, desgleichen der schottische Geistliche 0r. Pinker- lon. Unter Führung der Genannten und nach dem Vorbild der Londoner Traktatgesellschast, zunk Teil auch mit englischer finan zieller Bcihilsc werden gegründet: der »Christliche Verein sür das nördliche Deutschland« in Eisleben (1811), vornehmlich die »Pri vilegierte Württembergifche Bibelanstall« in Stuttgart (1812), die sich in den hundertzwanzig Jahren ihres Bestehens zweifelsohne zu dem markantesten deutschen Bibel-Verlag entwickelt hat, und 1814 die Elberfelder, danach die Wuppertaler Traktatgesellschaft in Bar men, im gleichen Jahre die Hannoversche Bibelgesellschaft, besonders aber die Preußische Haupt-Bibelgesellschaft in Berlin, der Haupt verein sür christliche Erbauungsschriften, ebenda, und die Sächsische Haupt-Bibelgesellschaft in Dresden. Alle diese Gesellschaften sind im eigentlichen Sinne des Worts als die Keimzellen des evangelisch- christlichen Buchhandels anzusprechen und nehmen unter den Ver breitern von Bibeln, der Gebets-, Erbauungs- und Predigtliteratur die erste Stelle ein. Beide Männer, Steinkops und Pinkerton, sind somit die Bahnbrecher für den evangelischen Buchhandel geworden, denn Bibel, Traktat und Erbauungsschrist sind die Grundpfeiler, auf denen das Gebäude des christlichen Buchhandels steht. Wenn es sich auch bei diesen Gründungen fast sämtlich um Tochtergesellschaf ten der großen Londoner Muttergesellschast handelt, so ist doch schon im Verlauf weniger Jahre völlige Unabhängigkeit und Selbständig- machung der genannten Anstalten erzielt worden. Im allgemeinen rechnet man jedoch den Beginn des evangeli schen Buchhandels in seiner heutigen Gestalt von der Gründung der »Agentur des Rauhes Hauses« in Hamburg an (1844). Denn seit diesem Zeitpunkt verläuft die Geschichte des evangelischen Buch handels in einer starken inneren Verbindung mit der Inneren Mis sion. Zweifelsohne gebührte seit dem Auftreten Wichcrns der Inneren Mission ein hervorragender Anteil an der Entfaltung des evangelischen Schrifttums. Von dem Augenblick an, da das Revo- lutionSjahr 1848 die Pressefreiheit bringt und sich als Folgeerschei nung ein Aufschwung des antichristlichen Schrifttums geltend macht, stellt sich die Innere Mission dem Strom von Schmutz und Schund entgegen, und ihr zur Seite kämpfen getreulich die christlichen Buch handlungen. Jetzt finden sich auch vereinzelt Privatbuchhändler, die sich als ernste Christen dem evangelischen Buchhandel zur Erfüllung seiner Missionsaufgabe am Volke zur Verfügung stellen. Aus dem Gesagten geht hervor, daß sür den evangelischen Buchhandel das missionarische Prinzip treibend und gestaltend ge wesen ist. Er wollte ein Diener der Reichgottesarbeit sein und ist es bisher gewesen. Die große Ausgabe, in unserem Volke die evan gelische Weltanschauung zu Pslegen und dabei im Kamps gegen Schmutz und Schund in Wort und Bild Wege zu suchen und zu gehen, die zu immer stärkerer Verbreitung christlicher Literatur und Kunst führen, ist heute längst als Notwendigkeit anerkannt. In diesem Sinne will der evangelische Buchhandel eine Gemeinschaft sein, die ethische Dienstpflichten am Volke hat. Deshalb hat er auch die Verbreitung aller literarischen und künstlerischen Erzeugnisse aus seine Fahne geschrieben, die evangelisches Leben und evange lische Frömmigkeit zu fördern geeignet sind. Der Lebensnerv und das Fundament des evangelischen Buch handels liegen offenbar in der Luthcrbibel von 1534. Das sollte gerade heute der Buchhandel nicht übersehen noch unterschätzen, denn ist es nicht das merkwürdige Geheimnis, daß von der Bibel tragende und stählende Kräfte ausgehcn, die ein ganzes Leben stark und froh werden lassen? Von der Bibel als dem großen Lebens und Lesebuch kommen ungeahnt reiche Möglichkeiten, die immer wie der dazu in der Lage sind, eine ganze Literakurgattung zu befruch ten und in viele Herzen auszustrahlen. Sie vermag, wenn es sein muß, den letzten Sterbenstrost zu bringen. Von diesem Letzten aus, das das Letzte schlechthin ist, muß sich der Buchhandel erneut auf die Bibel und ihre Wahrheiten besinnen. Von daher muß er aber auch die Notwendigkeit erkennen und anerkennen, in unserem deutschen Volke, das wieder christlich sein will und dank seinem Führer wieder christlich sein darf, selber Bibelarbeit zu treiben und sich für das Buch der Bücher und die mit ihm zusammenhängenden oder auf dasselbe zurückgehenden Schriften in positivem Sinne ein zusetzen. In einer Zeit, die harte Herrlichkeit ist und von der wir alle dankbar ergriffen sind, ist von der Lutherbibel die Rede. Das heißt schließlich aus gut Deutsch, daß Religion nicht durchaus Privat sache ist, nicht lediglich Angelegenheit einzelner oder volksabge- wandtcr Gemeinschaften, sondern Austrag an Volk und Öffentlich keit und damit Bestandteil unseres Volkstums. So sah es der Re- förmator. Dafür zu wirken, empfand er als ein Gebot, dem sich zu entziehen ihm als Untreue gegen Deutschland und als Ungehorsam gegen die Majestät des Ewigen erschienen wäre. Wir erkennen in Luther den großen Läutercr eines ganzen Zeitalters. Wohl steht der Rechtfertigungsgedanke im Vordergrund, wohl kommt die Luthertat aus einem von Gott angestoßenen Gewissen, und doch vollzieht sie sich im tiefsten darin, daß Luther der Volkssprache die Weihe gab und unsere Muttersprache zu einer »Haupt- und Hcldcn- sprache« erhob. So wirkte am deutschen Einigungsband der Mann, der dem deutschen Volk tief in die Augen geschaut hatte, und selbst über die Reichsgrenzen hinaus verband er die Herzen mit Deutschland. Ihm ist das Volk eine Schöpfung Gottes, und wenn es das ist, so ist ihm auch sein Recht verhaftet. Wenn uns aus der Fülle der Lutherschriftcn eine Arbeit im innersten Mark ergreift, so ist es die Schrift von Otto Scheel über »Evangelium, Kirche und Volk« (Hemsius), die es uns so eindeutig einprägt, in welcher Weise es Gott gefallen hat, den gesunden »Helden und Wundermann« im Volk zu erwecken und durch ihn das Land zu segnen. Davon zeugt jedes Jahr von Luthers öffentlichem Wirken. Das aber ist das wichtige der Besinnung in diesem Jahr, daß von der Sprache und vom Recht der Weg zum Schöpfer und Träger beider, nämlich zum Volk, führt. Die Ewigkeit, in der Luther weilte, und das Volk, unter dem er wandelte, wurden die beiden Brenn punkte seines Lebens. Wir erkennen heute in einer Sturmzcit unserer Kirche, daß sie sich neu aus die Luthertat besinnen muß, um dann um so gestärkter als eine in sich gefestigte Großmacht, frei von aller Politik, den Dienst der Verkündigung zu leisten. Luthers Christusglaube hat seinen Dienst an Deutschland niemals ge schwächt, sondern seinen Mut belebt und seine Verantwortung ge steigert, ja gerade der Christusglaube hat die innere Verbundenheit mit seinen Deutschen überhaupt erst gefestigt. Es wäre für ihn ein unvollziehbarer Gedanke gewesen, daß der Christusglaube und der Dienst an Deutschland Gegensätze, gar einander ausschlietzende Gegensätze sein könnten.
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